# taz.de -- Gewerbe statt Wohnraum: Werber gegen Werber | |
> Eine Initiative kämpft gegen den Bürokomplex Zeise 2 in Ottensen. Statt | |
> für den geforderten Wohnraum wird sich die Politik voraussichtlich fürs | |
> Gewerbe entscheiden. | |
Bild: Hier ist Gewerbe dringender als Wohnraum - warum, das konnte die Politik … | |
Von der Apotheke über den Friseursalon bis zum türkischen Reisebüro – | |
überall in Ottensen liegen die Unterschriftenlisten gegen den geplanten | |
Bürokomplex „Zeise 2“ aus. 3.500 haben dort oder online unterschrieben. Von | |
den AnwohnerInnen und Gewerbetreibenden hat offenbar kaum einer Lust auf | |
den Bürobau, den die Investoren Procom Invest und Quantum heute im | |
Planungsausschuss des Bezirks Altona vorstellen: Ein sechsstöckiges Gebäude | |
soll auf dem Parkplatz neben den Zeise-Hallen entstehen, 850 | |
MitarbeiterInnen der Werbebranche wollen dort zukünftig ihre Büros haben. | |
Der nach eigenen Angaben weltgrößte Kommunikationskonzern WPP will seinen | |
Firmensitz von Frankfurt nach Hamburg verlegen und für die nächsten 15 | |
Jahre die Neubaubüros mieten. Gegen die Bebauung der städtischen Fläche mit | |
Werber-Büros setzt sich die Initiative „Pro Wohnen Ottensen“ ein und | |
fordert „Wohnraum statt Werber“. | |
Geht es nach der Bezirkspolitik, muss man das Motto umdrehen: So waren auf | |
dem Grundstück ursprünglich Wohnungen geplant. Die Procom Invest, der schon | |
das Nachbargrundstück mit den Zeisehallen gehört, hatte einen Entwurf mit | |
86 Wohnungen, davon die Hälfte sozial gefördert, und 3.000 Quadratmeter | |
Gewerbefläche vorgelegt. Die Mischnutzung hatte die Stadt überzeugt und die | |
Procom hatte das Grundstück ein Jahr lang zur Planung reserviert bekommen. | |
Im Juni änderte das Immobilienunternehmen seinen Plan und schloss einen | |
Mietvertrag über 13.000 Quadratmeter Bürofläche mit dem Werbekonzern WPP | |
ab. Den endgültigen Zuschlag für das Grundstück haben die Investoren noch | |
nicht. | |
Das könnte sich schnell ändern. Nachdem die Procom ihr neues Konzept am | |
Mittwoch zum ersten Mal offiziell vorstellt, tagt schon am Donnerstag die | |
zuständige Kommission für Bodenordnung (KfB) hinter geschlossenen Türen. | |
Die Chancen für den Zuschlag stehen gut: Fraktionsvorsitzender Thomas | |
Adrian von der SPD, die die Mehrheit in der KfB stellt, hält den Plan für | |
„eine Bereicherung für den Stadtteil und die Arbeitsplatzsituation“. Bei | |
der CDU habe man zwar Bauchschmerzen, der Prozess sei „etwas komisch und | |
nicht sehr transparent“ verlaufen, so Fraktionsmitglied Sven Hielscher, man | |
werde aber trotzdem für den Entwurf stimmen. Nur die Grünen sind dagegen, | |
können mit einer Stimme aber auch nichts ausrichten. | |
Interessant ist übrigens die Zusammensetzung der Initiative „Pro Wohnen“: | |
Sie besteht zu einem großen Teil selbst aus Kommunikationsberatern. „Aber | |
wir können das schließlich beurteilen“, sagt Frank Zibell von der | |
Initiative: „Noch mehr Werber verträgt der Stadtteil einfach nicht.“ | |
30 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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