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# taz.de -- Kommentar G-7 und Campverbot: Am Rande der Rechtsbeugung
> Die bayerische Staatsregierung schürt Hysterie. Und verbietet das
> G-7-Protestcamp. Die Begründung ist mehr als fadenscheinig.
Bild: Ohne Protestcamp: Schloss Elmau.
Repression in Bayern hat auch seine komischen Seiten. Da war in den
achtziger Jahren etwa der V-Mann Manfred „Donner“ Scheffer. Weil in München
nichts los war, warf „Donner“ die Mollis der autonomen Szene einfach
selbst. Und lief – nach eigenen Angaben auf Geheiß des Verfassungsschutzes
– zu den Grünen, um ihnen einen Bären aufzubinden: Die Nacktbader im
Englischen Garten seien von der Polizei abgeführt worden. Die Ökopartei
alarmierte die Presse – und war wegen der Falschmeldung monatelang
blamiert.
Die bayerische Staatsregierung mag Traditionen wie das Oktoberfest, Bier
und den autochthonen Dialekt in den eigenen Broschüren hochleben lassen.
Ihre bemerkenswerteste Tradition unterschlägt sie gern – Bayern hat ein
gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat. Die Kette von skandalösen
Polizeieinsätzen und Justizverfahren ist lang: die Massenverhaftungen nach
einer Hausbesetzer-Demonstration in Nürnberg 1981, eine ähnliche Aktion
gegen Wackersdorf-Camper 1986, die Einkesselung von 480 Gegnern beim
letzten G-7-Gipfel in Bayern 1992. In allen Fällen zog die Polizei
juristische Gründe an den Haaren herbei, um außerparlamentarischen Protest
einzuschüchtern und unmöglich zu machen.
Auch mit dem Verbot eines Protestcamps gegen den G-7-Gipfel in Elmau
operiert Bayern nun wieder am Rande der Rechtsbeugung. Dass die
Gipfelgegner wegen Hochwasser und Schwierigkeiten bei einem
Feuerwehreinsatz nicht zelten dürfen, glaubt vermutlich nicht einmal die
verbietende Behörde selbst.
Die Proteste werden weit kleiner ausfallen als in Heiligendamm, ein zweites
Genua ist nirgendwo in Sicht. Dennoch schürt die bayerische Staatsregierung
Hysterie. Wer Bayern kennt, rechnet daher damit, dass es nicht bei dem
Verbot des Protestcamps bleibt. Auch die angemeldeten Kundgebungen lassen
sich unter fadenscheinigen Vorwänden auflösen, Massenfestnahmen
inszenieren.
Attac und andere globalisierungskritische Organisationen haben auf eine
große Mobilisierung gegen den Gipfel verzichtet. Das ist schon deshalb
bedauerlich, weil nun die große Menge von Demonstranten ausbleiben könnte,
die allein Schutz vor der bayerischen Repression bietet. In München und
Garmisch halten sie zwar nicht allzu viel vom Rechtsstaat. Aber gegen
Zehntausende Demonstranten vorzugehen, das wagt die bayerische Regierung
dann doch nicht.
26 May 2015
## AUTOREN
Martin Reeh
## TAGS
G7
G7-Gipfel
Hamburg
Polizei
G7-Gipfel
Schloss Elmau
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