# taz.de -- Kommentar Wahl in Hamburg: Ein Sieg der SPD, mit Merkels Mitteln | |
> Der Wahlerfolg von Olaf Scholz ist auf eine Art Mimesis zurückzuführen. | |
> Er fährt eine Politik, wie sie nur die Kanzlerin beherrscht. | |
Bild: Der Stratege der Mimesis: SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz. | |
Warum hat Olaf Scholz diese Wahl gewonnen? Er wirkt sachlich, verbindlich, | |
wirtschaftsnah – und charismafrei, genau wie die Kanzlerin. Und das erklärt | |
wohl einiges. Auch Scholz achtet darauf, sich bloß nie zu weit von der | |
Mitte zu entfernen. So hat der SPD-Rechte so traditionelle CDU-Themen wie | |
Wirtschaft und innere Sicherheit gekapert. Und es gibt noch eine | |
Verwandtschaft zwischen dem Hamburger Bürgermeister und der Kanzlerin: | |
Beide inszenieren Politik als Dienstleistung, als gute Verwaltung. Offenbar | |
liest man das heutzutage nicht als Kapitulationserklärung der Politik, | |
sondern als Zeichen von Selbstbeschränkung und Bescheidenheit. | |
Als politische Metapher gelesen zeigt Scholz’ Erfolg, dass die Partei der | |
Kanzlerin nur per Mimesis zu schlagen ist. Nur mit Merkel gewinnt man gegen | |
Merkel. Der Kollateralschaden dieses politischen Stils ist in Berlin und | |
Hamburg auch ähnlich: eine weitgehende Entpolitisierung. Wahlkämpfe in den | |
Ländern haben oft etwas Bemühtes. Die Spielräume sind in Zeiten der | |
Schuldenbremse und Konsenssuche in der Schulpolitik begrenzt. Doch ein | |
derartig leeres Spektakel wie in Hamburg hat man selten gesehen. | |
Was ist von Wahlen zu halten, in denen die Erweiterung von Busspuren noch | |
zu den brisanteren Themen gehört? Die FDP hat erst gar nicht versucht so zu | |
tun, als wolle sie etwas – außer in die Bürgerschaft zu kommen. Dass die | |
Liberalen damit auch noch Erfolg haben, ist eine ironische Pointe – und | |
Zeichen für die Verwandlung klassischer Interessenvertretung in | |
postpolitische Simulation. Ein Indiz für die Rettung der FDP ist das | |
jedenfalls noch nicht. Vorsichtig sollte man auch mit der Klage über die | |
gestiegene Wahlabstinenz sein: Wenn die Politik nur noch ungefähr angeben | |
kann, worum es geht, darf man sich über das stumme Publikum nicht wundern. | |
Dass die CDU in der Elbmetropole derart massiv verloren hat, fügt sich in | |
ein größeres Bild. In keiner der zehn größten deutschen Städte regiert ein | |
Christdemokrat. Das hat etwas Paradoxes: Denn die CDU hat sich unter Merkel | |
dem liberalen, ökologischen, urbanen Bürgertum geöffnet und auch deshalb im | |
Bund 2013 gesiegt. Doch vor Ort ist die CDU wieder dort angekommen, wo sie | |
vor Merkels Bewegung auf die städtische Klientel hin war: in der | |
Opposition. | |
Kann, muss die Bundes-SPD nun von Scholz für 2017 lernen? Eher nicht. Der | |
Sieg durch Nachahmung funktioniert nur, wenn man schon regiert. Aus der | |
Opposition die Regierung zu imitieren ist meist weniger ratsam. | |
15 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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