# taz.de -- Medien über Flüchtlinge: Alles schon mal da gewesen | |
> Kommen Ihnen die Berichte über Flüchtlinge, Koalitionsstreit und | |
> Kontingente bekannt vor? Raten Sie, wo und wann es sie schon einmal gab. | |
Bild: Tagesschau vom 13.5.1999. Auch darin: Krieg und Flüchtlinge. | |
1.Doch die Wohlstandsfeste [Europa] sucht sich abzuschotten gegen den | |
Ansturm der Entwurzelten drunten vom Balkan. Mit Visasperren, | |
Grenzblockaden, bürokratischen Schikanen und Schachern um | |
Aufnahmekontingente bieten viele Begüterte des gemeinsamen europäischen | |
Hauses ein beschämendes Beispiel von zynischer Humanität im größten | |
Flüchtlingsdrama seit Ende des Zweiten Weltkriegs. | |
a) Spiegel, 1992, über Balkanflüchtlinge b) taz, 2015, über aktuelle | |
Flüchtlinge | |
## „Flüchtlingsströme“ | |
2.Wohl nur noch in „Baracken-Gettos am Rande der Großstädte“, glaubt | |
Bernhard Happe, Sozialdezernent beim Deutschen Städtetag, ließen sich die | |
Massen aufnehmen, die bis Ende [des Jahres] erwartet werden: nach | |
vorsichtigen Schätzungen 1,5 Millionen Neubürger, nach pessimistischen | |
Prognosen weit über zwei Millionen. | |
Die Zuzügler drängen in ein Land, in dem • drangvolle Enge in | |
Auffangquartieren [. . .] schon jetzt zu Lagerkoller und Depressionen führt | |
[. . .],• aufgrund einer verfehlten Wohnungsbaupolitik bereits letztes Jahr | |
rund 800.000 Wohnungen fehlten [. . .],• der Arbeitsmarkt schon die | |
Zuwanderer des vorigen Jahres nicht verkraften konnte [. . .],• die | |
Sozialhilfe-Etats der Gemeinden so strapaziert sind, dass die Neuzuzüge [. | |
. .] Fremdenfeindlichkeit und Zukunftsängste wecken. | |
a) Spiegel, 1990, über die Übersiedler aus der ehemaligen DDR b) FAZ, 1992, | |
über Balkan-Flüchtlinge c) Die Zeit, Herbst 2015, über die aktuelle | |
Flüchtlingskrise | |
3.7000 bis 8 000 Menschen sind hier im zentralen Aufnahmelager [. . .] in | |
den letzten Tagen durchgeschleust worden. Sie werden möglichst schnell | |
abgefertigt, denn hinter ihnen stauen sich immer mehr Flüchtlinge [. . .] | |
Sie kommen auf den Ladeflächen klappriger Lastwagen, auf Traktoren und zu | |
Fuß. [. . .] Einheimische Familien bringen Brote oder Kekse, andere nehmen | |
eine Flüchtlingsfamilie mit nach Hause – aus Solidarität oder aus Mitleid. | |
2 000 [. . .] Flüchtlinge, sagt ein Magistratsbeamter, seien auf diese | |
Weise untergekommen. Aber das reicht nicht. Denn es kommen immer mehr und | |
immer mehr. | |
a) Die Zeit, 1945, über die aus den ehemaligen Ostgebieten vertriebenen | |
Deutschenb) Spiegel, 1999, über kosovarische Flüchtlinge in albanischen | |
Auffanglagernc) Süddeutsche Zeitung, Herbst 2015 über die Hilfsbereitschaft | |
der Menschen in Passau | |
4.Man vergesse nicht: Tausende von Asylbewerbern sind mit einer Menge Lügen | |
im Gepäck angereist. [. . .] In Wahrheit handelt es sich um | |
Wirtschaftsflüchtlinge, die skrupellosen Geschäftemachern und Schleppern in | |
die Hände gefallen waren. | |
a) Die Welt, 1983 b) Junge Freiheit, 2015 c) FAZ, 2015 | |
5.Kein Land kann ungestraft mehr Gäste aus diesem oder jenem Anlass | |
beherbergen, als es wirtschaftlich, aber vor allem auch geistig verkraften | |
kann. Xenophobie ist immer noch wirksam. | |
a) FAZ, 1972, über die ehemaligen Gastarbeiter und deren Nachkommen b) | |
Spiegel, 1991, über die steigenden Asylbewerberzahlen c) Focus, Herbst | |
2015, über die aktuellen Flüchtlinge | |
