# taz.de -- Stromnetzentgelte in Deutschland: Teures Brandenburg | |
> Die regionalen Strompreisunterschiede sind riesig. Die Diskussion über | |
> einen bundesweiten Ausgleich der Netzentgelte hat bereits begonnen. | |
Bild: Strommasten können so schön sein. | |
FREIBURG taz | Der Strompreis ist in Deutschland mit sehr unterschiedlichen | |
Netzentgelten belastet – je nach dem, wo man wohnt. Für Haushalte in | |
Düsseldorf fallen nur 4,75 Cent je Kilowattstunde an, im nördlichen | |
Brandenburg sind es hingegen bis zu 9,88 Cent. Auf den Endkundenpreis | |
bezogen können die Strompreise also je nach Region um 20 Prozent schwanken. | |
Haben jene Netzbetreiber, die geringere Entgelte erheben, einfach besser | |
gewirtschaftet? Mitnichten: Die Netztentgelte spiegeln vor allem die | |
Struktur der Region wider. Denn in Großstädten, wo viele Kunden auf engem | |
Raum Strom beziehen, lässt sich ein Netz grundsätzlich billiger unterhalten | |
als auf dem Land. | |
Aber das ist nur ein Aspekt. Der andere ist die zunehmende Stromerzeugung | |
aus erneuerbaren Energien, die vor allem auf dem Land stattfindet. Dort | |
muss dann das Verteilnetz verstärkt und es müssen neue Transformatoren | |
installiert werden – was auf Rechnung der örtlichen Kunden geht. Folglich | |
dürften die Netzkosten in Zukunft noch weiter auseinanderdriften. | |
Politik und Wissenschaft diskutieren daher nun die Idee, die Netzentgelte | |
bundesweit zu harmonisieren. „Ein System, das die Kosten für Netzausbau und | |
Engpassbewirtschaftung einseitig den ländlichen Ausbauregionen auflastet, | |
führt zu Fehlanreizen“, schrieb dazu jüngst die Denkfabrik Agora | |
Energiewende. Und deswegen sollten die „Netzkosten bundeseinheitlich | |
gewälzt werden“. | |
Die bizarre Konsequenz des heutigen Systems: Je weiter die Verbraucher von | |
den Stromerzeugern entfernt wohnen – nämlich in den Städten –, umso | |
billiger bekommen sie den Strom. „Ein radikaler Schritt hin zu einem | |
einheitlichen Netzentgelt scheint deshalb eine gerechtfertigte | |
Lösungsoption“, heißt es daher nun in einer Studie der globalen | |
Nichtregierungsorganisation The Regulatory Assistance Project (RAP), die im | |
Auftrag der Agora Energiewende das Thema ins Blickfeld rückt. Ein | |
einheitliches Netzentgelt folge dem „Solidarprinzip für das bundesweite | |
Projekt der Energiewende“. | |
## Umstieg auf Erneuerbare | |
Unter den Fraktionen im Bundestag hat sich die Linke bisher am deutlichsten | |
positioniert: In einem Antrag von Anfang Dezember fordert sie eine | |
„bundeseinheitliche Wälzung der Stromnetzentgelte für Privat- und | |
Gewerbekunden“, weil „überdurchschnittlich hohe Netzentgelte | |
schwerpunktmäßig in strukturschwachen Regionen gezahlt“ würden. Für die | |
Grünen sagt deren Energiepolitische Sprecherin Julia Verlinden: „Vom | |
Umstieg auf erneuerbare Energien profitieren letztlich alle, das sollte | |
sich künftig auch in der Berechnung der Netzentgelte widerspiegeln.“ | |
An einem konkreten Vorschlag für die Neugestaltung wird aber allenthalben | |
noch gearbeitet – in den Fraktionen ebenso wie im zuständigen | |
Wirtschaftsministerium, das ebenfalls klarstellt: „Die | |
Netzentgeltsystematik muss daraufhin untersucht werden, ob sie beim | |
fortschreitenden Umbau des Energieversorgungssystems noch zeitgemäß ist.“ | |
Unterdessen gleichen einige bundesweite Stromversorger – vor allem die | |
Ökostromanbieter – die Netzentgelte von jeher firmenintern aus. Sie bieten | |
ihren Kunden einen bundesweit einheitlichen Tarif an und nehmen damit je | |
nach Netzgebiet des Kunden erhebliche Unterschiede bei der Gewinnmarge in | |
Kauf. Allerdings könnte auch dieses Modell an seine Grenzen kommen, wenn | |
die Netzentgelte im Land immer weiter auseinanderdriften. | |
23 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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