# taz.de -- Prozess gegen Hausbesetzer: „Sie haben nicht das Wort“ | |
> In Hamburg stehen Hausbesetzer wegen versuchten Totschlags vor Gericht. | |
> Sie sollen Polizisten mit Böllern, Farbe und Brettern beworfen haben. | |
Bild: Bei den Squatting Days wurde kräftig Staub gewedelt, zuvor aber auch tem… | |
HAMBURG taz | Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen versuchten Totschlag, | |
Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und das Herbeiführen einer | |
Sprengstoffexplosion vor. Sechs junge Menschen stehen vor Gericht und | |
müssen sich verantworten, im August 2014 in Hamburg-Altona eine versuchte | |
Hausbesetzung militant verteidigt zu haben. | |
Genau ein Jahr später beginnt nun der Prozess – unter höchsten | |
Sicherheitsvorkehrungen im Staatsschutzsaal der Hamburger Strafjustiz. 50 | |
UnterstützerInnen verfolgen den Prozess, bis der Richter den Saal räumen | |
lässt. Unter Protest lassen sich die ZuschauerInnen hinaustragen. Zwei Züge | |
der Bereitschaftspolizei sind vor Ort, eine Person wird festgenommen. | |
Der 27. August 2014 war der Vorabend der „Squatting Days“ – eines | |
Hausbesetzerkongresses, zu dem rund 300 AktivistInnen in Hamburg | |
zusammengekommen waren, für ein Wochenende mit Workshops, Diskussionen und | |
Aktionen. Am Abend besetzte eine Gruppe ein seit Jahren leer stehendes Haus | |
in Altona. | |
Erst nach vier Stunden gelang es der Polizei, ins Haus zu gelangen. Während | |
die BeamtInnen damit beschäftigt waren, die Tür aufzusägen und die | |
Barrikaden zu räumen, flogen aus den oberen Stockwerken Böller, Farbe, | |
Bretter, Porzellanteile und ein Feuerlöscher auf die Straße. Nach Angaben | |
der Polizei wurde niemand ernsthaft verletzt, mehrere BeamtInnen trugen | |
allerdings Knalltraumata und leichte Prellungen davon. | |
Im Haus traf die Polizei schließlich niemanden mehr an – die BesetzerInnen | |
waren über das Dach geflohen. Kurz darauf nahm sie fünf Personen hinter dem | |
Haus fest. Zwei von ihnen kamen in Untersuchungshaft, einer von beiden | |
blieb über 90 Tage im Gefängnis. Im November verhaftete die Polizei einen | |
weiteren Verdächtigen und ließ ihn erst nach sechs Monaten | |
Untersuchungshaft frei. | |
## Beide Seiten schreien sich an | |
Zum Auftakt des Prozesses ist die Stimmung angespannt. Nach einer | |
Dreiviertelstunde stehen noch immer UnterstützerInnen vor der Tür und | |
warten darauf, durch die Sicherheitsschleusen in den Besucherraum gelassen | |
zu werden. Die Öffentlichkeit sei nicht hergestellt, argumentieren die | |
Anwälte und beantragen Vertagung. | |
Ein Verteidiger beantragt eine andere Sitzordnung, ein anderer will | |
Stellung zu einer Aussage des Richters beziehen. Aber der wehrt alles ab: | |
„Sie haben nicht das Wort“, sagt er jedes Mal, stellt den Anwälten das | |
Mikrofon ab und ordnet am Ende die Räumung an. | |
Aber die BesucherInnen wollen nicht gehen, es gibt Gerangel, die Situation | |
eskaliert. Die BeamtInnen schubsen einen Zuschauer gegen eine Bank, ein | |
anderer hebt den Schlagstock gegen eine Zuschauerin, beide Seiten schreien | |
sich an. Einige UnterstützerInnen ducken sich hinter Bänken. Die Räumung | |
dauert 40 Minuten, danach ist nur noch die Presse im Saal. | |
Die Anklage wird verlesen, dann ist Pause. Bis Ende des Jahres sind fast 30 | |
Verhandlungstermine geplant. Am Freitag sollen die Angeklagten die | |
Möglichkeit haben, sich zu äußern. | |
25 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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