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# taz.de -- Medienangebote für Flüchtlinge: Da geht noch mehr
> Viele Medien in Deutschland haben die Geflüchteten als Zielgruppe
> entdeckt. Gleichzeitig sucht man vergeblich nach Vielfalt in den
> Redaktionen.
Bild: Ampeltreue ist wichtig für Deutschland. N-TV-Moderator Constantin Schrei…
„Wir Deutschen benutzen Mobiltelefone nicht beim Autofahren. Wir achten
üblicherweise auf rote Ampeln. Freizeit und Wochenende verbringen wir meist
mit Familie und Freunden.“ Moderator Constantin Schreiber erklärt
Deutschland – auf Arabisch. Er beschreibt, wie die Deutschen ticken. Oder
jedenfalls, wie manche Deutsche ticken.
Seit vergangener Woche läuft die Sendung bei n-tv.de. Mit „Marhaba“
(„Willkommen“) richtet sich der Nachrichtensender gezielt an Flüchtlinge.
Ein vergleichbares Programm auf Arabisch gibt es bisher in Deutschland
nicht. [1][Der erste Clip] wurde bereits mehr als 100.000 Mal angesehen. Es
geht um grundlegende Aussagen über Deutschland: ums Brot und sonstige
Essensgewohnheiten und vor allem – um Ampeln. [2][Die zweite Sendung]
stellt das Grundgesetz, die „deutsche Scharia“, in den Mittelpunkt.
Doch nicht nur n-tv hat Flüchtlinge als Zielgruppe entdeckt. Seit Mitte
September läuft beim Funkhaus Europa in Kooperation mit WDR, RBB und Radio
Bremen das [3][“Refugee Radio“]. Täglich – symbolträchtig – um 5 vor …
Gesendet wird auf Arabisch und Englisch: aktuelle Nachrichten, die für
Geflüchtete relevant sind, und Service-Stücke über Integration, Recht,
Gesundheit.
Auch die Deutsche Welle hat ein [4][Onlineangebot speziell für
Asylsuchende]. So wurden Erklärfilme zum politischen System Deutschlands
vom WDR ins Arabische übersetzt. Darüber hinaus werden multimedial in
mehreren Sprachen Infos und Service für Flüchtlinge bereitgestellt.
Ähnliche Angebote gibt es vom Bayerischen Rundfunk.
Zurückhaltender sind dagegen Printmedien. Das kann zum einen an
finanziellen Mitteln, aber auch an Produktionsbedingungen liegen. Beiträge
auf Arabisch einsprechen lassen ist das eine, sie auf Arabisch zu schreiben
– und zu drucken – das andere.
## Boulevardmedien sind Vorreiter
Vorreiter in Deutschland sind Boulevardmedien. So haben Bild und B.Z.
Anfang September in Berlin eine vierseitige Beilage ([5][pdf]) auf Arabisch
gedruckt. Mit Grußwort des Bürgermeisters, einer Übersichtskarte mit den
wichtigsten Anlaufstellen und kleinem Wörterbuch.
Doch die überregionalen Tageszeitungen haben darüber hinaus noch wenig
zustande gebracht. Das Zeit-Magazin erschien bereits im Mai einmalig
zweisprachig. Und viele Medien berichten ausführlich über Flüchtlinge. Doch
nur wenige auch mit ihnen oder gar für sie.
„Wir finden es gut, wenn deutsche Medien Menschen aus Einwandererfamilien
und Geflüchtete als Zielgruppen wahrnehmen. Noch ist das aber nicht sehr
häufig der Fall“, sagt Konstantina Vassiliou-Enz vom Verein [6][Neue
Deutsche Medienmacher], einem Zusammenschluss von Medienschaffenden, die
sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
## Übersetzen reicht nicht
Fast alle bisherigen Projekte, die sich an Flüchtlinge und Migranten
richten, sind genau das: Projekte. Einmalig oder zeitlich begrenzt. Für
Boulevardmedien oft mit einem ordentlichen PR-Effekt verbunden.
In deutschen Redaktionen arbeiten allerdings [7][bislang nur wenige
Menschen mit Migrationshintergrund], laut Schätzungen nur zwei bis drei
Prozent bei einem Bevölkerungsanteil von etwa 18 Prozent. „Dadurch entgehen
Medien Themen, die in der Community diskutiert werden. Und außerdem
entgehen den Redaktionen Zugänge“, sagt Vassiliou-Enz. Zudem sei es nicht
damit getan, deutsche Inhalte ins Arabische zu übersetzen.
Und – so gut gemeint die Angebote sind – etwas mehr als die Vermittlung der
vermeintlich deutschen Leitkultur durch Praxistipps (Ampeln, Arbeit, Brot)
sollte es schon sein.
7 Oct 2015
## LINKS
[1] http://www.n-tv.de/mediathek/sendungen/spezial/marhaba_ankommen_in_deutschl…
[2] http://www.n-tv.de/mediathek/sendungen/spezial/marhaba_ankommen_in_deutschl…
[3] http://www.funkhauseuropa.de/sendungen/refugeeradio/index184.html
[4] http://www.dw.com/en/top-stories/germany-guide-for-refugees/s-32486
[5] http://www.bild.de/media/vw-download-42506810/Download/1.bild.pdf
[6] http://www.neuemedienmacher.de/
[7] /!5066593/
## AUTOREN
Paul Wrusch
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Schwerpunkt Flucht
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