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# taz.de -- Besetzer renovieren Stadtteilzentrum: Flora, öffne dich!
> Das besetzte Gebäude in Hamburg lässt sich jetzt von der Straße her
> betreten. Nun soll die gelbe Fassade verschwinden.
Bild: Wird von Besetzern renoviert: Rote Flora.
Hamburg taz | Das besetzte Stadtteilzentrum Rote Flora im Hamburger
Schanzenviertel wird aufgepeppt – oder besser gesagt: Es peppt sich, ganz
autonom, selbst auf. Die Parole lautet: [1][„25 Jahre sind nicht genug -
Flora baut!“]
Nach Abschluss der ersten Bauphase wird am Sonntag um 15 Uhr im Anbau der
neue Eingang zum Schulterblatt offiziell geöffnet, durch den man direkt in
die wiedereröffnete „Volxküche“ gelangt. Dann ist auch die Ausstellung �…
Flora von vorgestern bis übermorgen“ mit 160 Exponaten aus ihrer Geschichte
zu sehen.
Mitte der Neunzigerjahre hatten die Rotfloristen den eigentlichen
Haupteingang zum Schulterblatt hin zugemauert. Anwohner hatten sich - lange
bevor vor ihrer Haustür die allnächtlich belebte „Piazza“ geschaffen wurde
- über Lärmbelästigung bei Konzerten in der Flora beschwert. Das Gebäude
war fortan nur noch über einen unscheinbaren Seiteneingang zugänglich und
wirkte nach außen eher abweisend.
## Tipps von der Feuerwehr
Eineinhalb Jahre nun wurde gebaut, gehämmert, geflext, gemauert und
betoniert, um dem historischen Gebäude eine „neue Funktionalität“ zu gebe…
wie Vitali von der 15-köpfigen Baugruppe sagt. Jetzt führen neue Treppen zu
einem neuen Konferenzraum und zum alten Veranstaltungssaal im 1. Stock
sowie zu den Werkstätten im Keller - auch auf Anregung der Feuerwehr, als
zusätzliche Fluchtwege.
An die Volxküche wurden eine Küche und barrierefreie Toiletten angebaut.
„Durch den neuen Eingang bekommen wir ganz andere Möglichkeiten, die Flora
zu nutzen, ohne die Halle im Erdgeschoss und das ganze Haus öffnen zu
müssen“, sagt Vitali.
Die Flora habe vor der Alternative gestanden: „Mauern wir den Kasten ein,
damit Kretschmer nicht reinkommt, oder wollen wir uns öffnen, damit hier
mehr stattfinden kann, was auch ein Schutz ist“, erinnert sich der
Aktivist. Der klamme Event-Manager Klausmartin Kretschmer war damals formal
noch Eigentümer und tönte bis zuletzt von Räumung und
Event-Kommerzialisierung.
„Das war ein intensiver Prozess, was für so ein Projekt schon
außergewöhnlich ist,“ sagt Vitali. „Das hat nur deshalb funktioniert, weil
das gesamte Flora-Projekt es gestützt hat.“ Und weil zuletzt durch die
Rückkauf-Ambitionen der Stadt der Räumungsdruck etwas weg gewesen sei,
„zumindest eine Räumung nicht unmittelbar bevorsteht“.
## Glücklich ohne Staatsknete
Im Nachhinein ist Vitali zufrieden, dass die Flora keine staatlichen
Hilfsprogramme oder Alternative Baubetreuung in Anspruch genommen hat.
„Wenn man sieht, was hier rausgekommen ist, ohne staatliche Unterstützung,
ist das schon bemerkenswert“, sagt er und verweist auf das Gängeviertel.
„Es ist ein schwieriger Prozess, wenn dann plötzlich ein Sanierungsträger
versucht, alles an sich zu reißen“, sagt er. „Das hat hier nur deshalb
anders funktioniert, weil das gesamte Projekt Flora es gestützt hat.“
Nach dem Anbau soll nun die Fassade drankommen: Rund 30 Wandergesellen und
20 einheimische Ex-Wandergesellen werden die historische Fassade und das
marode Vordach instandsetzen und neu gestalten. In der Zeit bleibt die
Flora geschlossen, denn die Gäste werden in der Flora selbst untergebracht
und in der Volxküche verpflegt.
Das Gelb der Fassade, das der Vornutzer, die inzwischen vom Markt
verschwundene Hamburger Haushaltswarenkette 1.000 Töpfe, als Teil ihrer
Corporate Identity hinterlassen hatte, werde nach mehr als 40 Jahren
verschwinden, sagt Florentin von der Flora-Kampagnen-Gruppe. Er ruft die
„solidarische Öffentlichkeit“ zu finanziellen und Sachspenden auf.
„Sämtliche Flora-Reserven sind trotz vieler Soli-Aktionen verbraucht - wenn
wir keine kapitalistischen Mechanismen anwenden, können wir finanziell
nicht alles allein stemmen.“
Mit dem Aufbau des Fassaden-Gerüstes wird kommende Woche begonnen. Mit den
Obdachlosen, die normalerweise auf der Treppe vor der Flora lagern, haben
die Rotfloristen eine Vereinbarung getroffen.
„Im Dialog haben wir ihnen klar gemacht, dass sie während der Bauarbeiten
nicht auf der Treppe bleiben können. Sie sind auch schon umgezogen“, sagt
Florentin. „Im September können sie dann zurückkehren.“
12 Jun 2015
## LINKS
[1] http://florabaut.noblogs.org/
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Rote Flora
Sanierung
Hausbesetzung
Hamburg
Recht auf Stadt
Oper
Rote Flora
Münzviertel
Gefahrengebiet
Rocko Schamoni
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