# taz.de -- AfD nach der Wahl in Hamburg: Die rabiate Mitte in der Bürgerschaft | |
> Die AfD zieht mit 6,1 Prozent in die Bürgerschaft ein. Dort dürfte sie | |
> stramm rechte Töne anschlagen. Das zeigte sich schon am Wahlabend. | |
Bild: Der Spitzenkandidat der Hamburger AfD freut sich: Jörn Kruse | |
HAMBURG taz | Sie feierten im Souterrain des Gebäudes, in das sie nun | |
einziehen: An die 150 AfD-Mitglieder und Freunde warteten mit dem | |
Spitzenkandidaten Jörn Kruse im Restaurant „Parlament“ in der Hamburger | |
Bürgerschaft gespannt auf die ersten Hochrechungen. Um 18 Uhr stand fest: | |
Die AfD darf weiter oben einziehen, die Hochrechung von 5,5 Prozent löste | |
Jubel aus. „AfD, AfD!“, skandierten sie, und „Kruse, Kruse!“. | |
Acht AfD-Abgeordnete werden nun in die Hamburger Bürgerschaft einziehen | |
(laut [1][offiziellem Wahlergebnis]), darunter Leute wie Bernd Baumann, | |
stellvertretender Landesvorsitzer. Der hatte sich seit Wochen bemüht, | |
seriös aufzutreten, hatte zuvor allerdings schon schwadroniert, dass | |
afrikanische Einwanderer Ebola nach Deutschland einschleppen könnten, und | |
Dinge [2][von sich gegeben wie]: „Die linke Gewalt zieht sich wie eine | |
Blutspur durch die Stadt“. | |
Am Wahlabend wollten nicht alle mit der taz reden. Auch Peter-Paul | |
Lorkowski zögerte und gab nur zögerlich sein Statement ab: „Der Einzug ist | |
der Erfolg, alles über 5 Prozent macht es nur noch besser.“ Die | |
Schill-Vergangenheit dürfte nachwirken. Für die rechtspopulistische Partei | |
des ehemaligen „Richter Gnadenlos“, Ronald Schill, saß der frisch gewählte | |
Abgeordnete schon einmal in der Bürgerschaft. Nach dem Zögern tönte er, | |
dass er „König Scholz“ wegen der mangelnden Inneren Sicherheit angehen | |
wolle. Die Polizei müsse aufgestockt werden, aber auch moralisch mehr | |
Rückhalt aus der Politik bekommen. | |
Im AfD-Landesverband mit 510 Mitgliedern war die Schill-Mitgliedschaft nur | |
kurz umstritten gewesen. Der Landesvorsitzende Kruse setzte schnell ein | |
Signal und unterstützte die Kandidatur von Dirk Nockemann für Listenplatz | |
3. Der machte dann auch da weiter, wo er damals aufgehört hatte. Im | |
Wahlkampf sprach der ehemalige Schill-Parteifunktionär und kurzzeitige | |
Innensenator von „gleichgeschalteten Feministen“ und bezeichnete Hamburg | |
als „Hauptstadt des Linksextremismus“. | |
## Alte Bekannte aus rechten Strukturen | |
Ebenfalls auf der Wahlfeier: ein [3][Alter Herr der rechtsextremen | |
Burschenschaft Danubia]. Händeschüttelnd ging Alexander Wolf durch den | |
Saal. Er wird einer der Nachrücker in der AfD-Fraktion sein. Im Wahlkampf | |
schimpfte er gegen die „Political Correctness“, erklärte, „Deutschland i… | |
kein Einwanderungsland“, und war sich sicher, dass „Multikulti“ dazu füh… | |
den deutschen Nationalstaat aufzulösen. | |
Keine Chance auf ein Bürgerschaftsmandat dürfte Jens Eckleben haben. Der | |
frühere Landvorsitzende der radikal-antiislamischen Partei „Die Freiheit“, | |
der versprach gegen die „politische Korrektheit“ und „Genderideologie“ | |
anzugehen, kandidierte auf Listenplatz 14. | |
Ähnlich äußerte sich der Landesvorsitzende Kruse. Auch er benutzte im | |
Wahlkampf immer wieder das Wort „seriös“. Er sprach davon, „primär dem | |
gesunden Menschenverstand verpflichtet“ zu sein, hielt nichts von dem | |
„allgemeinen Multikulti-Gerede“ und nannte [4][bei einem | |
Wahlkampf-Auftritt] vollverschleierte Muslimas „schwarze Monster“. | |
## Im Westen angekommen | |
Im Wahlkampf hatte Kruse vor zu hohen Erwartungen gewarnt. Zweistellig wie | |
im Osten würde es wohl nicht werden. Es gebe keine Wechselstimmung, der | |
Mittelstand sei „grün-alternativ“, sagte Kruse auch am Wahlabend öfters. | |
Auch die ersten Analysen zur Bürgerschaftswahl bestätigten, dass von Grünen | |
und Linkspartei kaum Stimmen kamen. Im Vorfeld hatte die AfD einen massiven | |
Wahlkampf geführt. Sie setzten 12.000 Plakate, 188 Großplakate, 80 | |
Groß-Licht-Plakate und 40.000 Flyer ein, dazu Wahlzeitungen und Anzeigen. | |
Doch die AfD ist nun im Westen angekommen, bestätigte der Europaabgeordnete | |
und Bundesvize der AfD, Hans-Olaf Henkel: „Wir erscheinen wie eine | |
Ostpartei“, sagte er und räumte ein, dass die Verbände dort rechter seien. | |
Henkel hatte im Wahlkampf eine leicht andere Botschaft versucht zu | |
verbreiten. Die AfD an der Elbe sei hanseatisch, weltoffen und liberal. | |
Anti-AfD-Demonstranten seien von den Medien verführt. | |
Nun wähnt er sich auf der Erfolgsspur: „Wenn wir den Einzug in die | |
Bürgerschaft schaffen, schaffen wir es überall in Deutschland“. Ob das so | |
eintrifft, wird die Zukunft zeigen. Tatsache ist, dass seine Aussage, man | |
hätte bei weniger Nähe zu Pegida noch mehr Zuspruch erhalten können, | |
bereits Streit in der AfD auslöste. | |
16 Feb 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.hamburg.de/buergerschaftswahl/4453452/wahlergebnisse/ | |
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[3] /Kandidat-der-Hamburger-AfD/!154646/ | |
[4] /AfD-bei-der-Buergerschaftswahl/!152604/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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