# taz.de -- Menschenrechtsdialog mit China: „Dialog ist alternativlos“ | |
> Die deutsche Seite beklagt unbefriedigende Antworten, die chinesische | |
> Delegation sieht das Ziel des Dialogs erreicht. Sie verweist auch auf | |
> dessen rote Linie. | |
Bild: Bilder aus dem chinesischen Fernsehen vom Prozess gegen den uigurischen W… | |
BERLIN taz | „Wir haben Probleme angesprochen, wie sie durch die zunehmende | |
Gewalt in Xinjiang und die Selbstverbrennungen der Tibeter deutlich werden, | |
aber keine befriedigenden Antworten bekommen“, sagt der | |
Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), | |
bei der Pressekonferenz zum Abschluss des 12. Deutsch-Chinesischen | |
Menschenrechtsdialogs am Donnerstag in Berlin. | |
Doch Strässer will zugleich von Forderungen nach einer Beendigung des | |
Dialogs, wie sie etwa die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) erhebt, | |
nichts wissen. „Eine Verhärtung hilft niemandem, weder hier noch in China. | |
Der Dialog hat Zukunft. Wir wären ziemlich verrückt, wenn wir sagen würden, | |
das bringt es nicht mehr“, sagt Strässer, der in diesem seit 1999 | |
bestehenden Dialogformat erstmals die deutsche Delegation leitete. | |
Dieses Mal standen Themen wie Minderheiten und die Reintegration | |
jugendlicher Straftäter im Mittelpunkt. Am Donnerstag dauerten die | |
Gespräche mehr als fünf Stunden, am Freitag folgt noch ein Besuchsprogramm. | |
Strässer macht keinen Hehl daraus macht, dass beide Regierungen in vielen | |
Menschenrechtsfragen keine gemeinsame Position haben. Und als konkretes | |
Ergebnis dieses Dialogs kann er nur verkünden, dass es eine weitere Runde | |
im nächsten Jahr in China geben wird. | |
Trotzdem sieht Strässer das institutionalisierte Gespräch als alternativlos | |
an. „Ich werde doch von den Menschenrechtsorganisationen gebeten, Kontakte | |
herzustellen und Themen anzusprechen,“ sagt er. Dass die chinesische Seite | |
dies dann auf Fehlinformationen der Deutschen zurückführe, weise er | |
natürlich zurück. | |
## Satzbausteine | |
Für Li Junhua, Chef der chinesischen Delegation und Leiter der | |
Internationalen Abteilung im Außenministerium in Peking, ist das Ziel des | |
Dialogs nach eigenen Worten erreicht worden. „Wir haben recht offen | |
gesprochen,“ sagt er. „Wir sind doch zum Austausch hier.“ Dann lässt er … | |
üblichen Satzbausteine los, deren Anwendung bei keiner Auslandsreise | |
chinesischer Kader fehlt: „Dialog auf Augenhöhe“, „auf der Basis | |
gegenseitigen Respekts“, „besser Kennenlernen“, „mehr Vertrauen schaffe… | |
„offen für konstruktive Vorschläge“. | |
Li räumt auch Meinungsverschiedenheiten ein – diese seien aber „völlig | |
normal“ –, um dann schnippisch hinzuzufügen: „Vielleicht verstehen wir a… | |
was anderes unter Menschenrechten“. China habe beim Schutz der | |
Menschenrechte bereits große Fortschritte erreicht, was jeder ohne | |
Vorbehalte sehen könne, aber: „Wir haben noch einen langen Weg“. | |
## Fortschritte? „Im Internet nachschauen“ | |
Wer hingegen behaupte, es habe bei den bürgerlichen und politischen Rechten | |
in letzter Zeit Rückschritte gegeben, müsse nur „im Internet nachschauen“ | |
und die dortigen Informationen berücksichtigen. | |
Laut Li zeige eine Umfrage, dass 85 Prozent der chinesischen Bevölkerung | |
mit „unseren Reformen“ zufrieden sei. „Wir haben wirtschaftliche | |
Entwicklung, gesellschaftliche Stabilität und Fortschritte im kulturellen | |
Bereich.“ | |
Doch dann verweist Delegationschef Li auch deutlich auf die Grenzen des | |
Dialogs: „In grundlegeden Fragen des polititschen Systems in China wie der | |
Souveränität gibt es überhaupt keinen Raum für Diskussionen. Wenn wir haben | |
einen Weg gefunden, auf den wir stolz sind.“ | |
## „Monolog mit einem Taubstummen“ | |
Vor Beginn dieses Dialoges hatte die GfbV erklärt: „Es macht keinen Sinn, | |
einen Monolog mit einem Taubstummen zu führen, der offensichtlich kein | |
Interesse an einer Verbesserung der der Menscherechtslage hat.“ Dialog sei | |
kein Selbstzweck, sondern müsse immer ergebnisorientiert sein. | |
Die bisherigen Ergebnisse des Dialogs seien laut GfbV aber so dürftig, dass | |
eine Fortsetzung sinnlos erscheine und nur den falschen Eindruck erweckten, | |
Chinas Behörden hätte den politischen Willen, Menschenrechte zu beachten. | |
Menschenrechtsfragen „dürften nicht mehr in ein Dialogforum ausgegliedert | |
werde, das selten tagt und von den Regierungen beider Staaten kaum ernst | |
genommen wird,“ erklärte der GfbV-China-Experte Ulrich Delius. | |
4 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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