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# taz.de -- Deutsch-griechischer Gipfel: Die laute WG im Erdgeschoss
> Tsipras besucht Berlin. Rätselhaft, wieso Merkel diesen kommunistischen
> Südbalkanesen überhaupt empfängt. Skypen hätte es doch auch getan.
Bild: Sie sind laut, entsorgen den Müll nicht richtig und sind immer wieder mi…
Es ist der vielleicht seltsamste Staatsbesuch, den Berlin seit langer Zeit
erlebt hat. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras gibt sich eine
Ehre, die natürlich ganz aufseiten seiner Gastgeber ist. Wie man das eben
so macht, wenn man den neuen Hauptmieter aus dieser lauten WG im
Erdgeschoss in sein Penthouse einladen muss.
Um ihn besser kennenzulernen, schließlich sind das ungehobelte Leute da
unten. Feiern, entsorgen den Müll nicht richtig und sind immer wieder mit
der Miete in Rückstand. Auf Dauer beeinträchtigen diese Typen mit ihrem
Verhalten den Wert unserer Immobilie, nicht wahr? Und wir wissen doch alle,
wem dieses hübsche Haus gehört? So ist es.
Tsipras fliegt mit einer Sondermaschine des griechischen Staates, obwohl er
sich das eigentlich nicht leisten kann – ein Linienflug hätte es auch
getan. Oder die übliche Balkan-Route mit dem Auto, die 2300 Kilometer sind
mit Chauffeur in 22 Stunden zu schaffen. Wäre eine bescheidene, dem Besuch
angemessene Geste gewesen.
Um 17.00 Uhr will Bundeskanzlerin Angela Merkel ihn mit militärischen Ehren
vor dem Kanzleramt empfangen, obwohl er das eigentlich nicht verdient hat –
der Eingang für Dienstboten hätte es auch getan. Oder ein Gespräch via
Skype, dann hätten wir uns das ganze Theater mit den Motorrad-Eskorten,
Wimpeln, abgesperrten Straßen und roten Teppichen sparen können. Denn darum
geht es doch, das Sparen.
## Dinge, die sich nicht gehören
Rätselhaft bleibt, wieso Merkel diesen kommunistischen Südbalkanesen
überhaupt empfängt. War die deutsche Außenpolitik gegenüber Griechenland
bei den Hyänen von der Bild und dem Quizonkel Jauch bisher etwa nicht in
den besten Händen? Und wurden wir von diesen Experten nicht stündlich über
neue Dreistigkeiten über die da unten unterrichtet und somit auf
volksgemeinschaftliche Betriebstemperatur vorgeheizt? Schlimme Sachen haben
wir da gehört. Dinge, die sich nicht gehören.
Auch haben sich mit Wolfgang Schäuble und Yannis Varoufakis die beiden
Finanzminister bereits kennen und nicht eben lieben gelernt. Der eine fährt
Rollstuhl, der andere eine Yamaha XJR 1300. Das kann nicht klappen. Weshalb
es wohl angebracht ist, dass nun Merkel sich mal den Zampano der WG
persönlich vorknöpft. Zu diesem Zweck frisst selbst die Bild Kreide und
listet von „Griechischer Wein“ (Udo Jürgens) bis zum „Seufz-Anblick der
weißen Häuser auf Santorini“ 50 Gründe auf, warum „uns Griechenland lieb
und teuer ist“, hihi, teuer.
Mag sein, dass die Vormieter des Penthouse vor ein paar Jahren mal in die
WG im Erdgeschoss eingebrochen sind, die Bewohner bestialisch massakriert,
alle Wertgegenstände ausgeräumt und anschließend die Bude in Brand gesetzt
haben. Aber darum geht es jetzt ebenso wenig wie um die Tatsache, dass wir
hier oben denen da unten kürzlich erst teuerste Unterhaltungselektronik
angedreht haben, als sie schon längst pleite waren.
Es geht darum, dass sie uns jetzt gefälligst das Geld zurückzahlen, das wir
ihnen zu diesem Zweck geliehen hatten, lächelnd wie die
Gebrauchtwagenhändler. Wobei es sich bei uns nicht um uns, sondern um
Banken und bei der Unterhaltungselektronik um 170 Leoparden aus der
Produktion von Krauss-Maffei Wegmann handelt. Zu kompliziert, schon klar,
bleiben wir lieber bei wir und die und dem übersichtlichen Gezanke um
Schulhofgesten.
Im Mittelpunkt des gemeinsamen Gesprächs, hört man, steht der Streit um die
Reformpolitik des pleitebedrohten Landes. Es steht also im Mittelpunkt des
gemeinsamen Gesprächs – der Streit. Gegen 18.15 Uhr ist eine gemeinsame
Pressekonferenz Merkels mit Tsipras geplant. Es wird, so oder so, sicher
ein „Seufz-Anblick“ sein.
23 Mar 2015
## AUTOREN
Arno Frank
## TAGS
Griechenland
Alexis Tsipras
Tsipras-Besuch
Schwerpunkt Angela Merkel
Griechenland
Bernd Lucke
Euro-Krise
Alexis Tsipras
Reformliste
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Griechenland
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