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# taz.de -- Vor dem deutsch-griechischen Gipfel: Griechische Gastgeschenke
> Steuererhöhung, Rente mit 67, Privatisierungen: Vor dem Treffen von
> Griechenlands Ministerpräsidenten Tsipras mit Merkel werden Details zur
> Reformliste bekannt.
Bild: Ministerpräsident Alexis Tsipras kommt am Montagnachmittag nach Berlin.
BERLIN/ATHEN dpa | Vor dem Antrittsbesuch des griechischen
Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in Berlin sind Details seiner mit
Spannung erwarteten Reformliste bekannt geworden. Nach Informationen der
Deutschen Presse-Agentur dpa will Tsipras mit einer Mischung aus
Steuererhöhungen, Privatisierungen sowie Nachzahlungen von Steuersündern
Geld in die leeren Staatskassen bringen. Die Pläne werden beim Treffen mit
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Nachmittag vermutlich eine wichtige Rolle
spielen. Zuvor bemühten sich beide Seiten um Entspannung.
Nach Angaben aus Regierungskreisen in Athen sollen Arbeitnehmer künftig
auch in Griechenland generell erst mit 67 Jahren in Rente gehen. Die Rente
mit 62 soll es nur für jene geben, die mindestens 40 Jahre lang gearbeitet
haben. Im Wahlkampf hatte es noch zu den zentralen Wahlversprechen von
Tsipras' linker Syriza-Partei gehört, dass die Renten nicht angetastet
werden. Im Gespräch ist auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf
Touristeninseln sowie der Steuern auf Tabakwaren und Alkohol.
Zudem wollen die Steuerbehörden in den kommenden Tagen alle Griechen mit
Schwarzgeld-Konten im Ausland aufrufen, sich zu melden. „Wir wissen, wer
sie sind, und geben ihnen eine letzte Chance, sich zu retten“, sagte ein
hoher Beamter im Finanzministerium der dpa. In Athen liegen Listen mit den
Namen Tausender Griechen vor, die in den vergangenen Jahren jeweils mehr
als 100.000 Euro ins Ausland überwiesen haben. Laut Finanzministerium
schulden rund 3,7 Millionen Griechen und 447.000 Unternehmen dem Staat etwa
76 Milliarden Euro.
Bei dem Treffen mit Merkel wolle Tsipras die Grundrisse des
Regierungsprogramms vorstellen, hieß es. An der Liste hatte er zusammen mit
Finanzminister Gianis Varoufakis und Vizeregierungschef Giannis Dragasakis
am Wochenende gearbeitet. Das Papier sei aber noch nicht fertig, hieß es.
Die internationalen Geldgeber haben die Umsetzung konkreter Reformen zur
Bedingung für weitere Zahlungen gemacht. Dabei geht es um insgesamt 7,2
Milliarden Euro, die die Geldgeber wegen nicht eingehaltener Auflagen auf
Eis gelegt haben.
## Wiedergutmachung für Nazi-Unrecht?
In den vergangenen Tagen war wieder intensiv über eine Staatspleite
Griechenlands und ein Ausscheiden aus der Eurozone („Grexit“) spekuliert
worden. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung
verfügt die griechische Regierung nur noch bis 8. April über genügend
Liquidität. Belastet wird der Besuch auch durch griechische Forderungen
nach weiterer finanzieller Wiedergutmachung für Nazi-Unrecht. Die
Bundesregierung stellt sich auf den Standpunkt, dass das Thema
Reparationszahlungen juristisch beendet ist.
Griechenlands Außenminister Nikos Kotzias schlug vor, einen „Rat der
Weisen“ mit Experten aus beiden Ländern einzusetzen, um den Streit aus dem
Weg zu räumen. „Ich glaube, man muss Wege finden, mit Deutschland rational
über bestimmte Probleme zu diskutieren“, sagte er der Süddeutschen Zeitung
(Montag). Zusammen mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD)
vereinbarte er bei einem Treffen am Sonntagabend eine „Bestandsaufnahme“
der bilateralen Beziehungen.
Tsipras wird nach dpa-Informationen am frühen Nachmittag mit einer
Regierungsmaschine in Berlin eintreffen. Vergangene Woche war noch ein
Linienflug im Gespräch. Der Syriza-Chef landet auf dem militärischen Teil
des Flughafens Tegel, wo ihn eine Ehreneskorte in Empfang nehmen wird. Um
17.00 Uhr will Merkel ihn mit militärischen Ehren begrüßen. Gegen 18.15 Uhr
ist eine Pressekonferenz geplant. Anschließend gibt es noch ein Abendessen.
Die beiden Regierungschefs hatten sich erst am Freitag beim EU-Gipfel in
Brüssel getroffen.
Der Ministerpräsident kehrt am Dienstag nach Athen zurück. Zuvor sind noch
Gespräche mit Linke-Fraktionschef Gregor Gysi und Parteichefin Katja
Kipping geplant. Die Nacht verbringt Tsipras in einem Hotel am Potsdamer
Platz. Auf einen Auftritt vor der Bundespressekonferenz, den er
zwischenzeitlich erwogen hatte, verzichtet er offenbar.
## Reaktion auf Korruptionsvorwürfe
Währenddessen haben Griechische Regierungskreise die Korruptionsvorwürfe
gegen den stellvertretenden Innenminister Giorgos Katrougalos als gezielte
Attacke gegen Ministerpräsident Alexis Tsipras gewertet. „Das ist eine
Verleumdung und der Versuch, die Glaubwürdigkeit der Regierung Tsipras
ausgerechnet an dem Tag zu untergraben, an dem er nach Berlin reist“, hieß
es am Montag aus Kreisen der Regierung in Athen. Katrougalos selbst wies
erneut alle Vorwürfe zurück und drohte damit, die Blätter anzuzeigen, die
die Korruptionsvorwürfe veröffentlicht hatten.
Nach einem Bericht der Athener Sonntagszeitung To Vima soll
Vize-Innenminister Giorgos Katrougalos als Anwalt entlassene Beamte
vertreten haben, deren Wiedereinstellung er als Minister angekündigt hat.
Das Blatt veröffentlichte Dokumente, aus denen hervorgehen soll, dass die
Kanzlei von Katrougalos noch am 27. Januar – dem Tag, an dem er das Ressort
für Inneres und Verwaltungsreform übernahm – solche Verträge unterzeichnet
hat. Als Honorar seien zwölf Prozent des Streitwerts vereinbart worden. Die
Opposition fordert seitdem den Rücktritt des Ministers.
23 Mar 2015
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