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# taz.de -- Netflix startet in Deutschland: Der Neue am Markt
> Am Dienstag startet der US-amerikanische Video-on-Demand-Anbieter in
> Deutschland. Vier Fragen und Antworten zum Auftakt.
Bild: Netflix kommt, die Erfolgsserie „House of Cards“ bleibt aber bei Sky.
Wenn Netflix am 16. September auch in Deutschland startet, erwartet mancher
eine Revolution des Fernsehens. Schließlich hat der Onlinevideodienst den
US-Markt in wenigen Jahren aufgerollt und ist mittlerweile zum größten
Videoanbieter in den Staaten aufgestiegen. Kann dieses Kunststück auch auf
dem komplizierten deutschen TV- und Videomarkt gelingen?
## Was bietet Netflix?
Filme und Serien. Aber was genau? Noch schweigt sich das US-Unternehmen
darüber aus. Erst drei Titel sind bis zum Wochenende bestätigt worden, die
Netflix exklusiv erstausstrahlen wird: die selbst produzierte, viel gelobte
und bei den US-amerikanischen TV-Oscars – den Emmys – sträflich
vernachlässigte Serie „Orange is the new Black“, die von Fox produzierte
(und auf dem gleichnamigen Film der Coen-Brüder basierende) Serie „Fargo“
sowie die im August gestartete, ebenfalls eigenproduzierte Comicserie
„BoJack Horseman“ über ein Pferd, das mal ein großer TV-Star war und sein
Comeback plant.
Mit großer Sicherheit wird auch der aus „Breaking Bad“ bekannte Charakter
Saul Goodman via Netflix nach Deutschland zurückkehren. Goodman hat
mittlerweile in „Better Call Saul“ sein eigenes Spin-off bekommen. Die
weltweiten Rechte daran hat sich Netflix schon vor Monaten gesichert. Den
„Tatort“ wollte Netflix wohl auch gern haben, bekam ihn laut Spiegel aber
nicht.
Das klingt noch recht dünn. Aber: Netflix wird sich – anders als Chef Reed
Hestings beteuert – ganz sicher nicht mit einem Platz irgendwo unter den
fünf größten Subscription-Video-on-Demand (SVoD)-Anbietern, also den
Anbietern von Videostreaming im Abo, in Deutschland zufrieden geben. In den
USA hat das 1997 als DVD-Versand gegründete Unternehmen mittlerweile fast
40 Millionen Abonnenten – und damit mehr als das Pay-TV-Urgestein und
Serien-Hit-Produzent HBO. Es wird sich also weitere Rechte für den
deutschen Markt sichern. Der Kampf um die Streaming-Verwertung von Filmen
und Serien wird härter. Die Preise für die Unternehmen werden höher. Einen
Wettbewerber hat dieser Kampf womöglich schon umgehauen.
## Wie reagieren die anderen Anbieter?
Nervös. Der Pay-TV-Platzhirsch Sky hat nach der Startankündigung von
Netflix prompt wissen lassen, dass neue Folgen der von Netflix produzierten
Serie „House of Cards“ auch zukünftig exklusiv bei Sky laufen würden. Im
August dann der nächste Schlag: Der Unterföhringer Sender bietet den Zugang
zu seiner SVoD-Plattform Snap nun zum monatlichen Kampfpreis von 3,99 Euro
an.
Die anderen großen Konkurrenten: Maxdome von ProSiebenSat.1, die Plattform
Watchever des französischen Medienmultis Vivendi, Amazons Prime Instant
Video und Videoload von der Deutschen Telekom.
Was nach vielen großen Playern klingt, entpuppt sich bei genauerer
Betrachtung aber eher als Ansammlung von Scheinriesen, die auf dem rasant
wachsenden SVoD-Markt auch mitspielen wollen: Watchever soll – so meldeten
es französische Medien – zum Verkauf stehen. 2013 soll der Dienst laut Les
Echos 66 Millionen Euro Verlust gemacht haben. Ein Konkurrent weniger.
Videoload ist bislang kaum mit dem Einkauf von Exklusivrechten teurer
Serien und Filme aufgefallen. Das Angebot von Skys Snap ist ebenfalls noch
überschaubar. Während beim eigenen Programm Sky Atlantic HD und über die
nur Abonnenten vorbehaltene Plattform Sky Go immer wieder neueste Serien
laufen, wirkt Snap eher wie ein Archiv. Sky-Chef Brian Sullivan hat auch
schon durchblicken lassen, dass er den SvoD-Markt derzeit nicht unbedingt
für den wichtigsten hält.
