# taz.de -- Kommentar Diplomatieoffensive: Eine gute Reise | |
> Ein militärisches Eingreifen des Westens in der Ukraine ist abwegig. Umso | |
> wichtiger ist der Versuch, eine diplomatische Lösung zu finden. | |
Bild: Die Reisenden in Sachen Weltfriedenzu Besuch beim ukrainischen Präsident… | |
Es ist richtig, dass Angela Merkel das Gespräch wählt als strategische | |
Waffe. Es ist klug, dass die Bundeskanzlerin mit dem französischen | |
Präsidenten via Kiew nach Moskau reist, um Wladimir Putin zu treffen. | |
Diese diplomatische Blitzoffensive belegt vor allem aber eines: wie | |
gefährlich der Konflikt in der Ukraine mittlerweile geworden ist. Und wie | |
groß die Angst ist, dass sich der Konflikt so verschärft, dass am Ende die | |
Atommächte USA und Russland in eine militärische Konfrontation geraten | |
könnten. Und zwar mitten in Europa. | |
Die derzeitigen Diskussionen über die Lieferungen von US-Waffen an das | |
ukrainische Militär sind erste Vorboten. Man sollte sich nicht davon | |
täuschen lassen, dass Washington zurückgerudert ist und Präsident Obama | |
sich zunächst gegen jegliche militärische Unterstützung der Ukraine | |
ausgesprochen hat. | |
Die Vereinigten Staaten laufen sich für den kommenden | |
Präsidentschaftswahlkampf warm. Wir wissen nur zu gut, wie verführbar die | |
amerikanischen WählerInnen sind, wenn es um ein vermeintliches Niederringen | |
Russlands geht. | |
## Keine militärische Lösung | |
Wladimir Putin bricht das Völkerrecht. Er ist mit dafür verantwortlich, | |
dass täglich Menschen in der Ukraine ihr Leben verlieren, dass das Land | |
zerfällt und in den wirtschaftlichen Ruin getrieben wird. Daran besteht | |
kein Zweifel. | |
Muss der Westen auf diese Gewalt nicht mit Waffen antworten? Nein. Denn es | |
kann kaum gelingen, die zweitgrößte Atommacht Russland militärisch | |
niederzuringen. Oder nur, wenn man bereit ist, dafür schreckliches Leid in | |
unabsehbaren Dimensionen in Kauf zu nehmen. | |
Merkel indes hat schon in Davos den richtigen Ton gefunden, um den | |
Beziehungen zu Russland wieder eine Perspektive zu geben. Wenn sie | |
gemeinsam mit Hollande mit Putin spricht, wird es darum gehen, langfristige | |
wirtschaftliche Perspektiven zu entwickeln, an denen auch der russische | |
Präsident ein Interesse hat. Die Sanktionen zeitigen ja Wirkung, Putin kann | |
sich weder finanziell noch politisch einen auf Dauer angelegten Konflikt in | |
der Ukraine leisten. | |
Das mag dem Gerechtigkeitssinn widerstreben sowie dem Bedürfnis, Putin in | |
die Verantwortung zu nehmen. Aber es gibt keine Alternative dazu, wieder zu | |
einer friedlichen Koexistenz zurückzufinden. Es muss ein Weg gefunden | |
werden, an dem beide Seiten eine Interesse haben. | |
## Zweckdienlichkeit statt Vertrauen | |
Die Hoffnung, dass Russland ein befreundeter Partner sein kann, ist bereits | |
auf lange Sicht zerstört. Aber es gibt auch Verhältnisse, die nicht auf | |
Vertrauen, sondern auf Zweckdienlichkeit gebaut sind, darauf, dass beide | |
Seiten wissen, das sie in der Summe davon profitieren. | |
Es war insofern ein Fehler, die deutsch-russischen Konsultationen im | |
vergangenen Jahr auszusetzen und damit das Gespräch aus strategischen | |
Gründen abzubrechen. Umso richtiger ist die Geste, die Merkels Besuch in | |
Moskau – vor ihrem Besuch in Washington – auch ist. Es ist kein Zeichen von | |
Schwäche, alles zu versuchen, um eine weitere militärische Eskalation zu | |
verhindern. Im Gegenteil. Es ist ein Zeichen von Stärke und Besonnenheit. | |
Eigenschaften, die jetzt gefragt sind. Eigenschaften, die Angela Merkel in | |
diesen Tagen einmal mehr unter Beweis stellt. | |
5 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Ines Pohl | |
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