# taz.de -- Kommentar Klage gegen Betreuungsgeld: Dummheit ist nicht verfassung… | |
> Das Bundesverfassungsgericht verhandelt über Hamburgs Klage gegen das | |
> Betreuungsgeld. Es sollte die Klage ablehnen. | |
Bild: Auch erwerbstätige Eltern erhalten Betreuungsgeld, zum Beispiel wenn die… | |
Das Betreuungsgeld ist sicher die unnötigste Sozialleistung, die es in der | |
Bundesrepublik Deutschland gibt. Vermutlich behindert sie die | |
Gleichstellung von Frauen ebenso wie die Bildungschancen von Kindern mit | |
Migrationshintergrund. Das alles macht das schwarz-gelbe Gesetz aber noch | |
nicht verfassungswidrig. | |
In der Demokratie hat das Parlament auch das Recht, dumme Gesetze zu | |
beschließen. Es ist nicht die Aufgabe von Verfassungsrichtern, politisch | |
schädliche Normen zu korrigieren. Am Dienstag verhandelt das | |
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über die Klage des SPD-regierten | |
Bundeslandes Hamburg gegen das Betreuungsgeld. Das Gericht sollte sie | |
ablehnen. | |
Hamburg hat sich juristisch vor allem auf formale Argumente gestützt. So | |
habe der Bund keine Gesetzgebungskompetenz für das Betreuungsgeld, weil ein | |
bundeseinheitliches Gesetz nicht erforderlich sei. Auf diese Weise kann man | |
aber fast jedes Bundesgesetz infrage stellen und letztlich der Willkür | |
Karlsruher Richter anheimgeben. Immerhin hat sich kein anderes Bundesland | |
der Hamburger Klage angeschlossen. Schon das zeigt, dass das Argument nicht | |
wirklich zwingend ist. | |
Auch der Verweis auf Artikel 3 des Grundgesetzes überzeugt nicht. Dort | |
heißt es seit 1994: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der | |
Gleichberechtigung von Frauen und Männern.“ | |
## Geringe Steuerungswirkung | |
Das ist eine sinnvolle Norm, die klarstellt, dass die punktuelle | |
Bevorzugung von Frauen, etwa durch Quotenregelungen, zulässig ist. Die Norm | |
sollte aber nicht dazu führen, dass die Verfassungsrichter nun jede Norm | |
kippen können, die ihnen nicht fortschrittlich genug erscheint. | |
Zwar wäre es wohl verfassungswidrig gewesen, wenn das Gesetz – wie | |
ursprünglich geplant – das Betreuungsgeld nur Elternteilen gewährt, die zu | |
Hause bleiben. Beschlossen wurde aber, dass auch erwerbstätige Eltern das | |
Betreuungsgeld erhalten können, zum Beispiel wenn Oma und Opa das Kind | |
betreuen. Die Steuerungswirkung dürfte ohnehin gering sein. | |
Dass jemand wegen 150 Euro pro Monat seine Arbeit aufgibt, ist nicht zu | |
erwarten. Das Betreuungsgeld ist vor allem ein Symbol dafür, dass die CSU | |
zur traditionellen Familie steht. Ob dieses Geld sinnvoll ausgegeben wird, | |
sollte der Rechnungshof, nicht aber das Verfassungsgericht entscheiden. | |
13 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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