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# taz.de -- Unterhauswahl in Großbritannien: Nigel Farages sechster Versuch
> Die Rechtspopulisten der Ukip dürften bei der Wahl einen Achtungserfolg
> erringen. Ob das auch für ihren Parteichef gilt, bleibt fraglich.
Bild: Ob er es schafft, wird sich am Donnerstag zeigen: Ukip-Chef Nigel Farage.
DUBLIN taz | Seit dem 1. Mai ist die Kuppel der Moschee in der Londoner
Shacklewell Lane grün. Darauf steht in riesigen weißen Buchstaben: „Stimmt
für die Hoffnung – stimmt für Nigel Askew von der Reality Party.“ Askew
tritt bei den [1][britischen Parlamentswahlen am Donnerstag] allerdings
nicht in London an, sondern mehr als 100 Kilometer weiter nördlich in South
Thanet. Das ist der Wahlkreis von Nigel Farage, dem Chef der Anti-EU-Partei
United Kingdom Independence Party (Ukip).
„Das ist eine Botschaft für die Einheit der Gemeinde“, sagt Askew. „Die
Medien und Parteien wie Ukip stellen alle Muslime als Fundamentalisten dar.
Farage hat unsere Gemeinde auf furchtbare Weise gespalten, ich habe noch
nie so viel Hass erlebt.“ Askew und seine Reality Party, die gegen die
Austeritätspolitik der Regierung eintreten, haben jedoch keine Chance auf
einen Unterhaussitz.
Möglicherweise wird aber auch Farage das Mandat nicht gewinnen. Fünf Mal
hat er es bereits vergeblich versucht, und nach einer neuen Umfrage liegt
er auch diesmal zwei Prozent hinter dem Tory-Kandidaten Craig Mackinlay.
Grund dafür ist vermutlich das taktische Wahlverhalten von
Labour-Anhängern. Da deren Kandidat keine Chance hat, wählen sie lieber die
Tories, um Ukip zu stoppen. In anderen Umfragen liegt Farage jedoch knapp
vor Mackinlay, es wird eine spannende Wahl. Farage hat angekündigt, dass er
als Ukip-Chef zurücktreten werde, sollte er nicht gewinnen.
Ursprünglich hatten seine Berater geplant, ihn am Wahltag in einem
gemieteten Panzer durch South Thanet fahren zu lassen, um unentschlossene
Wähler zur Stimmabgabe zu motivieren. Farage lehnte ab: Er sei nicht scharf
auf Werbegags. Das liegt wahrscheinlich an seinem Missgeschick vor fünf
Jahren. Damals flog er in einem Wilga-Leichtflugzeug am Wahltag in seinen
Wahlkreis, doch das Flugzeug verhedderte sich in einem Ukip-Wahltransparent
und stürzte ab. Farage wurde schwer verletzt.
Der Ukip-Chef kommt aus der südenglischen Grafschaft Kent, vorigen Monat
ist er 51 Jahre alt geworden ist. Sein Name stammt von einem
Hugenotten-Vorfahren. Farage besuchte das Dulwich College, eine
Privatschule in Süd-London. Nach dem Schulabschluss arbeitete er an der
Londoner Börse. Farage ist mit der Deutschen Kirsten Mehr verheiratet, die
auch seine Sekretärin ist. Die beiden haben zwei Töchter. Aus erster Ehe
mit der Krankenschwester Gráinne Hayes hat Farage zwei Söhne.
Schon als Schüler war er den Tories beigetreten, wählte 1989 aber die
Grünen „wegen ihrer anti-europäischen Politik“. 1992 trat er aus Protest
gegen das EU-Abkommen von Maastricht aus der Konservativen Partei aus und
war ein Jahr später Mitbegründer von Ukip, seit September 2006 ist er mit
kurzer Unterbrechung Parteichef. Am Anfang war Ukip lediglich ein
Sammelbecken für europaskeptische Tories und spielte bei Wahlen keine
Rolle. Aber inzwischen ist es keine reine Protestpartei mehr, Ukip hat ihr
ursprünglich reines Anti-EU-Programm auf benachbarte Themen ausgedehnt.
Der gemeinsame Hauptnenner ist die Einwanderung. 75 Prozent der Briten
wollen sie reduziert sehen. Ukip trifft damit einen Nerv der Bevölkerung.
Farage wurde 1999 ins Europaparlament gewählt, bei den Europawahlen im
vorigen Jahr wurde Ukip zur stärksten Partei und ließ Labour sowie die
Tories weit hinter sich. Im Unterhaus war die Partei bislang hingegen
weniger erfolgreich, erst seit Ende vorigen Jahres hat sie zwei Abgeordnete
– beides Überläufer von den Tories. Am Donnerstag kann Ukip mit vier bis
sechs Abgeordneten rechnen. Ob Farage einer von ihnen ist, steht auf der
Kippe.
3 May 2015
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[1] /Unterhauswahl-in-Grossbritannien/!159231/
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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