# taz.de -- Lex Edathy im Bundestag: Maas ist schärfer als Bayern | |
> Am Montag debattieren Experten über Nacktbilder von Kindern. | |
> SPD-Justizminister Maas will sie verbieten. Schießt er über das Ziel | |
> hinaus? | |
Bild: Sebastian Edathy: Werden wegen seines Falls künftig Strandbilder verbote… | |
FREIBURG taz | In den letzten Jahrzehnten war es üblich, dass die | |
schärfsten Gesetzentwürfe zum Strafrecht fast immer aus Bayern kamen und | |
das Bundesjustizministerium diese fast immer als unverhältnismäßig | |
ablehnte. Unter Justizminister Heiko Maas (SPD) hat sich die Konstellation | |
nun erstaunlicherweise gedreht: Jetzt verschreckt Maas die Anhänger eines | |
liberalen Strafrechts, und Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) | |
wirft Maas vor, er „schieße übers Ziel hinaus“. | |
Es geht um Maas’ Gesetzentwurf zum Sexualstrafrecht, der auf 52 Seiten | |
zahlreiche Punkte umfasst, unter anderem die Verlängerung der Verjährung | |
von Sexualdelikten. Am umstrittensten ist aber die Verschärfung von | |
Paragraf 201a, der Persönlichkeitsrechte schützt. Maas will dort einfügen, | |
dass künftig jede unbefugte Nacktaufnahme eines anderen Menschen mit bis zu | |
zwei Jahren Haft oder Geldstrafe bestraft wird. Das gleiche soll für Fotos | |
gelten, die geeignet sind, „dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich | |
zu schaden“. | |
Der Gesetzentwurf war eine Reaktion auf den Fall des SPD-Politikers | |
Sebastian Edathy, der sich in Kanada Bilder nackter spielender Jungs | |
gekauft hat, deren Kauf in Deutschland bisher wohl nicht strafbar ist. | |
Minister Maas reagierte mit einem Gesetzentwurf, der so uferlos ist, dass | |
nun sicher niemand die SPD an Schärfe überbieten kann. | |
Renommierte Strafrechtsprofessoren wie Matthias Jahn aus Frankfurt am Main | |
und Jörg Eisele aus Tübingen loben daher ausdrücklich den bayerischen | |
Entwurf als präzisere und damit rechtstaatlichere Alternative. So bezieht | |
sich Bayern nur auf Nacktbilder von Kindern, nicht auch auf die von | |
Erwachsenen. Zweitens verlangt Bayern, dass bei den Bildern Sexualität „zur | |
Schau gestellt wird“. Fotos vom heimischen Planschbecken dürften in der | |
Regel nicht darunter fallen. Drittens will Bayern das Weitergeben solcher | |
Bilder nur unter Strafe stellen, wenn es „gegen Entgelt oder im Rahmen | |
eines Tauschsystems“ erfolgt. Maas betont zwar auch: „Niemand darf mit den | |
Körpern von Kindern Geschäfte machen“, sein Gesetzentwurf konzentriert sich | |
aber gerade nicht darauf. Vor allem aber verzichtet Bayern darauf, jegliche | |
die Ehre gefährdenden Fotos zu verbieten. Eine solche Strafvorschrift, | |
gegen die Journalistenverbände sofort protestiert haben, will nur Maas | |
einführen. | |
## „Rechtsstaatlicher Albtraum“ | |
Am Montag befassen sich im Rechtsausschuss des Bundestags Experten mit dem | |
Gesetzentwurf. Es ist damit zu rechnen, dass Maas auch hier Gegenwind | |
bekommt. So fordert der Deutsche Anwaltverein, dessen Stellungnahme bereits | |
vorliegt, auf die Änderung von Paragraf 201a zu verzichten. Es sei | |
„unverhältnismäßig“, bereits die Herstellung von Fotos, die dem | |
Aufgenommenen peinlich sind, zu bestrafen. Bei den Nacktbildern bestehe die | |
Gefahr, dass auch „spontane, situationsgegebene Aufnahmen aller Art“ unter | |
Strafe gestellt würden. | |
Am Freitag befasste sich bereits der Bundestag mit Maas’ Gesetzentwurf. | |
Dabei kritisierten alle zu Wort kommenden Justizminister die geplante | |
Verschärfung von Paragraf 201a. Sachsens Minister Jürgen Martens (FDP) | |
sprach sogar von einem „rechtsstaatlichen Albtraum“. Am Ende empfahl der | |
Bundesrat, die Vorschrift „mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot und den | |
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtssicher auszugestalten“. | |
Da Strafgesetze aber nicht der Zustimmung des Bundesrats bedürfen, kommt es | |
nun vor allem auf die Abgeordneten von Union und SPD an. Johannes Fechner, | |
der neue rechtspolitische Sprecher der SPD, sagte bereits, er wolle | |
sicherstellen, das Eltern, die ihre Kinder nackt im Garten fotografieren, | |
nicht mit Strafe bedroht werden. | |
13 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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