# taz.de -- Kommentar Grüne in Hessen und NSU: Ein Stich ins Herz der Opfer | |
> Der Elan der hessischen Grünen, Aufklärung in den Skandal zu bringen, | |
> lahmt, seitdem sie dort mit der CDU regieren. Das ist mehr als nur | |
> peinlich. | |
Bild: Ungeklärt: die Umstände des Mordes an Halit Yozgat in 2006 in Kassel | |
Verfassungsschützer in Thüringen warnten gesuchte Neonazis, etwa den gut | |
bezahlten V-Mann Tino Brandt, offenbar vor Polizeizugriffen. Als 1998 die | |
Bombenwerkstatt der drei späteren NSU-Täter durchsucht werden sollte, war | |
der Zugriff so dilettantisch, dass Uwe Böhnhardt entkam. Unklar ist auch | |
der Mord in Kassel 2006, bei dem, seltsamer Zufall, ein Verfassungsschützer | |
zugegen war, der allerdings nichts mitbekommen haben will. | |
Das sind drei Schlaglichter, die zeigen, wie manche Behörden in der | |
NSU-Affäre agierten. Das Trio blieb zehn Jahre lang unbehelligt. Die | |
Sicherheitsbehörden suchten Täter ausschließlich im Umfeld der Opfer – und | |
kamen einfach nicht auf die Idee, mal bei Neonazis nachzuschauen. Doch es | |
geht um mehr als Unfähigkeit und subtilen Rassismus – es geht um den | |
Graubereich zwischen Schlampigkeit und regelrechter Vertuschung. | |
Das ist keine wilde Verschwörungsthese. Es steht so in dem Bericht des | |
Erfurter Untersuchungsausschusses 2014. Demnach gab es, so die Auffassung | |
von Linkspartei bis zur CDU, eine „Begünstigung durch den | |
Verfassungsschutz“, bis hin zum „Verdacht gezielter Sabotage“. Der | |
NSU-Skandal ist, sogar in der an Affären reichen Geschichte des | |
Verfassungsschutzes, einmalig. In Thüringen ist das Bild trübe. Aber, siehe | |
Kassel 2006, nicht nur dort. | |
Doch in Hessen kommt der Untersuchungsausschuss nur schwer voran. | |
CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier war damals Innenminister und hat | |
damals, freundlich gesagt, nicht viel getan, um die Aufklärung zu | |
befördern. | |
Der Elan der hessischen Grünen, die lange Licht ins Dunkel bringen wollten, | |
ist pünktlich erlahmt, seit sie in Wiesbaden mit der CDU regieren. Die | |
Grünen haben, aus Koalitionsräson, auch nicht für die Einsetzung des | |
Untersuchungsausschusses gestimmt. Das ist gerade für eine Partei, die | |
Moral auf ihre Fahne schreibt, peinlich. | |
Und es geht auch um Moral. Gerade angesichts der desaströsen Rolle der | |
Behörden in der NSU-Affäre gibt es die Pflicht, alles zu tun, was der | |
Aufklärung dient – egal ob es politisch passt oder nicht. Denn für die | |
Angehörigen der Opfer „ist jede geschredderte Akte, jede mit Geheimschutz | |
begründete Aktenschwärzung, jeder verhinderte Zeuge ein weiterer Stich ins | |
Herz“. Kluge Worte. Sie stammen von Cem Özdemir, Parteichef der Grünen. | |
Gelten sie nicht in Wiesbaden? | |
19 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
Grüne | |
Hessen | |
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) | |
V-Leute | |
V-Leute | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
Grüne | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
Nebenkläger | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Verfassungsschutz in Thüringen: Landesregierung schaltet V-Leute ab | |
Der Innenminister Thüringens setzt den Koalitionsvertrag um und beendet das | |
umstrittene V-Leute-System. Die Opposition hält das für „gefährlich und | |
lebensfremd“. | |
Katharina König über NSU-Aufklärung: „Wir wollen an die V-Leute ran“ | |
In Thüringen wird ein zweiter Untersuchungsausschuss eingesetzt. Er | |
beleuchtet den Tag, an dem das NSU-Terror-Trio aufflog. | |
Kommentar Verfassungsschutz und NSU: Ungeheuerlicher Verdacht | |
Der Verdacht der Vertuschung von NSU-Verstrickungen in Hessen wiegt schwer. | |
Er wird ein Härtetest für die Koalition aus CDU und Grünen. | |
Verfassungsschutz und NSU-Mord: „Bitte nicht vorbeifahren“ | |
Es gibt neue Indizien für Mitwisserschaft der Verfassungsschützer beim | |
NSU-Mord in Kassel. Die Grünen-Spitze drängt auf Aufklärung in Hessen. | |
NSU-Affäre in Baden-Württemberg: Selbstreinigung kann beginnen | |
Zwei Rechtsextremismus-Experten sagen vor dem Untersuchungsausschuss in | |
Stuttgart aus. Dort herrscht plötzlich Aufklärungswille. | |
Offener Brief linker Grüner: Basis warnt vor Rechtsdrall | |
In einem offenen Brief an die Grünen-Spitze fordern linke Grüne einen | |
stärkeren Fokus auf die soziale Frage. Sie sehen die Partei nach rechts | |
abdriften. | |
Ströbele über NSU-Auflklärung in Hessen: „Es gibt viele offene Fragen“ | |
Die Grünen in Hessen blicken skeptisch auf den dortigen | |
NSU-Untersuchungsausschuss. Hans-Christian Ströbele widerspricht seinen | |
Parteifreunden. | |
NSU-Aufklärung in Hessen: Schwarz-grüne Nebelkerzen | |
Ein Untersuchungsausschuss in Wiesbaden soll den NSU-Skandal aufklären. | |
Aber dafür interessieren sich die dortigen Koalitionspartner nur bedingt. | |
Kosten des NSU-Prozesses: Da geht es hin, das liebe Geld | |
Die Verhandlung der Verbrechen der rechtsextremen Terrorzelle NSU hat | |
bereits fast 30 Millionen Euro gekostet. Jeder weitere Tag: 150.000 Euro. | |
Ausschuss in Baden-Württemberg: Viele offene Fragen zum NSU | |
Arbeitete der NSU wirklich nur zu dritt? Die Journalisten Stefan Aust und | |
Dirk Laabs bezweifeln das in einer Befragung. |