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# taz.de -- Griechenlandberichterstattung der „Bild“: Nationalistisch und e…
> Die „Bild“-Zeitung hetzt seit Jahren gegen Griechenland. Da hilft auch
> die neue Charme-Offensive nichts.
Bild: Ausschnitt der Titelseite der „Bild“-Zeitung am Montag
Kai Diekmann war vor drei Wochen mit zwei Kollegen in Griechenland, um
rauszukriegen, wie Athen „tickt". Der Chefredakteur der Bild-Zeitung hat
Journalisten und Politiker getroffen und euphorisch getwittert. [1][Bei
Youtube kann man ein kurzes Videotagebuch] seiner Reise sehen: Diekmann
wird im Auto durch Athen gefahren und sagt: „Ich finde es immer ganz gut,
sich vor Ort ein Bild zu machen, gerade wenn man so massiv und so laut in
eine Debatte eingreift, wie wir das tun.“
Nach fünf Jahren Griechenhetze erklärt Diekmann das Thema zur Chefsache –
und startete pünktlich zum Berlin-Besuch des griechischen Premierministers
Alexis Tsipras am Montag eine Charmeoffensive: „50 Gründe, warum uns die
Griechen lieb und teuer sind“, [2][titelte das Boulevardblatt] und
spiegelte das Ganze auf dem unteren Teil der Seite auf Griechisch. Unter
den 50 Gründen waren dann griechischer Joghurt (mit zehn Prozent Fett),
Ouzo und „Asterix in Athen“.
Am Dienstag berichtet die Zeitung auffallend nüchtern über den
Tsipras-Besuch. „Blazer trifft Lässig-Sakko, Madame Pünktlich trifft Mr.
Cool!“, steht im Aufmacherstück auf der Politikseite. Madame Pünktlich ist
Angela Merkel, Mr. Cool der griechische Premier. Darunter dann die Analyse:
„Zu oft schon hat die neue Regierung in Athen getrickst und geschlampt.
Gedroht und beschwichtigt, ohne Reformen umzusetzen.“ Diese Sprache ist
längst Normalität geworden in der Griechenland-Berichterstattung der Bild.
## Für keine Schlagzeile zu schade
Seit Beginn der Griechenlandkrise war sich die Zeitung für kaum eine
Überschrift zu schade. „Warum zahlen wir den Griechen ihre Luxus-Renten?“,
„So gut haben es Rentner in Griechenland“, „Verkauft doch eure Inseln, ihr
Pleite-Griechen... und die Akropolis gleich mit!“ Der Bildblog [3][hat sie
alle aufgelistet]. Der Unterton ist immer der gleiche: Wir, die hart
arbeitenden, sparenden Deutschen blasen unser Geld für die
verschwenderischen, raffgierigen Griechen in den Wind.
Schon 2010 haben die Medienwissenschaftler Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang
Storz die Griechenlandberichterstattung [4][der Bild untersucht]. Ihr
Fazit: Bild ignoriere die Zusammenhänge, lasse die wichtigen inhaltlichen
Aspekte systematisch im Vagen und beziehe nur die Perspektive der deutschen
Steuerzahler. Es fehle an Differenzierung, Einordnung und Hintergrund.
Das zeigt sich am deutlichsten in der Sprache. Die „Pleite-Griechen“ ist in
der Bild mittlerweile so etwas wie ein Schlachtruf geworden. Statt von
einer Staatspleite zu schreiben, macht die Bild ein ganzes Volk
verantwortlich. Der griechische Finanzminister Varoufakis ist
„Griechenlands Radikalo-Naked-Bike-Rider“, der „Radikalo Grieche“ oder …
„Griechen Raffke“. Nach der Jauch-Sendung in der vergangenen Woche war er
der „Lügen-Grieche“ und „Mister Stinkefinger“.
## Nationalistische Argumente
Nun steht die Bild-Zeitung mit ihrer einseitigen
Griechenland-Berichterstattung nicht allein da. Der Spiegel nannte Tsipras
nach seiner Wahl im Januar einen „Geisterfahrer“, für die Frankfurter
Allgemeine Zeitung sind Griechenlands Regierende „Halbstarke“. Dahinter
stehen oft [5][nationalistische Argumentationen] und unfaire
Vorverurteilungen. An die Hetze der Bild-Zeitung kommen sie aber nicht
heran.
Die Bild-Zeitung fährt regelrechte Kampagnen gegen Griechenland. Als die
Abgeordneten des Bundestags vor knapp vier Wochen über die Verlängerung der
Finanzhilfen abstimmten, startete Bild eine [6][Selfie-Aktion]. Leser und
Leserinnen sollten sich mit der Titelseite „Nein! Keine weiteren Milliarden
für gierige Griechen“ fotografieren. Diekmann meldete
Rekord-Teilnehmerzahlen, der Deutsche Journalistenverbund [7][kritisierte
die Aktion].
24 Mar 2015
## LINKS
[1] http://www.youtube.com/watch?v=2x2pFYgyuVI
[2] http://twitter.com/KaiDiekmann/status/579751451200737282
[3] http://www.bildblog.de/tag/pleite-griechen/
[4] http://www.otto-brenner-shop.de/uploads/tx_mplightshop/2011_04_06_Bildstudi…
[5] http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/georg-diez-schuldenschnitt-fuer-g…
[6] http://www.bild.de/politik/inland/griechenland-krise/diese-deutschen-sagen-…
[7] http://www.djv.de/startseite/profil/der-djv/pressebereich-download/pressemi…
## AUTOREN
Anne Fromm
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Griechenland
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