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# taz.de -- Weltsozialforum in Tunesien: Am Ende bleibt die Sinnfrage
> Etwa 40.000 Teilnehmer diskutieren Migrationspolitik, Menschenrechte und
> Klimwandel. Aber auch die Frage, ob sich das Sozialforum erneuern muss.
Bild: Abschlusskundgebung am Samstag in Tunis.
TUNIS taz | Regen und Sturmböen zerrten an den zahlreichen Zelten auf dem
Campus der El Manar-Universität in Tunis – erschwerte Bedinungen für das
12. Weltsozialforum (WSF). Doch die Globalisierungskritiker ließen sich
nicht abschrecken. Knapp tausend Veranstaltungen und Workshops wurden
angeboten, die meisten waren gut besucht, wenn auch mit vielleicht 40.000
Teilnehmern nur gut die Hälfte der angekündigten Beteiligung erreicht
wurde.
Wie immer bei dieser Großveranstaltung der weltweiten sozialen Bewegungen
und der Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) war einiges chaotisch: Mal
gab es keine Übersetzung, mal fanden Referenten und Zuhörer auf dem
weitläufigen Uni-Gelände nicht zueinander.
Den Abschluss bildete am Samstagnachmittag eine Demonstration im Zentrum
der tunesischen Hauptstadt. Offiziell als Solidaritätsmarsch mit Palästina
angekündigt, dominierten Tunesien- und Palästina-Fahnen die Spitze des
Zuges von rund 10.000 Aktivisten. Themenvielfalt war erst im hinteren Teil
der Demonstration zu sehen.
Die Diskussionsergebnisse beim Abschlussforum zu bündeln, gelang allerdings
kaum. Im Zentrum der Debatten standen Migrationspolitik, ungerechte
Handelsstrukturen, Menschenrechte und der Klimawandel. Besonders stark
diskutiert wurden regionale Fragen – Flüchtlingsprobleme, der Umgang mit
autoritären Regierungen und die Frage, was aus dem Arabischen Frühling
geworden ist. Auffällig war die Teilnahme Tausender junger Tunesier, für
die das Forum offenbar eine Gelegenheit für intensiven
Informationsaustausch war. Im Gegensatz dazu war die internationale
Beteiligung geringer, vor allem asiatische Bewegungen waren kaum da und
auch Lateinamerika wenig präsent.
## Antisemitische Propaganda
Dennoch stellte sich in Tunis erneut die Frage, inwiefern Regierungen das
Forum als Plattform zur Austragung nationaler Konflikte nutzen, denn
gestritten wurde auch. Insbesondere einige Gruppen, die offenbar der
algerischen Regierung nahestanden, provozierten bei aus ihrer Sicht
unliebsamen Veranstaltungen. Frauenveranstaltungen wurden genauso gestört
wie Workshops, die etwa Fracking-Projekte im Süden Algeriens kritisierten.
Zudem nutzten einige Gruppen die Vielfalt der Stände auf dem Campus für
antisemitische Propaganda, so dass Sicherheitskräfte einzelne Stände
räumten. Die nationalistischen Provokationen drückten bei vielen
Teilnehmern die Stimmung und der Sinn der Weltsozialforen wurde in Frage
gestellt. Vielen fehlt es schon seit Jahren an klaren politischen Linien,
andere bemängeln, dass die Beliebigkeit der Inhalte dazu führe, dass sich
Debatten nur wiederholen.
Auch im Internationalen Rat des WSF scheint es Konsens zu sein, dass sich
das Weltsozialforum erneuern soll. Einige Mitglieder plädieren für
kleinere, thematisch ausgerichtete Foren, andere wollen den Logistikaufwand
vermindern und regionale Foren stärken. So unklar wie die Zukunft ist noch
der Ort des nächsten WSF. Kanadische Gruppen wollen es 2016 ausrichten,
aber auch aus Brasilien ist interessiert.
29 Mar 2015
## AUTOREN
Andreas Behn
## TAGS
Weltsozialforum
NGO
Tunesien
Weltsozialforum
Weltsozialforum
Schwerpunkt Klimawandel
Attentat
Bardo Museum
WEF
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