# taz.de -- Urteile im Hausbesetzer-Prozess in Hamburg: AktivistInnen kollektiv… | |
> Über ein Jahr lang standen AktivistInnen vor Gericht: Weil sie während | |
> der „Squatting Days“ ein Haus in der Breite Straße besetzt haben, wurden | |
> sie nun verurteilt | |
Bild: Während die Polizei versuchte, die Tür aufzusägen, flog allerlei aus d… | |
Hamburg taz | Der wohl aufwendigste Prozess der letzten Jahre gegen linke | |
AktivistInnen ist am Montag zu Ende gegangen: Nach 46 Verhandlungstagen im | |
Staatsschutzsaal des Hamburger Landgerichts wurden vier Angeklagte im | |
Breite Straße-Prozess zu Jugendstrafen verurteilt. Der Richter befand die | |
Heranwachsenden der gefährlichen Körperverletzung, des Herbeiführens von | |
Sprengstoffexplosionen, des Hausfriedensbruchs und Widerstands gegen | |
Vollstreckungsbeamte für schuldig. Er verhängte Haftstrafen zwischen 14 und | |
17 Monaten, die alle zu drei Jahren Bewährung ausgesetzt wurden. | |
Im August 2014, am Vorabend des Hausbesetzerkongresses „Squatting Days“, | |
hatten AktivistInnen ein jahrelang leer stehendes Haus in der Breite Straße | |
114/116 in Altona besetzt und militant verteidigt. Während PolizistInnen | |
stundenlang versuchten, die Tür aufzusägen und die Barrikaden im | |
Treppenhaus zu überwinden, warfen die BesetzerInnen Gegenstände wie | |
Holztüren, einen Feuerlöscher, einen Heizkörper, Keramikteile und Böller | |
aus den Fenstern. | |
Als es den PolizistInnen schließlich gegen ein Uhr nachts gelang, in das | |
Haus zu kommen, trafen sie dort niemanden mehr an. Kurze Zeit später nahmen | |
sie die nun Verurteilten hinter dem Haus fest. Ein weiterer Mann wurde | |
bereits im August zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, nachdem sein | |
Verfahren von den anderen abgetrennt worden war. Er hatte die Tat als | |
einziger gestanden. | |
Als die Staatsanwaltschaft im August 2015 Anklage erhob, lautete der | |
Vorwurf zunächst auf versuchten Totschlag. Allerdings zeichnete sich | |
schnell ab, dass das nicht haltbar ist. Im April ließ die Kammer den | |
Vorwurf fallen. | |
Aus Sicht der AnwältInnen ist das Urteil unverhältnismäßig hart. Sie hatten | |
auf Freisprüche und geringe Geld- oder Arbeitsstrafen plädiert, zumal die | |
Angeklagten zur Tatzeit teilweise minderjährig oder heranwachsend waren und | |
nur einige von ihnen geringfügig vorbestraft sind. Die Strafen hätten sie | |
bereits durch den Prozess und die Untersuchungshaft verbüßt, argumentierten | |
die Anwälte. | |
Richter Georg Halbach, der als Hardliner gilt, sah dennoch bei allen | |
Angeklagten eine schwere Schuld gegeben. Zwar hielt er ihnen zugute, dass | |
sie auf einen Missstand aufmerksam machen wollten: Den Leerstand, den das | |
Bezirksamt ignorierte. „Aber hier wurde die Grenze des Protests zur | |
Selbstjustiz überschritten“, sagte er. Er räumte ein, dass eine | |
individuelle Tatbeteiligung kaum festgestellt werden konnte – lediglich das | |
Werfen von Putz oder einem Zollstock konnte Einzelnen zugeordnet werden. | |
Für Halbach spielte das jedoch eine untergeordnete Rolle: Alle hätten einen | |
gemeinsamen Plan verfolgt. „Jeder wollte hier als Hausbesetzer auftreten“, | |
sagte er. | |
Die AnwältInnen halten die Beweisführung für unzureichend und kündigten an, | |
in Revision zu gehen. Der Verteidiger Matthias Wisbar sagte: „Die Kammer | |
hat ein Zeichen gesetzt, dass eine militante Hausbesetzung durchaus | |
existenzbedrohende Folgen für die Akteure haben kann.“ | |
5 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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