Bleibt Maxdome, die größte Plattform. Noch. Der ProSiebenSat.1-Ableger
blies zuletzt gleich zwei Pressemitteilungen raus: „Noch mehr US-Serien:
Deutschlands größte Onlinevideothek auf Einkaufstour“ und die Ankündigung
eines neuen Designs – natürlich „übersichtlicher“.
Amazon fährt sowieso eine andere Strategie, eine ganzheitliche: Wer dort
Prime-Kunde wird, darf nicht nur portofrei bestellen, sondern auch Filme
streamen. Instant Video ist also eher ein Kundenbindungsinstrument unter
vielen.
Immerhin zeigt sich, dass – außer womöglich Watchever – keiner der
Konkurrenten Netflix kampflos die Arena überlassen will. Gut für die
Kunden, wobei das Hauptproblem für die Nutzer bleibt: Nirgendwo gibt es
alle relevanten Serien.
## Wie reagieren die Öffentlich-Rechtlichen?
„Gelassen und selbstbewusst“, sagt ARD-Vorstandschef Lutz Marmor: Netflix
würde den Markt verändern, aber anders als die Privatsender konkurrierten
die Öffentlich-Rechtlichen nicht so stark mit Netflix, weil sie mehr auf
Information als auf Unterhaltung setzten.
Trotzdem dürften die Sender ein Interesse daran haben, ihre Inhalte an
Netflix zu verkaufen: Laut Rundfunkstaatsvertrag dürfen die
Öffentlich-Rechtlichen ihre Formate nur sieben Tage online zeigen. ARD und
ZDF hatten deswegen geplant, eine eigene, kostenpflichtige Onlinevideothek,
„Germanys Gold“, zu starten. Das hat das Bundeskartellamt 2013 verhindert.
So müssen die Verwertungstöchter der Sender versuchen, die Produktionen
woanders weiterzuvermarkten. Die Mafiaserie „Im Angesicht des Verbrechens“
beispielsweise hat die ARD an Maxdome und Watchever verkauft. Beim „Tatort“
war sie zurückhaltender: Die ARD sieht den „Tatort“ aber als „absolutes
Top-Produkt“, dessen Ausstrahlung und die Wiederholungen „absolute
Priorität“ haben, ließ Marmor wissen.
## Was sagen die Netzbetreiber?
Die freuen sich. Noch. Wer im Netz Filme gucken will, ohne dass das Bild
stockt, der braucht schnelles Internet. Gut für die Netzbetreiber. Sie
können darauf hoffen, ihren Kunden noch mehr Bandbreite zu verkaufen –
allerdings nur, wenn ihre Netze den Datenverkehr aushalten. Tun sie das
nicht, wird kaum ein Kunde Netflix daran die Schuld geben. Der Ärger könnte
groß sein. In den USA beanspruchen Netflix-Nutzer abends ein Drittel der
Breitbandkapazität.
Das ging eine Weile zulasten der Qualität: Die Übertragungsraten sind
gesunken, Filme gucken wurde ungemütlich. Daraufhin hat Netflix im Frühjahr
2014 widerwillig einen Vertrag mit dem Kabel- und Internetriesen Comcast
geschlossen. Netflix zahlt Comcast nun dafür, von seinen Servern aus
direkten Zugriff auf das Breitbandnetz zu haben. Das soll ruckelfreies
Sehen garantieren.
Netflix-Chef Hestings argumentiert, ohne seine Firma gäbe es die Nachfrage
nach Breitbandinternet erst gar nicht, die Netzbetreiber würden also von
seinen Inhalten profitieren. Er gesteht aber auch ein, dass Netflix wohl
erst mal nicht drum herumkommen wird, für besseren Internetzugang zu
bezahlen.
Solche sogenannten Peering-Vereinbarung gibt es in vielen Branchen.
Kritiker sehen dadurch die Netzneutralität bedroht. Sie besagt, dass alle
Daten, die durchs Internet laufen, gleich behandelt werden, egal woher sie
kommen. In Deutschland könnten Peering-Vereinbarungen auch kommen. Dann
würden sich die Netzbetreiber noch einmal freuen – über Zahlungen von
Netflix. Dass die Daten der VoD-Dienste bewusst besser oder schlechter
durch die Kabel geleitet werden, wird aber nicht passieren, sagen die
Netzbetreiber. Dabei ist Netflix für sie nicht nur Breitbandkunde, sondern
auch Konkurrenz, denn viele Kabelanbieter betreiben mittlerweile eigene
Video-on-Demand-Kanäle.
15 Sep 2014
## AUTOREN
Anne Fromm
Jürn Kruse
## TAGS
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