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# taz.de -- Britische Wahlkampfberichterstattung: Bitte wählen Sie Herrn Camer…
> Die britischen Zeitungen stehen vor der Wahl fast alle den Tories nahe –
> und arbeiten mit Umfragen, die je nach Blatt zurechtgebogen werden.
Bild: „Warum es an der Zeit ist, die Scottish National Party zu wählen“, t…
DUBLIN taz | Großbritannien ist mit einem Dutzend überregionaler
Tageszeitungen gesegnet. Keine davon ist neutral. Am Donnerstag wählen die
Briten ein neues Parlament, und die Zeitungen bombardieren sie seit Monaten
mit Wahlempfehlungen – manche subtiler, manche mit dem Holzhammer.
Von den sogenannten Qualitätsblättern unterstützt nur der Guardian die
Labour Party. Die anderen – Financial Times, Times, Telegraph – stehen den
Tories nahe. Der Telegraph veröffentlichte neulich einen offenen Brief von
5.025 Kleinunternehmern, die den Tories die Chance geben wollen, „zu
vollenden, was sie begonnen haben“.
Lediglich der Independent, der sich in der Vergangenheit für die Liberalen
Demokraten starkgemacht hatte, hielt sich lange mit einer Wahlempfehlung
zurück. Zwei Tage vor der Wahl gab er dann aber doch noch ein Plädoyer für
die Fortsetzung der Koalition aus Konservativen und Liberalen Demokraten
heraus.
Die Boulevardpresse kennt dagegen keine Zurückhaltung. Bis auf den Mirror
und den sozialistischen Morning Star, die Labour helfen wollen, sind sie
auf der Seite der Tories. Und alle arbeiten mit Umfragen, die je nach Blatt
zurechtgebogen werden. Den Vogel schoss die Daily Mail ab. Auf ihrer
Webseite hieß es am 29. März um 19.50 Uhr, Labour liege „vier Punkte vor
David Camerons Konservativen“. Das passte aber gar nicht ins politische
Weltbild des Blattes. So korrigierte man 24 Minuten später den Lapsus: „Die
Konservativen haben das beste Umfrageergebnis seit fünf Jahren erzielt und
liegen vier Punkte vor Labour“, hieß es nun auf der Webseite.
Eine Sonderrolle spielt der Daily Express. „Cameron zeigt, dass er die
Sorgen unserer Leser teilt“, findet das Blatt, und deshalb soll man ihn
wählen. Eigentümer Richard Desmond hat allerdings der EU-feindlichen United
Kingdom Independence Party (Ukip) vorigen Monat eine Million Pfund
gespendet. Offenbar will er sich alle Optionen offenhalten. Es ist kein
Geheimnis, dass er auf einen Oberhaussitz scharf ist.
## Fickend durchs Vereinigte Königreich
Aber genauso wenig ist es ein Geheimnis, dass der Mirror dem Rivalen ein
lukratives Kaufangebot unterbreitet hat. Dann blieben Desmond nur seine
Fernsehsender Television X und Red Hot TV, auf denen Filme mit Titeln wie
„Vorstadt-Perversionen“ oder „Fickend durchs Vereinigte Königreich“ la…
Damit kann er sich weder für einen Oberhaussitz bewerben noch auf das
Wahlverhalten einwirken.
Die Sun hingegen ist stolz auf ihre politische Einflussnahme. Ihre
Überschrift nach den Wahlen 1992 ist berühmt: „Es ist die Sun, die es
gewonnen hat.“ Der kleinformatige Schmutzkübel hatte eine erbarmungslose
Kampagne gegen Labour und deren Chef Neil Kinnock geführt, die am Wahltag
in der Schlagzeile gipfelte: „Wenn Kinnock heute gewinnt, möge die letzte
Person, die Großbritannien verlässt, bitte das Licht ausschalten.“ Die
Sache funktionierte, der bereits abgeschriebene Tory-Chef John Major gewann
knapp.
Diesmal hat sich das Blatt erneut auf Labour eingeschossen, und die
Liberalen Demokraten bekommen auch ihr Fett ab: „Die Wähler von Labour und
Liberalen sind am anfälligsten für Drogen- und Alkoholmissbrauch in ihrem
vergeblichen Versuch, ihre Lebenssituation zu verbessern“, fabulierte der
Sun-Autor.
Nach der Fernsehdebatte der Parteiführer im vergangenen Monat titelte das
Blatt unter einem Foto von Labour-Chef Ed Miliband: „Ups! Ich habe gerade
die Wahl verloren.“ Im Artikel hieß es, die Zuschauer hätten ein
„vernichtendes Urteil“ über ihn gefällt. Am Abend zuvor hatte die Zeitung
ihr Titelblatt an die BBC-Nachrichten für deren Presseschau gefaxt – bevor
die Live-Debatte überhaupt begonnen hatte.
7 May 2015
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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Labour
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