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# taz.de -- Kommentar Reparationsforderungen: Elf Milliarden für die Griechen
> Deutschland trickst seit Jahrzehnten, um Ansprüche der Griechen
> abzuwehren. Es ist überfällig, dass Deutschland die moralische Schuld
> anerkennt.
Bild: Beim Nazi-Massaker 1944 in Distomo wurden 218 Griechen ermordet.
Es ist verständlich: Die Griechen wollen für die Verwüstungen entschädigt
werden, die die Nationalsozialisten von 1941 bis 1944 angerichtet haben.
Hunderttausende sind damals verhungert und umgekommen. Da reicht es nicht,
dass Deutschland nur laue Worte der Entschuldigung murmelt und auf die 155
Millionen Mark verweist, die 1960 überwiesen wurden.
Trotzdem ist es realitätsfern, dass die Griechen jetzt fordern, Deutschland
solle 278,7 Milliarden Euro an Reparationen zahlen. Dieses Geld hat die
Bundesrepublik nicht. Denn leider haben die Nationalsozialisten ja nicht
nur in Griechenland gewütet, sondern auch in Frankreich, den Niederlanden,
Dänemark – und besonders in Polen, Russland oder der Ukraine.
Der Holocaust und der Zweite Weltkrieg haben rund 50 Millionen Menschen das
Leben gekostet. Das kann man gar nicht wieder gutmachen.
So bleibt nur der symbolische Kompromiss, der die moralische Schuld mit dem
ökonomisch Machbaren verbindet. Im Falle Griechenlands liegt die Lösung
nah, weil es dort zu einer juristischen Besonderheit kam: Dem Land wurde
ein Zwangskredit von 476 Millionen Reichsmark abgepresst – den die
Nationalsozialisten ausdrücklich zurückzahlen wollten. Die Bundesrepublik
ist die Nachfolgerin des Dritten Reiches; sie sollte diese Verpflichtung
bedienen, die selbst die Nazis anerkannt haben.
Der Zwangskredit von damals würde heute etwa 7 bis 11 Milliarden Euro
entsprechen. Zu wenig, um den Griechen in ihrer aktuellen Not zu helfen.
Aber genug, um zum Beispiel eine Stiftung zu gründen, die Projekte der
deutsch-griechischen Verständigung fördert – und die moralische Schuld der
Deutschen deutlich symbolisiert.
Dieses Zeichen ist überfällig. Die Bundesrepublik trickst juristisch schon
seit Jahrzehnten, um alle Ansprüche der Griechen abzuwehren. Doch diese
lange Vorgeschichte wird neuerdings negiert.
Stattdessen behauptet die Bundesregierung jetzt gern, die Griechen würden
die Reparationen nur fordern, um von der Eurokrise abzulenken. Dabei ist es
genau andersherum. Deutschland nutzt die Eurokrise, um die Griechen
moralisch zu diskreditieren. Nach dem Motto: Nur weil die Griechen hohe
Schulden haben, suchen sie jetzt Schuld bei anderen.
Diese Geschichtsklitterung darf sich Deutschland nicht länger erlauben,
nicht mit seiner Geschichte.
7 Apr 2015
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
Stiftung
Griechenland
Reparationszahlung
Griechenland
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Reparationszahlung
Volkswirtschaft
IWF
Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg
Austeritätspolitik
Griechenland
Entschädigung
Reparationszahlung
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