## Politisches Handeln | |
6. Obwohl die Abstimmung über den Asylkompromiss in der kommenden Woche zu | |
einer Zitterpartie wird, [. . .]: Eine Zweidrittelmehrheit scheint dem | |
neuen Asyl-Artikel im Bundestag sicher. Schwerer Druck lastet auf den | |
Politikern. Rechtsextreme Parteien wittern Morgenluft. Im vergangenen Jahr | |
hat sich die Zahl der Asylbewerber [. . .] fast verdoppelt [. . .]; sie | |
steigt weiter – in den ersten vier Monaten dieses Jahres um dreißig | |
Prozent. Die Überfälle auf Ausländer [. . .] haben Deutschlands Antlitz | |
verdunkelt. | |
a) Die Zeit, 1993, über die damalige Asylrechtsverschärfung b) Die Zeit, | |
2015, über die aktuelle Asylrechtsverschärfung | |
7.Es gibt kein Gesetz, das von Deutschland verlangt, diese Flüchtlinge | |
aufzunehmen. Schon das Wort Flüchtling ist in dem Fall ein merkwürdig | |
unpassender Begriff. Bei den Einreisenden handelt sich ausnahmslos um | |
Menschen, die von einem sicheren Ort in Europa an einen anderen umsiedeln | |
wollen, ohne dass sie für die legale Einreise über die erforderlichen | |
Dokumente verfügen. | |
a) FAZ, 1968, über DDR-Flüchtlinge b) Stern, 1999, über die Flüchtlinge aus | |
Serbien c) Spiegel Online, 2015, über die aktuellen Flüchtlinge | |
8.Sobald die Wörter Einwanderer, Zuwanderer oder Flüchtling in irgendeinem | |
Kontext auftauchen, fordert die Union die Abschaffung des Grundrechts auf | |
Asyl. | |
a) taz, 1990 b) Süddeutsche Zeitung, 2000 c) Frankfurter Rundschau, 2015 | |
9. Es ist linker Größenwahn, zu glauben, ein so „reiches Land“ könne | |
einfach mal so jedes Jahr eine Million Flüchtlinge aufnehmen und ihnen | |
menschenwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen bieten. Die immer neuen | |
Forderungen nach Tausenden neuen Stellen in den Behörden, nach Tausenden | |
neuen Lehrkräften für Flüchtlingsklassen verstärken das Gefühl von | |
Irrealität, das ja immer auch ein Gefühl der Entgrenzung ist. In jedem | |
Solidarsystem, das die Flüchtlingshilfe am Ende ja auch ist, sind die | |
Kapazitäten begrenzt. Man muss über Obergrenzen streiten dürfen. | |
a) FAZ, 1983, über Flüchtlinge aus Bosnien b) Die Zeit, 1991, über | |
Balkan-Flüchtling c) taz, Herbst 2015, zum Umgang mit den aktuellen | |
Flüchtlingszahlen | |
## Integration | |
10. Aber außen vor sind vor allem die Turk-Völker geblieben – und andere | |
aus ganz und gar fremden Kulturkreisen Gekommene. Sie, und nur sie, sind | |
das „Ausländerproblem“ der Bundesrepublik. Sie sind nicht zu integrieren. | |
Subjektiv wollen sie es nicht, und objektiv können sie es nicht. Sie haben | |
ein Ghetto gebildet und zumindest einen der [. . .] Berliner Stadtteile zu | |
einer türkischen Großstadt werden lassen, die für Deutsche praktisch | |
unbewohnbar geworden ist. | |
a) FAZ, 1982b) Bild, 1991 c) Thilo Sarrazin im Spiegel, 2010 | |
11.Man hört kaum ein deutsches Wort an der Bahnhofssperre. Fremdländische | |
Gesichter, fremde Gesten und Menschen, die anders angezogen sind als wir | |
und auch anders, als sie selbst es sonst, in ihrem [. . .] Alltag sind. „In | |
München fängt der Balkan an“, sagt jemand neben mir. Früher sagte man das | |
von Wien. | |
a) Die Zeit, 1969, über ankommende Gastarbeiter b) Süddeutsche Zeitung, | |
1991, über ankommenden Flüchtlinge c) Münchner Abendzeitung, 2013, über | |
Flüchtlinge vom Balkan | |
## Wirtschaftliche Auswirkungen & Arbeitsmarkt | |
12.Sind sie die „soziale Unterschicht von morgen“ – wie ein | |
