# taz.de -- Kommentar Aufrüstung der Ukraine: Ein Recht auf Waffen | |
> Ein souveräner, international anerkannter Staat hat die Pflicht, gegen | |
> Gewaltakteure vorzugehen. Wer dieses Recht abspricht, unterstützt | |
> Straflosigkeit. | |
Bild: Militärischer Stützpunkt der ukrainischen Armee westlich von Kiew. | |
Das Gewaltmonopol des Staates gehört zu den Grundlagen jeder | |
rechtsstaatlichen Ordnung. Ein souveräner, international anerkannter Staat | |
hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, gegen Gewaltakteure | |
vorzugehen, die auf seinem Territorium die Verfassungsordnung bekämpfen. Es | |
steht daher außer Frage, dass eine Regierung gegen bewaffnete Milizen auf | |
ihrem Staatsgebiet vorgehen darf, auch mit militärischen Mitteln – unter | |
Achtung des Rechts. | |
Das gilt für den Irak im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat | |
ebenso wie für Nigeria im Kampf gegen Boko Haram, Mexiko im Kampf gegen | |
Drogenkartelle und eben auch die Ukraine im Kampf gegen die sogenannten | |
Volksrepubliken. Wer Regierungen dieses Recht abspricht, hebelt die | |
Grundlagen der internationalen Staatenordnung aus und unterstützt | |
Straflosigkeit. Diese Selbstverständlichkeiten werden in der Diskussion um | |
mögliche Waffenlieferungen an die Ukraine oft vergessen. | |
Klar, wer prinzipiell gegen Waffenlieferungen ist, egal wo, wird auch | |
diesmal dagegen sein. Diese Haltung funktioniert aber nur so lange, wie man | |
sich keine konkreten Gedanken macht. Aufklärungs- und Waffensysteme, die | |
dazu dienen, die eigenen Streitkräfte und die Zivilbevölkerung besser vor | |
Angriffen zu schützen – von Aufklärungsdrohnen und Radarsystemen bis hin zu | |
Abwehrraketen – sind nicht gleichzusetzen mit Angriffswaffen zum Einsatz | |
gegen eine wehrlose Bevölkerung, von der Art, wie sie Russland an das | |
Regime in Syrien liefert. Die Art von Ausrüstung, um die in der aktuellen | |
Diskussion um die Ukraine gestritten wird, geht nicht substanziell über die | |
der UN-Blauhelme im Kongo hinaus. | |
Legitim ist die Sorge vor einer Eskalations- und Aufrüstungsspirale. Aber | |
im konkreten Fall ist sie unbegründet. Die Gewaltspirale entsteht aus dem | |
aktuellen militärischen Ungleichgewicht. Wenn das Ziel ist, in der Ukraine | |
eine politische Lösung zu finden, kann der Weg dahin nicht darin bestehen, | |
dass eine Seite – die Milizen im Osten – permanent von Moskau aufgerüstet | |
wird, die andere – die legitime Regierung – aber ohne Hilfe dasteht. Dieser | |
Weg führt nicht zu einer politischen Lösung, sondern begünstigt die | |
militärische Eskalation, die die Separatisten erklärtermaßen anstreben. | |
Eine politische Lösung in der Ostukraine wird erst möglich, wenn den | |
bewaffneten Gruppen der militärische Weg versperrt bleibt – also wenn die | |
Streitkräfte der Ukraine stark genug sind, jeden Angriff im Keim | |
abzuwehren. Dies ist nicht ausschließlich eine Frage der Ausrüstung. Aber | |
diese Frage gehört dazu. | |
6 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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