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# taz.de -- Staatsbesuch in Deutschland: Xi will Holocaust instrumentalisieren
> Chinas Präsident Xi Jinping will bei seinem Staatsbesuch Ende März in
> Berlin das Holocaustmahnmal besichtigen – um Japan bloßzustellen.
Bild: „Und da hinten ist das Holocaust-Mahnmal!“ Kanzlerin Merkel und der d…
PEKING taz | Über Japans Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs sind die
meisten Chinesen gut informiert. So ziemlich jeder weiß vom Massaker von
Nanjing, bei dem japanische Soldaten 1937 sechs Wochen lang Chinas damalige
Hauptstadt belagerten und 140.000 bis 300.000 Personen umbrachten. Die
Gräueltaten der Nazis hingegen sind den meisten Chinesen weitgehend
unbekannt.
Doch seit einigen Wochen werden auch die Verbrechen der Deutschen in den
chinesischen Staatsmedien vermehrt aufgegriffen. Ihnen geht es allerdings
nicht so sehr um die deutsche Geschichte. Vielmehr haben sie in dem Thema
ein Instrument gefunden, Japan bloßzustellen. Nun beteiligt sich offenbar
auch Chinas Staatspräsident Xi Jinping an dieser Kampagne.
Wie aus Diplomatenkreisen zu hören ist, will Xi bei seinem Besuch Ende März
in Berlin auch das Holocaustmahnmal besuchen. China wolle bei dem
Deutschlandbesuch den Zweiten Weltkrieg in den Mittelpunkt stellen, heißt
es. Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigt diese Information nicht.
„Deutschland freut sich sehr auf den Besuch von Xi Jinping“, sagt ein
Sprecher. Zu Einzelheiten könne aber noch nichts gesagt werden.
## Aktueller Inselstreit zwischen Peking ud Tokio
China und Japan liefern sich seit Jahren heftige Auseinandersetzungen um
eine unbewohnte Inselgruppe im Ostchinesischen Meer. Beide Länder
beanspruchen die Inseln für sich.
Der Streit erreichte im Dezember einen neuen Höhepunkt, als Japans
Premierminister Shinzo Abe in Tokio vor dem Yasukuni-Kriegsschrein kniete,
in dem auch verurteilter Kriegsverbrecher gedacht wird.
Chinas Staatsfernsehen strahlt seit einigen Wochen verstärkt
Dokumentationen über die Aufarbeitungspolitik der Bundesrepublik
Deutschland in der Nachkriegszeit aus. Kommentatoren chinesischer
Staatszeitungen fordern Japan auf, sich an den Deutschen ein Beispiel zu
nehmen.
Zwar hat sich auch Japan in der Vergangenheit mehrfach bei seinen
Nachbarstaaten für seine Verbrechen entschuldigt. Doch revisionistische
Äußerungen rechtskonservativer Spitzenpolitiker lassen immer wieder Zweifel
aufkommen, wie ernst es Japan mit seiner Reue wirklich meint.
Für zusätzlichen Ärger sorgte der aktuelle Premierminister Abe nicht nur
mit dem Schrein-Besuch Ende Dezember. Auf dem Weltwirtschaftsforum eine
Woche später verglich er China mit Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg.
China und Japan befänden sich in einer „ähnlichen Situation“ wie
Großbritannien und das Deutsche Reich 1914. Vor allem Chinas steigende
Militärausgaben seien eine große Quelle der Instabilität in der Region.
Der Hamburger Sinologe Kai Vogelsang, der zur chinesischen
Geschichtsschreibung forscht, hält die Vergleiche beider Seiten für
unangemessen.
## Experte: "Vereinfachung hochkomplexer Situationen"
„Der politisch sorgfältig geplante und industriell durchgeführte Genozid im
Dritten Reich ist sicher nicht dasselbe wie die Gräueltaten einer wild
gewordenen japanischen Armee“, sagt Vogelsang.
Den Vergleich Chinas mit Deutschland vor 1914 wiederum bezeichnete er als
„Vereinfachung zweier hochkomplexer Situationen, an denen in beiden Fällen
weitaus mehr Staaten beteiligt waren“.
Was den Sinologen vor allem stört: die Art und Weise, wie Xi und Abe die
Rolle des jeweils eigenen Landes ausblenden. China habe die Massentötungen
zur Mao-Zeit so wenig aufgearbeitet wie Japan seine Kriegsverbrechen.
„Wenn Abe China mit dem Deutschen Reich vergleicht, blendet er dabei völlig
aus, dass in Ostasien in den letzten Jahren nicht nur eine Großmacht
aufgestiegen ist, die das regionale Machtgefüge verändert, sondern eine
zweite: Japan.“
26 Feb 2014
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
China
Japan
Xi Jinping
Shinzo Abe
Vergangenheitsbewältigung
Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg
China
Holocaust-Gedenktag
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