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# taz.de -- Holocaust-Gedenktag in Israel: Eine bemerkenswerte Erklärung
> Der palästinensische Präsident Abbas bezeichnet den Holocaust als
> „schlimmstes Verbrechen der Neuzeit“ – eine seltene Äußerung in der
> arabischen Welt.
Bild: Mahmud Abbas zwischen Vertretern des Zentralrats der Palästinensischen B…
JERUSALEM taz | Die Botschaft des palästinensischen Präsidenten Mahmud
Abbas zum jüdischen Holocaustgedenktag beeindruckt die Regierung in
Jerusalem wenig. Anstelle von Erklärungen müsse Abbas „zwischen der Hamas
und einem wahren Frieden mit Israel wählen“, meinte Israels Regierungschef
Benjamin Netanjahu. Abbas hatte anlässlich des Holocaustgedenktages am
Montag eine Erklärung veröffentlicht, in der er die Verfolgung der Juden im
Dritten Reich als das „schrecklichste Verbrechen gegen die Menschlichkeit
in der modernen Geschichte“ bezeichnet.
Der Staat Israel sei, so hieß es auf der sonntäglichen israelischen
Regierungssitzung, die beste Antwort auf den Holocaust, denn er biete
Schutz gegen jeden, der, so wörtlich: „unsere Seele begehrt“. Dazu gehöre
die Regierung in Teheran, die „die Hamas und andere Terrororganisationen
bewaffnet und finanziert“. Die Hamas leugne den Holocaust, meinte Netanjahu
und kritisierte erneut das Bündnis zwischen Fatah und der Hamas. Die beiden
Parteien einigten sich letzte Woche auf die Gründung einer
Einheitsregierung, was Jerusalem als „Todesstoß für den Friedensprozess“
bezeichnete.
Die PLO und Präsident Abbas betonten hingegen wiederholt, dass die
innerpalästinensische Versöhnung dem Friedensprozess nicht nur keineswegs
im Weg stehe, sondern sogar förderlich sein könne. Auslöser für die
Botschaft von Abbas war ein Treffen mit dem amerikanischen Rabbiner Marc
Schneider, Chef der „Stiftung für ethnische Verständigung“, vor einer Woc…
in Ramallah. Von Schneider auf den Holocaust angesprochen, solidarisierte
sich Abbas mit den Opfern der Nazis.
Obschon Abbas nicht zum ersten Mal den Holocaust als Verbrechen gegen die
Menschlichkeit bezeichnet, erinnerte die Jerusalem Post erneut an seine
Dissertation zum Thema. In der vor rund 30 Jahren veröffentlichten Arbeit
stellte Abbas die Zahl von sechs Millionen infrage und meint, dass die Zahl
der jüdischen Opfer „möglicherweise weniger als eine Million“ umfasste.
Außerdem stellte er die These auf, die zionistische Bewegung habe mit dem
Hitler-Regime kollaboriert.
## „Keine moralische Verantwortung“
Der Politologe Professor Mkhaimar Abusada aus Gaza meint, dass heute „fast
alle Palästinenser den Holocaust als schreckliches Verbrechen wahrnehmen,
genau wie Abbas es sagt“. Problematisch sei jedoch, dass „Israel sich seit
der Nakba (Flucht und Vertreibung der Palästinenser) und allem, was danach
passierte, weigert, eine moralische Verantwortung zu übernehmen“. Das sei
der Grund, warum viele nicht gern über den Holocaust sprächen.
Salim Sweidan, Student an der palästinensischen Universität al-Quds, reiste
in diesem Jahr mit einer 27-köpfigen Delegation nach Auschwitz, was in
palästinensischen Medien auf Widerhall stieß. „Manche denken immer noch,
der Feind meines Feindes ist mein Freund“, sagt Sweiden, „aber das ist
falsch.“
60 Prozent der Kommentare, die er auf die Auschwitz-Reise zu hören bekam,
seien positiv gewesen, der Rest sei der Ansicht, dass „die Zeit noch nicht
reif sei und die Nakba wichtiger für uns“. Die palästinensischen
Intellektuellen und die Politiker „akzeptieren die Realität des Holocaust“.
Ausgenommen sind jedoch Politiker im Gazastreifen, wo die Hamas noch immer
Abbas’ einstiger These von übertriebenen Opferzahlen anhängt. „Es ist kein
Geheimnis, dass die Zionisten hinter den Nazimorden vieler Juden standen“,
stellte der frühere und von Israel ermordete Hamas-Chef Abdel Asis Rantisi
vor gut zehn Jahren fest. Hamas-Außenminister Ghazi Hamad hatte am Sonntag
auf eine telefonische Nachfrage der taz keine unmittelbare Antwort parat.
Er war über die Abbas-Mitteilung schlicht noch nicht informiert.
27 Apr 2014
## AUTOREN
Susanne Knaul
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