# taz.de -- Anschlag in Tunesien: Geiselnahme und Tote in Tunis | |
> In der tunesischen Hauptstadt ist ein Anschlag verübt worden. Nach einer | |
> Schießerei wurden Geiseln genommen. 21 Menschen kamen ums Leben. | |
Bild: Im Einsatz: Sicherheitskräfte an den Mauern des Bardo-Museums. | |
MADRID taz | Mindestens drei mit Schnellfeuergewehren bewaffnete Männer | |
haben am Mittwoch um 12.30 Uhr das Nationalmuseum von Bardo in der | |
tunesischen Hauptstadt Tunis angegriffen. Nach Angaben des | |
Innenministeriums kamen dabei 21 Menschen ums Leben. Es soll sich um 17 | |
Touristen und um einen Einheimischen handeln. Die Nationalität der | |
ausländischen Opfer war zunächst nicht bekannt. | |
Mindestens zwei der Täter sollen sich im Museum verschanzt und dort | |
Touristen als Geisel genommen haben. Laut Fernsehberichten beendete die | |
Polizei die Geiselnahme gegen 15.30 Uhr. Dabei seien zwei Geiselnehmer und | |
ein Polizeibeamter ums Leben gekommen. Das Innenministerium bestätigte dies | |
zunächst nicht. Was aus dem dritten Angreifer geworden ist, wurde ebenfalls | |
noch nicht bekannt. Das staatliche tunesische Fernsehen zeigte Live-Bilder | |
von bewaffnet Sicherheitskräften, die Besuchern zur Flucht aus dem Museum | |
verhalfen. Bei Redaktionsschluss war das Museum von schwerbewaffneten | |
Sicherheitskräften umstellt. | |
Laut Gesundheitsministerium sollen mindestens acht Menschen verletzt worden | |
sein. Darunter befinden sich laut Auskünften aus Warschau drei Polen. Die | |
italienische Nachrichtenagentur Ansa spricht außerdem von zwei verletzten | |
Italienern. Das Auswärtige Amt bemühe sich um Aufklärung, ob auch Deutsche | |
betroffen seien, sagte ein Sprecher in Berlin. | |
Das Nationalmuseum von Bardo beheimatet eine der wichtigsten | |
archäologischen Sammlungen Nordafrikas und die größte Sammlung römischer | |
Mosaike außerhalb Italiens. Es liegt direkt neben dem tunesischen | |
Parlamentsgebäude. Bis zu Redaktionsschluss war die Lage völlig | |
unübersichtlich. Augenzeugen berichten von drei Männern in Tarnanzügen und | |
mit Rucksäcken. Sie seien „mit Kalaschnikows bewaffnet“ gewesen, erklärte | |
ein Sprecher des Innenministeriums. Augenzeugen berichten zudem, dass sie | |
keinen Bart getragen hätten. | |
Unklar blieb zunächst, ob sie direkt das Museum im Visier hatten, wie | |
einige Augenzeugen gegenüber lokalen Radiosendern berichteten, oder ob es | |
zuvor zu einer ersten Schießerei auf dem Platz vor Museum und Parlament | |
gekommen war, als die Angreifer versuchten, das Parlament zu stürmen. | |
## Schwere Folgen für Tunesien | |
Der Anschlag wird schwere Folgen für Tunesien haben. Das Land lebt unter | |
anderem vom Tourismus. Bisher galt Tunesien, in dem Ende 2010 der Arabische | |
Frühling begann und zum Sturz des langjährigen Diktators Zine el-Abidine | |
Ben Ali am 14. Januar 2011 führte, als weitgehend ruhig. Tunesien hatte | |
Ende 2014 auf Grundlage der neuen Verfassung Parlament, Regierung und | |
Staatspräsident gewählt. Der Übergang zur Demokratie galt als exemplarisch | |
für die arabische Welt. | |
Der Anschlag dürfte jetzt zu einer Stornierungswelle von Urlaubern führen – | |
nur wenige Tage, ehe das Ostergeschäft beginnt. Nächste Woche versammeln | |
sich außerdem Hunderte von Aktivisten aus aller Welt zum Weltsozialforum in | |
Tunis. | |
## Es brodelt schon länger | |
Trotz der vermeintlichen Ruhe brodelt es schon länger in Tunesien. Radikale | |
Islamisten griffen während einer Demonstration im September 2012 die | |
