# taz.de -- Das Geschäft mit dem Erdgas: Kunden werden geschröpft | |
> Die Gasversorger geben die gesunkenen Einkaufspreise für Erdgas kaum an | |
> Privatkunden weiter. Dagegen hilft nur ein Wechsel des Anbieters. | |
Bild: Diese Flamme ist ein teures Vergnügen für den Kunden. | |
Berlin taz | Die deutschen Gasversorger haben im Jahr 2015 die deutlich | |
gesunkenen Erdgas-Einkaufspreise kaum an private Kunden weitergegeben. | |
Dadurch zahlt ein Durchschnittshaushalt jährlich 130 Euro zu viel – aber | |
die Gewinnmarge der Gaswirtschaft erhöhte sich um etwa 1,3 Milliarden Euro. | |
Das geht aus einer Untersuchung hervor, die die Grünen-Bundestagsfraktion | |
beim Energie-Informationsdienst EnergyComment in Auftrag gegeben hatte. | |
KundInnen sollten sich gegen die überhöhten Preise wehren, forderte die | |
stellvertretende grüne Fraktionsvorsitzende Bärbel Höhn: „Wenn nicht im | |
Laufe der nächsten Monate eine Preissenkung angekündigt wird, sollte man | |
einen Versorgerwechsel in Betracht ziehen.“ | |
Die Preise, die beim Erdgas-Import oder an Europas Gashandelspunkten | |
gezahlt werden müssen, sind in den letzten zweieinhalb Jahren um etwa ein | |
Drittel gefallen; pro Kilowattstunde machte das etwa einen Cent aus. | |
Während die Preissenkung an Industriekunden teilweise weitergegeben wurde, | |
kam bei den privaten VerbraucherInnen fast nichts an: Seit 2013 wurde eine | |
Kilowattstunde für sie nur um 0,2 Cent billiger. Die Netzentgelte, also die | |
Kosten für den Transport des Gases, blieben fast unverändert; auch die | |
Steuern sind gleich geblieben. Daher führt die Einsparung zu zusätzlichen | |
Gewinnen der Gaswirtschaft. | |
Die aber weist den Vorwurf zurück, sich auf Kosten der Kunden zu | |
bereichern. Viele Versorger würden sich nicht kurzfristig mit Gas | |
eindecken, sondern über langfristige Terminkontrakte. Hier seien die Preise | |
„weniger stark gesunken“ als auf dem Spotmarkt, so der Branchenverband | |
BDEW. | |
Dieses Argument überzeugt den Studienautor Steffen Bukold nicht. Wenn die | |
Versorger wirklich so langfristig einkauften, hätten sie ihre Preise vor | |
drei Jahren stark senken müssen, sagt er – was nicht geschehen ist. Und ein | |
zusätzlicher Gewinn auf Kosten der Verbraucher werde derzeit definitiv | |
gemacht: „Das Gas, das im Jahr 2015 in Deutschland verbraucht wurde, wurde | |
auch 2015 importiert, zu den aktuellen Preisen“, sagte Bukold der taz. | |
„Entweder haben die lokalen Versorger oder die Gashändler einen Extraprofit | |
gemacht.“ | |
Die Höhe dieser ungerechtfertigten Zusatzkosten schwankt regional. In | |
Baden-Württemberg zahlt ein Durchschnittshaushalt, der mit Gas heizt, rund | |
172 Euro pro Jahr zu viel. Auch Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und | |
Thüringen sind teuer. In Berlin gibt es hingegen keinen Aufschlag. | |
Grünen-Fraktionsvize Höhn hält die Preise für inakzeptabel und ruft | |
KundInnen zum Anbieterwechsel auf. „Die örtlichen Grundversorger senken | |
selten ihre Preise, weil immer noch verhältnismäßig wenige Kunden | |
wechseln.“ Tatsächlich beziehen mehr als 80 Prozent der Haushalte ihr Gas | |
vom lokalen Grundversorger. 24 Prozent zahlen dort auch den besonders hohen | |
Grundtarif, 57 Prozent haben einen günstigeren Sondervertrag abgeschlossen. | |
Nur 21 Prozent sind zu einem anderen Anbieter gewechselt, obwohl im Schnitt | |
65 zur Auswahl stehen. | |
28 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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