# taz.de -- Kommentar Ai Weiwei: Rechtsstaatsdialog wird zur Farce | |
> Mit der Festnahme von Ai Weiwei verhöhnt China die Menschenrechte. Schon | |
> aus Selbstachtung darf der Westen nicht zur Tagesordnung übergehen. | |
Mehr als ein Jahrzehnt lang führen westliche Regierungen wie die deutsche | |
schon dutzende Rechtsstaats- und Menschenrechtsdialoge mit China. Dennoch | |
dauert es mehr als drei Tage, bis es nach der Festnahme des weltberühmten | |
Künstlers Ai Weiwei auf Pekings Flughafen einen ersten offiziellen Hinweis | |
gibt. Die amtliche KP-Propagandaagentur Xinhua verkündet in der Nacht zu | |
Donnerstag in einer einzeiligen Meldung, gegen Ai werde wegen | |
Wirtschaftsverbrechen ermittelt. | |
Mehr Infos gibt es nicht. Vielmehr verschwindet die Meldung nach einer | |
Stunde wieder von Xinhuas Webseite. Tagsüber wiederholt der | |
Außenamtssprecher den Vorwurf ohne weitere Angaben. Doch ist er überzeugt, | |
dass der Fall nichts mit Menschenrechten oder Redefreiheit zu tun habe und | |
andere Staaten nicht das Recht hätten, sich einzumischen. | |
Pekings Dreistigkeit bricht nicht nur Chinas eigene Gesetze, die eine | |
Unterrichtung der Angehörigen innerhalb von 24 Stunden vorschreiben, | |
sondern verhöhnt all diejenigen, die wie die Bundesregierung hofften, | |
Rechtsdialoge würden zu einer Verrechtlichung der Volksrepublik führen und | |
die Menschenrechte stärken. | |
Natürlich war auch mit Rückschlägen zu rechnen, wie es sie ja auch stets | |
gab. Aber eine so deutliche Verhöhnung zeigt nicht nur die Fragwürdigkeit | |
dieser Art der Dialoge in prominenten Fällen, sondern auch den Grundfehler | |
des gesamten Ansatzes: Für den unverbindlichen Dialog ließen sich westliche | |
Regierungen eine an Prinzipien orientierte Menschenrechtspolitik abhandeln. | |
Das Thema Menschenrechte wurde so nicht nur in China zur Farce, sondern | |
auch in der Außenpolitik westlicher Staaten. | |
China ist eine immer wichtigere Macht, die sich - verstärkt durch westliche | |
Prinzipienlosigkeit - von außen immer schwerer beeinflussen lässt. Doch | |
nach Ai Weiwei, Liu Xiaobo und anderen weniger prominenter Fällen der | |
letzten Zeit darf gegenüber Peking - schon aus Selbstachtung - nicht zur | |
Tagesordnung übergegangen werden. | |
7 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
## TAGS | |
China | |
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