# taz.de -- Netflix und Netz-Infrastruktur: Wenn der Kunde entscheidet | |
> In 20 Jahren habe Internet-TV das heutige Fernsehen verdrängt, sagt | |
> Netflix-CEO Reed Hastings. Am Aufbau von Netz-Infrastruktur will er sich | |
> jedoch nicht beteiligen. | |
Bild: Will viele kleinere Wetten eingehen: Reed Hastings. | |
BERLIN dpa | Der Video-Dienst Netflix hat Forderungen der Telekom-Konzerne | |
nach einer Beteiligung an den Infrastruktur-Kosten eine klare Absage | |
erteilt. „Deren Kunden wollen Netflix nutzen, deswegen holen sie sich auch | |
teurere Verträge mit höherer Internet-Geschwindigkeit“, sagte Netflix-Chef | |
Reed Hastings (54) im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Die | |
Telekom-Firmen wollen als gute Kapitalisten diese Erlöse behalten und uns | |
gleichzeitig zur Kasse bitten.“ | |
Aus seiner Sicht müsse es eine klare Trennung geben, sagte Hastings. „Die | |
Telekom-Betreiber zahlen für das Netz, wir zahlen für die Inhalte – und der | |
Kunde entscheidet, zu welchem Dienst er geht. Das ist Netzneutralität, wenn | |
der Kunde entscheidet.“ | |
Telekom-Konzerne kritisieren schon lange, dass Internet-Firmen in ihren | |
Netzen Geld verdienen, ohne zum Aufbau der Infrastruktur beizutragen. In | |
den USA, wo Netflix bisher den Großteil seiner Kunden hat, machen | |
Übertragungen des Video-Dienstes rund ein Drittel des gesamten | |
Download-Volumens aus. Und bis Ende 2016 will Netflix praktisch weltweit | |
verfügbar sein. | |
## Selbst das ZDF wird mal ein Internetsender | |
Hastings wiederholte seine Erwartung, dass Video-Dienste aus dem Internet | |
in einem Zeitraum von 15 bis 20 Jahren klassisches lineares Fernsehen | |
verdrängen werden. Das konventionelle Fernsehen werde auf dem Rückzug sein | |
wie die Festnetz-Telefonie nach der Ausbreitung von Handys. „Die heutigen | |
Sender werden sich zu Internet-Netzwerken wandeln. Auch ein Sender wie das | |
ZDF wird in der Zukunft über das Internet übertragen.“ | |
Sport werde ein wichtiger Treiber sein, etwa weil die nächste Fußball-WM | |
nur über das Internet mit schärferen Ultra-HD-Bildern zu empfangen sein | |
werde. Netflix wolle jedoch nach wie vor dem teuren Geschäft mit | |
Sportrechten fernbleiben. | |
Dafür investiert Netflix in diesem Jahr drei Milliarden Dollar – zu einem | |
großen Teil geliehenes Geld – in die Produktion eigener Filme und | |
TV-Serien. Es sei ein kalkulierbares Risiko, argumentierte Hastings. „Wenn | |
wir alles auf eine Karte setzen würden - etwa 500 Millionen Dollar in einen | |
„Titanic“-Film stecken - das könnte eng werden.“ Aber Netflix gehe viele | |
kleinere Wetten ein. „Wenn überhaupt, sollten wir mehr Risiken wagen und | |
auch mal groß scheitern, weil das bedeuten würde, dass wir die Grenzen | |
austesten.“ | |
## Eklat beim Sandler-Dreh | |
Neben der Fortsetzung des Serienhits „House of Cards“ verpflichtete Netflix | |
auch den Komödianten Adam Sandler für vier Filme. Bei den Dreharbeiten zu | |
seinem Netflix-Debüt kam es jüngst zu einem Eklat. Mehrere Schauspieler | |
verließen das Set, weil sie die Scherze über American Natives im Film | |
geschmacklos fanden. Die Situation habe Netflix unvorbereitet getroffen, | |
räumte Hastings ein. „Als Produzent von Inhalten müssen wir uns Gedanken | |
darüber machen, was akzeptabler Humor ist, oder vertretbarer Umgang mit Sex | |
und Religion, wo liegen die Grenzen.“ | |
Nach dem Fall beim Sandler-Dreh wolle Netflix zunächst kein Änderungen | |
vornehmen, sagte Hastings. „Wir glauben nach wie vor an künstlerische | |
Freiheit. Aber eines Tages könnte jemand zu uns mit der Idee für einen Film | |
über den Propheten Mohammed kommen, dann hätten wir größere Konsequenzen zu | |
bedenken.“ Netflix wolle Künstler aber nicht zensieren, betonte Hastings. | |
13 May 2015 | |
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