# taz.de -- Strompreise sinken leicht: Eine Pizza mehr im Jahr | |
> 2015 ist der Strom billiger geworden – endlich, sagen | |
> Verbraucherschützer. Aber beim Gas zahlen die Kunden nach ihrer Meinung | |
> zu viel. | |
Bild: Endlich entspannt sich der Strompreis. | |
Düsseldorf dpa | Lange 14 Jahre mussten Deutschlands Stromkunden stark | |
steigende Preise wegstecken, 2015 gibt es endlich leichte Entspannung. Im | |
ersten Halbjahr stiegen die durchschnittlichen Strompreise nicht weiter, | |
sondern gingen angesichts gefallener Beschaffungskosten an den Strombörsen | |
und kaum veränderter staatlicher Lasten je nach Region um ein bis gut drei | |
Prozent zurück. Das ergeben Berechnungen der Stromvergleichsportale Verivox | |
und Check24. Leichte Entlastung gab es auch beim Gas. Hier würden die | |
Konzerne aber viel zu wenig Ersparnis an die Endkunden weitergeben, meinen | |
Kritiker. | |
Der Trend zum preisgünstigeren Strom werde sich voraussichtlich in der | |
zweiten Jahreshälfte fortsetzen, erwarten die Preisbeobachter. Schließlich | |
steht der Börsenstrompreis weiter stark unter Druck. Im Schnitt kostet die | |
Kilowattstunde für Haushaltskunden laut Branchenverband BDEW inzwischen | |
wieder unter 29 Cent. Im ersten Halbjahr hat eine vierköpfige | |
Durchschnittsfamilie mit 4000 Kilowattstunden Jahresverbrauch und gut 1100 | |
Euro Stromkosten im Jahr rund 15 Euro gespart - genug für eine | |
Familienpizza. | |
Preisrisiken erwarten die Fachleute vor allem durch den teuren Ausbau der | |
Stromnetze, der auf die Preise umgelegt wird. Die Netzentgelte machen | |
immerhin rund 23 Prozent des Strompreises aus. Unterschiedliche | |
Netzentgelte sind schon jetzt für deutliche regionale Unterschiede bei den | |
Strompreisen verantwortlich. | |
## Klimaschutzpläne kosten | |
Der Osten kam etwa im ersten Halbjahr im Schnitt nur auf ein Prozent | |
Entlastung, der Westen auf gut zwei Prozent. Spitzenreiter sind Bremen | |
(minus 3,8 Prozent Strompreis) und Bayern (minus 3,1 Prozent), während | |
Sachsens Stromkunden im Landesschnitt nur um 0,5 Prozent entlastet wurden. | |
Teuer könnten für die Verbraucher auch die Klimaschutzpläne von | |
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) werden. Die Bezahlung von | |
Vattenfall und RWE für das Überführen von Braunkohlekraftwerken in die | |
Kraftwerksreserve und eine wesentlich höhere Förderung der | |
Kraft-Wärme-Kopplung könnte den Strompreis nach Einschätzung des | |
NRW-Wirtschaftsministers Garrelt Duin um 0,5 Cent je Kilowattstunde | |
verteuern. Hier sind genaue Rechnungen aber erst möglich, wenn die | |
politischen Beschlüsse feststehen. | |
Dasselbe gilt für die milliardenschweren Rücklagen aus der EEG-Umlage. Die | |
Grünen-Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn fordert ihren Abbau zugunsten der | |
Stromkunden: „Die Verbraucher haben bis jetzt rund 2-3 Milliarden Euro zu | |
viel für den Ausbau der Erneuerbaren Energien bezahlt. Die entsprechende | |
Umlage ist künstlich zu hoch angesetzt worden und muss zeitnah sinken“, | |
sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Ob und wann die Bundesregierung das | |
tun wird und wie viel Strompreisersparnis das bringen könnte, ist | |
allerdings offen. | |
Gaskunden haben in den ersten sechs Monaten ebenfalls Geld gespart: Im | |
Schnitt sei das Gas in dem Zeitraum um rund 1,6 Prozent günstiger geworden. | |
Eine Durchschnittsfamilie mit 20 000 Kilowattstunden Jahresverbrauch und | |
rund 1300 Euro jährlichen Gaskosten spart dadurch gut 20 Euro. Nach den | |
Zahlen von Check24 liegt der Rückgang bei 1,9 Prozent. | |
## Wechseln lohnt sich | |
Das ist für den Energiefachmann Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale | |
NRW allerdings viel zu wenig Preisnachlass. „Die Einfuhrpreise sind wieder | |
auf das Niveau von 2010 gesunken“, sagt Sieverding. Damit wären nach seiner | |
Meinung rund 100 Euro Preissenkung pro Haushalt und Jahr drin. „Doch den | |
Großteil davon stecken sich bislang die Gasversorger selbst ein.“ Nur jeder | |
vierte der gut 700 Gas-Grundversorger habe bisher die Preise gesenkt, | |
obwohl die Beschaffung spürbar günstiger geworden sei, beklagt auch | |
Verivox. | |
RWE als ein großer Gasversorger ohne aktuelle Preissenkung weist diese | |
Kritik zurück: Der Gaspreis hänge schon lange nicht mehr so stark wie | |
früher am – stark gefallenen – Ölpreis. RWE sehe keine Tendenz zur breiten | |
Preissenkung am Markt, sagte ein Vertriebssprecher. Dass RWE die Gaspreise | |
über Jahre konstant halte, könne den Verbrauchern auch nützen – dann, wenn | |
es wieder Verteuerungen in der Beschaffung gebe, sagte er. | |
Trotz der leichten Preisentlastung für Gas und Strom lohnt sich der Wechsel | |
zu günstigeren Versorgern weiterhin. Der Preisabstand zwischen der teuren | |
Grundversorgung und besonders günstigen Tarifen hat sich sogar weiter | |
vergrößert, fanden beide Preisvergleichsportale heraus. Je nach Wohnort | |
können Verbraucher im Schnitt zwischen rund 150 Stromversorgern und 100 | |
Gasanbietern wählen – und mit einem Wechsel pro Jahr in manchen Fällen | |
mehrere hundert Euro sparen. | |
26 Jun 2015 | |
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