| # taz.de -- Die Flüchtlingskatastrophe in den Medien: Die „Kakerlaken“ und… | |
| > Eine Kolumnistin der größten britischen Zeitung erzeugt mit der | |
| > Gleichsetzung von Flüchtlingen und Ungeziefer eine Welle von Empörung. | |
| Bild: Ziel des Hasses: Überlebende vor Rhodos, 20. April | |
| BERLIN taz | „Macht euch nichts vor: Diese Migranten sind wie Kakerlaken“, | |
| steht schon in der Unterzeile. Im Text geht es weiter: Flüchtlinge in | |
| Calais breiten sich aus „wie ein Norovirus auf einem Kreuzfahrtschiff“, die | |
| Fliehenden im Mittelmeer sind „Streuner“, man müsse sie mit vorgehaltener | |
| Waffe zurückschicken und ihre Boote verbrennen, und sie aufnehmen komme | |
| überhaupt nicht in Frage: „Manche unserer Städte sind schwärende Wunden, | |
| sie sind befallen von Schwärmen von Migranten und Asylanten und schütten | |
| Sozialhilfe aus als wäre es Monopoly-Geld.“ | |
| All das und noch mehr steht in einer Kolumne der britischen Zeitung The | |
| Sun, die am 17. April unter dem Titel „Rettungsboote? Ich würde | |
| Kanonenboote einsetzen, um illegale Migranten zu stoppen“ erschien. | |
| Die Autorin, Katie Hopkins, ist eine der kontroversesten Kolumnistinnen | |
| Großbritanniens. Sie setzt der „politischen Korrektheit“ entgegen, was man | |
| auf Deutsch „gesundes Volksempfinden“ nennen würde und was sie auf ihrer | |
| Webseite als „einzigartigen Zugang“ und „ehrliche Ansichten“ anpreist. | |
| Zum Beispiel, dass sie keine Dicken anstellen würde oder dass Feministinnen | |
| bloß bedürftig wären. Wenn sich dann Empörung einstellt, ist sie zufrieden: | |
| Es hat funktioniert. | |
| ## Anzeige auch gegen Chefredakteuer | |
| Diesmal allerdings, mitten in einem Wahlkampf, in dem die | |
| rechtspopulistische Ukip mit Hetze gegen Einwanderer punktet und sogar die | |
| linke Opposition ein Ende der Freizügigkeit verspricht, sprengt die | |
| Empörung den üblichen Rahmen. Eine von einer 22-Jährigen gestartete | |
| Onlinepetition, Hopkins als Kolumnistin zu feuern, erhielt bereits 200.000 | |
| Unterschriften. | |
| Der Verband Schwarzer Juristen in London erstattete gegen Katie Hopkins | |
| sowie gegen Sun-Chefredakteur David Dinsmore Anzeige wegen Aufstachelung | |
| zum Rassenhass und kündigte zugleich an, notfalls den Internationalen | |
| Strafgerichtshof anzurufen, sollte die Polizei nicht tätig werden. Zuvor | |
| hatte Hopkins ihre Äußerungen in einer Radio-Livesendung noch einmal | |
| verteidigt. Dann bedankte sie sich bei ihren 557.000 Twitter-Followern für | |
| die Solidarität. | |
| ## Aufruf zum Mord | |
| Während der Guardian empfahl, Katie Hopkins durch Ignorieren zu bestrafen, | |
| wiesen zahlreiche Kommentatoren darauf hin, dass die Gleichsetzung von | |
| Menschen mit Ungeziefer die Grenze zu hate speech überschreitet und nicht | |
| hingenommen werden sollte. | |
| Menschen als „Kakerlaken“ zu bezeichnen gehörte zur ideologischen | |
| Unterfütterung des Völkermords an Ruandas Tutsi 1994. Ein ruandischer Leser | |
| auf Twitter erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass der britische | |
| BBC-Rundfunk vor Kurzem eine Ruanda-Sendung produziert hat, die unkritisch | |
| Thesen der Völkermordleugner verbreitete. | |
| Von Selbstzweifeln oder gar Ironie scheint Katie Hopkins indes nicht | |
| geplagt zu sein. Auf ihrer Webseite prangt prominent der Spruch, man solle | |
| aufhören, immer andere für die eigenen Probleme verantwortlich zu machen. | |
| Und eine ihrer vorigen Sun-Kolumen trug den Titel: „Wenn Ed Miliband | |
| Premierminister wird, wandere ich aus.“ Noch hat ihr niemand ein | |
| Schlauchboot geschenkt. | |
| 21 Apr 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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