US-Botschaft in Tunis an. 2013 wurden zwei Oppositionspolitiker ermordet. | |
Auch sind seit mehr als zwei Jahren bewaffnete Gruppen im Landesinneren, | |
unweit der algerischen Grenze aktiv. | |
Tunesien ist eines der Länder, aus denen die meisten jungen Menschen | |
Richtung Syrien, Libyen und den Irak ausreisten, um sich radikalen Milizen | |
anzuschließen. Presse und Behörden sprechen von 2.500 bis 3.000 Kämpfern. | |
Einige von ihnen sollen nach intensiver Ausbildung und Kampfeinsätzen in | |
ihre Heimat zurückgekehrt sein. | |
18 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
## TAGS | |
Bardo Museum | |
Parlament | |
Anschlag | |
Tunesien | |
Weltsozialforum | |
Attentat | |
„Islamischer Staat“ (IS) | |
„Islamischer Staat“ (IS) | |
Tourismus | |
Geheimdienst | |
„Islamischer Staat“ (IS) | |
al-Qaida | |
Béji Caïd Essebsi | |
Islamismus | |
Tunesien | |
Tunesien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Weltsozialforum in Tunesien: Am Ende bleibt die Sinnfrage | |
Etwa 40.000 Teilnehmer diskutieren Migrationspolitik, Menschenrechte und | |
Klimwandel. Aber auch die Frage, ob sich das Sozialforum erneuern muss. | |
Weltsozialforum in Tunesien: Sicherheit wird zum Thema | |
Zum zweiten Mal in Folge tagen Globalisierungskritiker aus aller Welt in | |
Tunis. Das Treffen steht unter dem Eindruck des Anschlags auf das | |
Bardo-Museum. | |
Terrorismus in Tunesien: Per Dschihad-Route nach Hause | |
Der Frust der Jugend Tunesiens ist heute ähnlich groß wie vor dem | |
Arabischen Frühling. Statt in Syrien kämpft der Dschihadist jetzt im | |
eigenen Land. | |
Terror in Tunesien: IS bekennt sich zum Anschlag | |
Die Terrormiliz IS behauptet in einem Internetforum, den Terroranschlag in | |
Tunis verübt zu haben. Die Angreifer werden als „Ritter des Islamischen | |
Staates“ bezeichnet. | |
Kommentar Terroranschlag in Tunis: Es liegt in der Hand der Ennahda | |
Die gewählten Islamisten müssen ihre taktische Allianz mit den bewaffneten | |
Gruppen aufgeben. Nur dann kann sich Tunesien weiter demokratisieren. | |
Nach Anschlag auf Museum in Tunesien: Neun Verdächtige verhaftet | |
Mehrere Verdächtige wurden festgenommen, ein Terrorist war dem Geheimdienst | |
vorab bekannt. Die Zahl der Opfer stieg auf 25, zwei Spanier überlebten in | |
einem Versteck. | |
Kommentar Terror in Tunis: Mitten ins Herz | |
Tunesien war das Vorzeigeland des Arabischen Frühlings. Aber mit der | |
wirtschaftlichen Krise kommt auch der Terror zurück. | |
Gewalt in Tunesien: Islamisten morden wieder | |
Vier Polizisten sind an der Grenze zu Algerien getötet worden. Das Gebiet | |
gilt als Islamisten- Hochburg. Die Regierung sieht die Tat als | |
„Terrorangriff“. | |
Kommentar neue Regierung Tunesiens: Gemeinsam neoliberal | |
Die neue große Koalition in Tunesien versucht die Aussöhnung zwischen | |
Islamisten und Säkularen. Für Gewerkschaftler ist das ein herber Schlag. | |
Neues Kabinett in Tunesien vorgestellt: Regierung mit Islamisten | |
Tunesiens designierter Regierungschef Essid will gemeinsam mit den | |
Islamisten der Ennahda regieren. Diese sollen einen Minister und drei | |
Staatssekretäre stellen. | |
Tunesische Physikerin Faouzia Charfi: „Die jungen Leute hören“ | |
Tunesien nach den Wahlen – ein Gespräch über die Frau als | |
Hoffnungsträgerin, Erfolge der Zivilgesellschaft und die Enttäuschung der | |
Jugend. | |
Wählerstimmen in Tunis: Es waren die Frauen | |
Aus Furcht vor den Islamisten, trotz großer Vorbehalte, wählten viele den | |
88-jährigen Essebsi zum neuen Präsident Tunesiens – als „kleineres Übel�… |