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# taz.de -- Sicherheitskonferenz in München: Führung – aber ohne Pickelhaube
> Ursula von der Leyen betont Deutschlands Bereitschaft zur Übernahme von
> mehr Verantwortung. Die Bevölkerung sehe das aber „zurückhaltender“.
Bild: Garantiert ohne Pickelhaube, grad in München: Bundesverteidigungsministe…
MÜNCHEN taz | Zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz (SiKo) hat die
deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die gewachsene
Bedeutung Deutschlands herausgestellt. „Ja, wir sind bereit“, antwortete
sie auf die Frage nach einer stärkeren internationalen Führungsrolle der
Bundesrepublik. „Fragt man die deutsche Bevölkerung, fällt die Antwort
zurückhaltender aus“, räumte von der Leyen bei ihrer Rede im „Bayrischen
Hof“ ein.
Unter Führung verstehe sie jedoch „nicht Dominanz gegenüber unseren
Nachbarn“. Es gehe nicht um „das Führen mit Pickelhaube“, sagte die
Ministerin. „Es ist die Führung aus der Mitte.“ Dazu gehöre die unbedingte
Bereitschaft, gemeinsam zu analysieren und zu entscheiden. „Keine Nation
allein – nicht mal die größte – hat die Mittel, heutzutage Konflikte auf
Dauer erfolgreich zu lösen“, sagte sie.
Angesicht der deutschen Geschichte habe die Bundesrepublik eine moralische
Verpflichtung, „mit aller Kraft“ für die Verteidigung der universellen
Menschenrechte einzustehen. Das könne „nicht nur den anderen überlassen
werden“. Damit sei nicht nur mehr Verantwortung auf dem diplomatischen
Parkett gemeint. „Das kann auch bedeuten, gemeinsam zu kämpfen.“
Von der Leyen zeigte sich äußerst besorgt über den „hybrid geführten Krie…
in der Ukraine. Erneut sprach sie sich gegen Waffenlieferungen an die
ukrainische Regierung aus. „Es sind schon jetzt viel zu viele Waffen in der
Region“, sagte sie. Das „brandgefährliche Eskalationspotential“ müsse
gesehen werden. Stattdessen sprach sie sich weiter für diplomatische
Verhandlungen, aber auch für wirtschaftliche Sanktionen aus. Die seien dort
„notwendig, wo es keine militärische Lösung geben darf“.
## Lösung für die Ukraine gesucht
Die Lage in der Ukraine sei „sehr ernst“ und zeige, „wie sehr sich das
Sicherheitsumfeld gewandelt hat“, sagte Nato-Generalsekretär Jens
Stoltenberg. Russland trage Verantwortung für die derzeit gefährliche Lage.
„Die Nato wünscht sich keine Konfrontation mit Russland“, versicherte er.
„Der Kalte Krieg ist Geschichte, und so sollte es auch bleiben.“ Aber
Russland müsse das Völkerrecht einhalten und seinen internationalen
Verpflichtungen nachkommen.
Zuvor hatte zur Eröffnung der SiKo Tagungsleiter Wolfgang Ischinger den
Konflikt in der Ukraine als die „ernsteste Sicherheitskrise seit dem
Zusammenbruch der Sowjetunion“ bezeichnet. Deswegen werde die Suche nach
Lösungswegen „das Herzstück unserer Gespräche“ auf der Konferenz sein.
Der Krieg in der Ukraine wirft einen großen Schatten über die diesjährige
SiKo. Er ist das beinahe alles bestimmende Thema auf den Fluren und Gängen.
Offiziell auf der Tagesordnung steht er am Samstag. Mit Spannung erwartet
werden die Auftritte des US-amerikanischen Vizepräsidenten Joe Biden und
des russischen Außenministers Sergej Lawrow, die nacheinander ans
Rednerpult treten werden.
Angela Merkel dürfte über ihre Krisenmission in Kiew und Moskau berichten.
Anschließend wird der ukrainische Präsident Petro Petroschenko auf dem
Podium Platz nehmen, neben weiteren Präsidenten europäischer
Anrainerstaaten Russlands und der Ukraine.
## Türkei kommt nicht
Nicht minder konfliktträchtig dürfte die Diskussion über die explosive
Situation im Mittleren Osten am Sonntagvormittag sein. Als Redner
angekündigt ist unter anderem der iranische Außenminister Muhammad Zarif.
Nicht dabei sein wird hingegen der türkische Außenminister Mevlüt
Cavusoglu. Der AKP-Politiker sagte kurz vor Konferenzbeginn seine Teilnahme
ab. Laut einer Meldung der offiziellen türkischen Nachrichtenagentur
Anadolu nannte Cavusoglu als Begründung die angekündigte Anwesenheit eines
Vertreters Israels im Saal. Die israelische Regierung wird auf der
Konferenz von Yuval Steinitz repräsentiert, dem Minister für internationale
Beziehungen.
Insgesamt rund 400 Gäste stehen auf der Teilnehmerliste der illustren
Veranstaltung, darunter knapp 20 Staats- und Regierungschefs sowie etwa 60
Außen- und Verteidigungsminister.
Jenseits des offiziellen Programms sind zahlreiche bilaterale Gespräche
geplant. So kündigte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier an,
sich am Rande der Konferenz unter anderem mit seinen Amtskollegen aus den
USA, Russland und dem Iran zu treffen. Hochrangige Militärs sind ebenso auf
er SiKo vertreten wie hochkarätige Konzernmanager. Speziell für die
Rüstungsindustrie ist die Siko stets ein guter Ort zur Geschäftsanbahnung.
So gehören Waffenschmieden wie Krauss-Maffei Wegmann, MBDA oder Lockeed
Martin zu den Sponsoren.
## „Medienwirksames Propagandaforum“
Für den Samstag sind auch zahlreiche Protestaktionen geplant, darunter ein
Autocorso „Gegen den russischen Terror in der Ukraine“ und eine
Solidaritätskundgebung von Kurden für den Präsidenten der Autonomen Region
Kurdistan, Mesud Barzani.
Die größte Veranstaltung dürfte wie in den vergangenen Jahren allerdings
die Demonstration des „Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz“
sein. Die Organisatoren, die mit mehreren tausend Teilnehmern rechnen,
kritisieren die SiKo als „medienwirksames Propaganda-Forum zur
Rechtfertigung der Nato, ihrer Milliarden-Rüstungsausgaben und ihrer auf
Lügen aufgebauten völkerrechtswidrigen Kriegseinsätze, die der Bevölkerung
als ‚humanitäre Interventionen' verkauft werden“.
Tagungleiter Ischinger hört das nicht gerne. Er verweist lieber darauf,
dass in das Haupt- und Rahmenprogramm in den vergangenen Jahren zunehmend
zivilgesellschaftliche Organisationen wie Greenpeace, Transparency
International, Human Rights Watch oder das Forum Ziviler Friedensdienst
einbezogen worden seien. So debattiere in diesem Jahr etwa der
Generalsekretär von Amnesty International, Salil Shetty, im Plenum mit
Entscheidungsträgern wie dem italienischen Außenminister Paolo Gentiloni
über die globale Flüchtlingskrise. Angesetzt wurde der Tagesordnungspunkt
mit dem Titel „The Refugee Catastrophe“ für den späten Freitagabend. Das
Thema Flüchtlinge ist auf der Siko im wahrsten Sinne des Wortes ein
randständiges Thema.
6 Feb 2015
## AUTOREN
Pascal Beucker
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Israel
Ukraine
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