# taz.de -- „Squatting Days“ in Hamburg: Aktivisten müssen Kröte schlucken | |
> An der Elbe finden diese Woche die „Squatting Days“ statt. In letzter | |
> Minute kam es mit der Stadt zu einer Einigung über den Camp-Standort. | |
Bild: In der Hansestadt wird alles zugebaut. Deshalb lässt sich dort nur schwe… | |
HAMBURG taz | Die Blockade hat sich aufgelöst: Die Besetzertage in Hamburg | |
können offiziell stattfinden. Nach Wochen der Funkstille haben sich nun die | |
autonomen Veranstalter der internationalen „Squatting Days“ und das | |
zuständige Bezirksamt Hamburg-Altona auf eine Grünfläche in der westlichen | |
City geeinigt. | |
Auf dieser können die Teilnehmer aus der Bundesrepublik und Gäste aus | |
europäischen Städten ihre Zelte zum Campieren legal aufschlagen. Ein | |
entsprechender Sondernutzungsvertrag für rund 2.000 Euro für den | |
August-Lütgens-Park vor dem migrantisch-sozialen Zentrum „Haus 3“ im | |
Stadtteil Altona ist unter Dach um Fach. Ab Montag wird dort die | |
Infrastruktur des Camps aufgebaut, das am Mittwoch beginnt und bis zum 31. | |
August andauern soll. | |
„Wir sind mit der Lösung politisch natürlich nicht glücklich“, sagt Peter | |
P. vom Vorbereitungskreis gegenüber der taz. Schließlich handele es sich um | |
eine nicht-kommerzielle Veranstaltung im öffentlichen Raum, die umsonst | |
sein müsste. Doch die Lage der Grünfläche sei top. Und der Bezirk habe dem | |
öffentlichen Druck nachgeben müssen, das Camp überhaupt zuzulassen. Den | |
Veranstaltern sei jedoch real vor Augen geführt worden, dass öffentlicher | |
Raum erkämpft werden müsse – und das auch mit Geld. | |
Obwohl die Organisatoren frühzeitig im Mai an die Behörden herangetreten | |
waren, um eine Camp-Fläche mit kostenloser Duldung zur Verfügung gestellt | |
zu bekommen, war der Gesprächsfaden aufgrund von behördlichen Ängsten | |
schnell abgerissen. Den OrganisatorInnen war allerdings immer an einem | |
geordneten Ablauf des Meetings gelegen. Man wolle den Camp-TeilnehmerInnen | |
„einen sicheren Ort“ ohne staatlicher Repression für „inhaltlich | |
vernünftige Diskussionen“ bieten, sagte Mit-Organisatorin Hanna K. der taz. | |
Die VeranstalterInnen verstehen das Treffen als „bildungspolitisches Camp“. | |
Inhaltlich geht es um Stadtentwicklung, Leerstand und Wohnungsmangel – und | |
um die Frage, wie sich öffentlicher Raum aneignen lässt. „Die Besetzungen | |
von öffentlichen Plätzen verschiedener Städte in den letzten Jahren haben | |
gezeigt, dass das Thema in die Öffentlichkeit drängt“, sagt Hanna K.. In | |
Workshops, bei Vorträgen und in „Vernetzungstreffen“ sollen Erfahrungen | |
ausgetauscht und Diskussionen geführt werden. Mehrere Hundert AktivistInnen | |
aus Deutschland, Italien, Spanien, England, Dänemark, Frankreich und den | |
Niederlanden werden in Hamburg erwartet. | |
Den Ordnungs- und Sicherheitsbehörden musste ihrerseits an einem geordneten | |
Ablauf gelegen sein, um unkontrollierbares Campen der internationalen | |
Squatter-Gruppen in der Elbmetropole mit ihrer Wohnungsnot, den Problemen | |
bei Wohnraum für Studenten und Flüchtlingen sowie allein mit 1,4 Millionen | |
Quadratmetern spekulativen Büro-Leerstand zu vermeiden. | |
## Polizei: „Wir sind nicht naiv“ | |
Auch nach einer symbolischen Besetzung einer geeigneten Fläche in der Nähe | |
des St. Pauli-Kiezes im Juli, auf der wenige Wochen zuvor eine wilde | |
Notunterkunft für Roma und Obdachlosen geräumt worden war, wurde zwar von | |
der Behörde Verhandlungen zugesichert worden. Die kamen aber nicht | |
zustande. „Wir haben grundsätzliche Gesprächsbereitschaft ohne Nennung | |
einer speziellen Fläche signalisiert“, so Bezirksamts-Sprecherin Kerstin | |
Godenschwege zur taz. Dieses Angebot sei „nicht aufgegriffen“ worden. Die | |
Organisatoren erwiderten, dass das Amt sämtliche Mails und Anrufe ihrer | |
Rechtsanwältin Ingrid Witte-Rohde ignoriert habe. In letzter Minute fanden | |
dann doch noch direkte Gespräche statt. | |
Nun kann ab Mittwoch das vielseitige Workshop-Angebot starten. Da geht es | |
von „Bankenbesetzungen in Catalunyen“ über „Pizzabrot statt Wohnungsnot … | |
Wien“ und „Squatting als Alternative zum Kapitalismus“ bis zur | |
„Organisierung entlang von Alltagskämpfen“. | |
Fraglich ist indes trotzdem, ob die „Squatting Days“ ohne Vorkommnisse über | |
die Bühne gehen werden. Denn die Polizei geht natürlich auch von | |
Besetzungs-Aktionen außerhalb des Camps aus, wofür es in der Stadt der | |
Millionäre genügend geeignete Objekte gäbe. „Wir sind nicht naiv“, so ein | |
Polizei-Einsatzleiter. „Wir wissen, was für ein Klientel zu erwarten ist | |
und sind gewappnet.“ Aber alle möglichen Objekte seien nicht zu bewachen. | |
Die OrganisatorInnen haben aber bereits verlauten lassen, dass ihnen die | |
Sicherheit der CampteilnehmerInnen wichtig ist und sie deshalb „an keiner | |
Eskalation interessiert“ seien. Aber man werde sich auch Aktionen „nicht | |
verbieten oder kriminalisieren lassen“. Denn Besetzungen seien angesichts | |
der Wohnungsnot legitim. Bei einer Demonstration am kommenden Samstag wird | |
sich zeigen, wie sich die Theorie in Praxis umsetzen lässt. | |
23 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
Katharina Schipkowski | |
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