# taz.de -- Ai Weiweis Festnahme in China: Wirtschaftsdelikte als Vorwand | |
> Die chinesische Regierung wirft dem kritischen Künstler Ai Weiwei | |
> ungenannte Wirtschaftsdelikte vor. Damit räumt sie erstmals seine | |
> Festnahme ein. | |
Bild: Ai Weiwei in seinem Atelier in Peking. | |
BERLIN taz | Chinas Behörden ermitteln gegen den am Sonntag bei der | |
Ausreise vom Pekinger Flughafen festgenommenen regierungskritischen | |
Künstler Ai Weiwei offiziell wegen "Wirtschaftsverbrechen". Dies erklärte | |
der Sprecher des Außenministeriums, Hong Lei, am Donnerstag in Peking vor | |
Journalisten. Damit räumt die Regierung erstmals die Festnahme von Chinas | |
berühmtestem Gegenwartskünstler ein. Er ist seit Sonntag verschwunden. Im | |
Anschluss an seine Festnahme, für die bisher keiner Gründe genannt wurden, | |
waren Ais Pekinger Atelier und Wohnhaus durchsucht und seine Mitarbeiter | |
verhört worden. | |
In der Nacht zum Donnerstag hatte erstmals eine einzeilige Meldung der | |
amtlichen Agentur Xinhua Ermittlungen gegen den 53-Jährigen bestätigt, ohne | |
den erstmals genannten Vorwurf von Wirtschaftsdelikten zu erläutern. Diese | |
Meldung verschwand nach etwa einer Stunde wieder von Xinhuas Webseite. | |
Bereits am Vortag beschrieb das KP-Blatt Global Times Ai als "Sonderling", | |
der sich am Rande der Gesetze bewege. Dies war ein erster offizieller | |
Hinweis darauf, dass der international angesehene Künstler in Ungnade | |
gefallen ist und die Propaganda ein Klima schaffen will, das seine | |
Verfolgung rechtfertigt. Seine Familie und sein Anwalt erhielten nach | |
dessen Auskunft bis gestern keine offiziellen Informationen über seinen | |
Verbleib wie über die Vorwürfe gegen ihn. | |
## Das Außenamt verweigert konkretere Auskünfte | |
Nachfragen von Journalisten, was Ai konkret vorgeworfen werde, beantwortete | |
Außenamtssprecher Hong nicht. Stattdessen erklärte er, die Festnahme habe | |
nichts mit Menschenrechten oder Redefreiheit zu tun. Auch verbat er sich | |
westliche Einmischung. In den letzten Tagen hatten mehrere Regierungen, | |
darunter die deutsche, China zur Freilassung Ais aufgefordert. In Berlin | |
hatte Außenminister Guido Westerwelle den chinesische Botschafter | |
einbestellt. | |
Hong forderte, Chinas Gesetze zu respektieren. Dies machen chinesische | |
Offizielle seit einigen Jahren, um den Eindruck von Rechtsstaatlichkeit zu | |
erzeugen. In der Praxis werden Gesetze aber so hingebogen, dass politisch | |
gewünschte Urteile herauskommen. Auch Kritiker zu Wirtschaftskriminellen zu | |
erklären ist üblich. Das soll entpolitisieren und ausländischen Regierungen | |
klarmachen, dass es darüber nichts zu verhandeln gibt. | |
Als "absurd" bezeichneten Ais Frau, seine Schwester und Mutter gestern in | |
Interviews die Vorwürfe von Wirtschaftsverbrechen. "So benimmt sich eine | |
kriminelle Bande, aber kein Rechtsstaat," sagte Schwester Gao Ge. Ais | |
Mutter Gao Ying sagte: "Ai ist kein Krimineller, sondern ein Künstler, der | |
Gerechtigkeit sucht." Ai ist einer der schärfsten Kritiker der Regierung. | |
In den letzten zwei Jahren war er schon mal zusammengeschlagen worden, sein | |
neues Schanghaier Atelier wurde abgerissen, seine erste Ausstellung in | |
China abgesagt. | |
Gestern wurde bekannt, dass mit dem Ehepaar Ni Yulan und Dong Jiqin zwei | |
weitere Menschenrechtler festgenommen wurden. Seit Wochen gehen die | |
Behörden aus Angst vor einer "Jasminrevolution" verschärft gegen Kritiker | |
vor. Zahlreiche Menschenrechtler sind seitdem verschwunden. | |
7 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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