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# taz.de -- Deutsch-chinesische Diplomatie: Misch dich nicht ein
> Ministerpräsident Li Keqiang und Angela Merkel treffen sich in Berlin.
> Die Wirtschaft schließt Verträge ab, über Menschenrechte debattiert man
> lieber nicht.
Bild: Li Keqiang und Angela Merkel am Freitag.
BERLIN taz | Die Wirtschaftsbeziehungen haben wieder einmal die
deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen dominiert. Unter anderem
schlossen am Freitag Nachmittag Daimler, VW, Airbus und die Deutsche
Telekom in Anwesenheit von Kanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Li
Keqiang sowie führender Politiker beider Länder milliardenschwere Verträge
ab.
Insgesamt nahmen 26 Minister aus China und Deutschland an dem dritten
Treffen dieser Art seit 2011 teil. Während Berlin solche gemeinsamen
Kabinettssitzungen auch mit anderen Regierungen vor allem aus Europa
regelmäßig abhält, führt Peking sie nur mit Deutschland durch. Die Führung
der Volksrepublik unterstreicht damit die Bedeutung, die sie Deutschland
als ihrem mit Abstand größtem Handelspartner in Europa wie als dortiger
Führungsmacht beimisst.
Dies schmeichelt den deutschen Politikern. Sie wissen zugleich um die
enorme wirtschaftliche Bedeutung Chinas für Deutschlands Industrie. Von der
werden sie auch immer wieder gedrängt, sich für einen leichteren
Marktzugang wie für faire Rahmenbedingungen einzusetzen. Zuletzt hatte es
[1][Verärgerung wegen intransparenter Kartellverfahren] gegeben, mit denen
Peking gezielt deutsche Autokonzerne unter Druck gesetzt und zu
Preissenkungen gezwungen hatte.
Doch in Berlin waren sich alle Seiten einig, dass das bilaterale
Handelsvolumen von derzeit mehr 140 Milliarden Euro noch weiter kräftig
steigen soll. „China entwickelt sich längst weiter von der 'Werkbank der
Welt' hin zu einer innovativen und kreativen Volkswirtschaft,“ erklärte der
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Doch dies bedeutet auch Verschiebungen
im bilateralen Handel, für die Deutschland noch Antworten finden muss.
## Wachsende Konkurrenz
Früher ergänzten sich beide Länder. Die Deutschen lieferten Maschinen und
Investitionsgüter, die Chinesen leichtindustrielle Konsumwaren. Doch
inzwischen treten die Chinesen zunehmend als Konkurrenten auf. Und das
nicht nur auf Drittmärkten, sondern auch in Deutschland. So vereinbarte
jetzt etwa der Fußballclub Schalke 04 mit Chinas führendem Telekomausrüster
Huawei die Installation eines WLAN-Netzes im Gelsenkirchener Stadion.
Früher wäre das ein Auftrag für Siemens gewesen.
Im politischen Teil des Treffens wurde ein Aktionsrahmen für die bereits im
Juli in Peking vereinbarte „Innovationspartnerschaft“ unterzeichnet. Das
28-Seiten-Dokument zählt 110 Punkte. Sie sind eine lange Wunschliste beider
Seiten, von der unklar ist, was davon wirklich realisiert wird. Während die
Chinesen sich vor allem erhoffen, noch leichter und früher an deutsche
Technologie heranzukommen, verstehen die Deutschen Innovation breiter und
schließen auch wichtige gesellschaftliche Fragen bis hin zu den
Menschenrechten ein.
Angepeilt wird zum Beispiel auch eine stärkere Zusammenarbeit der
Sicherheitskräfte in der Bekämpfung des Terrorismus und organisierten
Kriminalität, der Ausbau der Überlandverbindungen zwischen Asien und Europa
sowie Visaerleichterungen für Geschäftsleute und Diplomaten an. Es geht
aber auch um die Förderung der Elektromobilität, wo China mindestens
ebenbürtig mit Deutschland ist, Umwelt- und Klimafragen bis hin zur
Tiergesundheit.
## Neue entwicklungspolitische Zusammenarbeit
Hatte Deutschland seine entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit dem immer
wohlhabender werdenden China vor einigen Jahren offiziell eingestellt, soll
sie jetzt vor allem als Dialog- und Beratungsmechanismus wieder aufgenommen
werden und die bereits bestehenden mehr als 60 bilateralen Dialogforen
ergänzen.
Auch die Menschenrechte sind Teil der Aktionsrahmens. Unter Punkt 17 heißt
es: „Beide Seiten betonen die Bedeutung von Förderung und Schutz der
Menschenrechte sowie von Rechtsstaatlichkeit“. Vereinbart wurde u.a. die
Fortsetzung des Menschenrechts- und Rechtsstaatsdialogs. Solche offizielle
Erklärungen sind die für die Bundesregierung auch in ihrer
Öffentlichkeitsarbeit sehr wichtig. Die Kanzlerin übte jetzt öffentlich nur
sehr verhaltene Kritik. Sie sprach nicht einmal die [2][Festnahme einer
chinesischen Mitarbeiterin] der deutschen Wochenzeitung Die Zeit an. Ob sie
im im kleinen Kreis mehr sagte, blieb unklar.
Die Chinesen ließen die öffentliche Kritik wieder mal an sich abperlen. Als
Merkel bei der Pressekonferenz nur vorsichtig den Umgang mit den
Demokratieprotesten in Hongkong und den Wunsch nach friedlichen Lösungen
äußerte, die die Bevölkerung zufrieden stellen, wies Li umgehend eine
Einmischung von außen zurück.
[3][Das Thema Hongkong] gehöre „zur Innenpolitik Chinas“, alle Länder
müssten „diese Souveränität respektieren“. Zugleich versicherte Li Keqia…
die deutschen Investitionen dort sicher. Die Wirtschaft dominiert eben das
bilaterale Verhältnis und dabei soll es aus Sicht Pekings auch bleiben.
Am Samstag nimmt die chinesische Delegation noch an einer großen
Wirtschaftskonferenz in Hamburg teil. Danach geht es weiter nach Moskau und
anschließend zum europäisch-asiatischen Gipfel (Asem) in Mailand. Dort gibt
es bereits ein Wiedersehen mit Merkel.
11 Oct 2014
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## AUTOREN
Sven Hansen
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