Diakonie-Pfarrer befürchtet? Nur in wenigen Fällen gelang bisher die | |
nahtlose Eingliederung von [. . .] Umsiedlern in den deutschen | |
Arbeitsmarkt. [. . .] Unter den rund 50 000 „Nichtsesshaften“ in der BRD | |
sind nach Feststellung des Diakonischen Werkes ohnehin schon [. . .] | |
Flüchtlinge [. . .] „deutlich überrepräsentiert“. | |
a) Welt am Sonntag, 1976, über die aus den ehemaligen Ostgebieten | |
Umgesiedelten b) Spiegel, 1993, über Balkan-Flüchtlinge c) Süddeutsche | |
Zeitung, 2014, über Balkan-Flüchtlinge | |
13.So viel steht fest: Die hochgezüchtete Wirtschaftssupermacht Deutschland | |
braucht dringend Arbeitskräfte, der Facharbeitermangel ist eklatant. Die | |
Flüchtlinge zu integrieren kostet – aber sogar das hat auch eine positive | |
Seite: Was der Staat etwa für Sprachkurse, Sachleistungen und Wohnungsbau | |
aufwendet, wirkt wie ein kleines Konjunkturprogramm. | |
a) Heiner Geißler im Spiegel,1993 b) Süddeutsche Zeitung, 2015 | |
14.Warum sollten die Menschen denn nicht zur Kenntnis nehmen, dass sich die | |
bisherige Einwanderung in die Bundesrepublik seit 1949 insgesamt | |
wirtschaftlich positiv ausgewirkt hat, dass unsere Gesellschaft ohne | |
Zuwanderung auf die Dauer vergreisen würde? [. . .] Ausländer | |
erwirtschaften rund [. . .] knapp zehn Prozent unseres | |
Bruttosozialproduktes; und sie zahlen jährlich um die 90 Milliarden [. . .] | |
an Steuern und Sozialabgaben – warum sollte es nicht einsehbar sein, dass | |
sie zu unserem Wohlstand entscheidend beitragen? | |
Heiner Geißler im Spiegel,1993 Süddeutsche Zeitung, 2015 | |
## Flucht allgemein | |
15.Dies nämlich ist es: keine Heimat haben – verjagt sein von Haus und Hof, | |
die vertrauten Wälder nicht mehr sehen, die Seen und Hügel, den Kirchturm | |
über den Dächern des Dorfes, die Straßen und Märkte in den Städten, den | |
Pflug nicht mehr führen können über den eigenen Acker und in der Fremde im | |
Elend leben, Heimweh im Herzen. Als der Bombenkrieg [. . .] begann, die | |
Städte [. . .] in Flammen aufgingen, zog ein Strom von Menschen vom Westen | |
nach dem Osten, um dem Tod zu entgehen, der wahllos aus der Luft seine | |
Opfer suchte. [. . .] Ihre Heimat war ihnen genommen. In unerreichbarer | |
Ferne lag für sie, was so nah gewesen und ihnen so vertraut. | |
Die Zeit, 1946, über die deutschen Flüchtlinge, die vor den russischen | |
Bomben geflohen waren taz, 1999, über serbische Flüchtlinge Süddeutsche | |
Zeitung, 2015, über syrische Flüchtlinge | |
Lösung: [1][1a], [2][2a], [3][3b], 4a, 5a, [4][6a], [5][7c], 8b, [6][9c], | |
10a, [7][11a], 12a, [8][13b], [9][14a], [10][15a] | |
27 Nov 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13689417.html | |
[2] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13507374.html | |
[3] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-10932971.html | |
[4] http://www.zeit.de/1993/21/die-tuecken-der-praxis | |
[5] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fluechtlingskrise-ein-zaun-fuer-e… | |
[6] /!5240409/ | |
[7] http://www.zeit.de/1969/52/hosenanzug-in-goldorange | |
[8] http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/fluechtlinge-das-kosten-nutzen-kalkue… | |
[9] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13679686.html | |
[10] http://www.zeit.de/1946/29/ohne-heimat | |
## AUTOREN | |
Anne Fromm | |
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