| # taz.de -- NSU-Affäre in Baden-Württemberg: Selbstreinigung kann beginnen | |
| > Zwei Rechtsextremismus-Experten sagen vor dem Untersuchungsausschuss in | |
| > Stuttgart aus. Dort herrscht plötzlich Aufklärungswille. | |
| Bild: Spurensicherung in Bad Cannstatt: Der Wagen, in dem ein potenzieller Zeug… | |
| STUTTGART taz | „Das kann ein ernsthafter Versuch werden“, sagt Hajo Funke | |
| nach seiner Anhörung vor dem NSU-Untersuchungsausschuss in | |
| Baden-Württemberg. Dort war er am Freitag als Sachverständiger geladen. | |
| Tags zuvor hatte er im NSU-Untersuchungsausschuss in Hessen gesprochen. | |
| „Bis gestern habe ich gedacht, dass Baden-Württemberg das schwierigste | |
| Pflaster ist“, sagte Funke am Freitag. Doch in Baden-Württemberg habe er zu | |
| seiner Überraschung eine größere Bereitschaft verspürt, noch offene Fragen | |
| zu klären, als zuvor im schwarz-grün regierten Hessen. | |
| Die SPD-Fraktion in Baden-Württemberg, Koalitionspartner der Grünen, hatte | |
| sich lange gegen einen Untersuchungsausschuss gewehrt. Nachdem eine | |
| Enquete-Kommission zum Thema wegen einer Gutachtenaffäre bei den Grünen | |
| gescheitert ist, einigten sich alle Fraktionen aber doch darauf. Anfang | |
| Januar nahm der Ausschuss unter dem Vorsitz des SPD-Abgeordneten Wofgang | |
| Drexler die Arbeit auf. | |
| Dabei geht es um „die Aufarbeitung der Kontakte und Aktivitäten des | |
| Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und die | |
| Umstände der Ermordung der Polizeibeamtin M. K.“ – gemeint ist Michelle | |
| Kiesewetter, die in Heilbronn aus bislang noch ungeklärten Gründen von den | |
| NSU-Terroristen erschossen wurde. | |
| ## Der lange Weg zur Aufarbeitung | |
| Baden-Württemberg sei „der zweitwichtigste Standort des NSU“, davon ist der | |
| Politologe Funke überzeugt. Dass ausgerechnet dort die parlamentarische | |
| Kontrolle der NSU-Ermittlungen nicht in Gang kam ärgerte ihn deshalb | |
| besonders. | |
| [1][In einem offenen Brief] an Ministerpräsident Winfried Kretschmann | |
| (Grüne) schrieb er, die Enquetekommission habe einer Farce geglichen, und | |
| forderte die „Selbstreinigung des baden-württembergischen Staatsapparats“. | |
| Am Freitag lobte Funke den Ausschuss ausdrücklich. „Ich habe jetzt den | |
| Eindruck, dass sie es wirklich wissen wollen.“ | |
| Er nehme seine Kritik zwar nicht zurück, aber der Vorsitzende Drexler habe | |
| ihn mit seinem unbedingten Aufklärungswillen überzeugt. Offenbar habe er | |
| auch die Kompetenz, schnell Akten zu beschaffen, was bisher in | |
| Baden-Württemberg eher zäh gewesen sei. | |
| ## Der rästelhafte Tod des Florian H. | |
| Außer Funke hatte auch die taz-Journalistin Andrea Röpke vor dem Ausschuss | |
| gesprochen und etliche offene Fragen angesprochen. Dazu gehört der Fall | |
| Florian Heilig (21), mit dem sich der Stuttgarter Ausschuss ab seiner | |
| nächsten Sitzung beschäftigen wird. Der Mann aus Eppingen bei Heilbronn | |
| hatte sich schon vor dem Auffliegen des NSU damit gebrüstet, er wisse, wer | |
| die Polizistenmörder von Heilbronn seien. | |
| LKA-Mitarbeiter wollten sich am 16. September mit ihm treffen. Doch wenige | |
| Stunden zuvor verbrannte Heilig in seinem Auto auf der Zufahrt zu einem | |
| Campingplatz in Stuttgart-Bad Cannstatt. Es ist einer der rätselhaften | |
| Todesfälle im NSU-Umfeld. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Selbstmord | |
| aus. Doch Akten des Aussteigerprojektes Big Rex sollen belegen, dass Heilig | |
| die rechte Szene verlassen wollte. Womöglich wurde aus der rechten Szene | |
| heraus Druck auf ihn ausgeübt. | |
| Ein Anruf am Tag vor seinem Tod soll ihn in tiefe Verzweiflung gestürzt | |
| haben, berichtet Funke, der mit Heiligs Familie sprechen konnte. Er geht | |
| davon aus, dass Heilig in den Tod getrieben oder ermordet wurde. „Wenn man | |
| den Fall klären könnte, wäre schon viel gewonnen“, sagt Funke. Die Akten zu | |
| dem Fall sollen dem Ausschuss bereits vorliegen. | |
| Anschließend wartet ein noch größerer Brocken: Die Untersuchung des | |
| Polizistenmordes in Heilbronn. Dazu wird der Ausschuss Akten vom | |
| Oberlandesgericht München erhalten. Auch die habe bislang, so heißt es in | |
| Stuttgart, noch kein Untersuchungsausschuss gesehen. | |
| 20 Feb 2015 | |
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| ## AUTOREN | |
| Lena Müssigmann | |
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