# taz.de -- Flüchtlingskrise in Europa: Abgeschottet auf der Insel | |
> Die britische Innenministerin will im Meer aufgegriffene Flüchtlinge | |
> sofort zurückschicken. Sie bekräftigt ihren Widerstand gegen eine Quote. | |
Bild: Wer das Mittelmeer „in Hoffnung auf ein besseres Leben“ überquert, i… | |
DUBLIN taz | Flüchtlinge gehören dort hin, wo sie hergekommen sind. Das | |
schrieb die britische Innenministerin Theresa May am Mittwoch in einem | |
Gastbeitrag für die [1][Times]. Flüchtlingsboote auf dem Mittelmeer sollen | |
zurückgeschickt werden. Eine Quotenregelung, wie sie EU-Parlamentspräsident | |
Martin Schulz von der SPD befürwortet, lehnt May ab. „Das würde nur noch | |
mehr Menschen ermutigen, ihr Leben zu riskieren“, schrieb sie. | |
Deshalb werde Großbritannien an keinem verbindlichen System der Umsiedlung | |
teilnehmen. Schulz hatte gesagt: „Der Egoismus einzelner Teile der | |
Europäischen Union verhindert seit 20 Jahren eine effektive und humane | |
Lösung dieser Probleme.“ | |
May widersprach der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini, die gesagt | |
hatte, dass keine Migranten, die auf See aufgegriffen werden, gegen ihren | |
Willen zurückgeschickt werden sollen. „Wir müssen zwischen Menschen | |
unterscheiden, die vor Verfolgung flüchten, und denjenigen, die das | |
Mittelmeer in der Hoffnung auf ein besseres Leben überqueren“, schrieb May. | |
„Großbritannien hat eine stolze Tradition der Hilfe für Menschen in Not, | |
aber wir dürfen keine neuen Anreize für Leute schaffen, die aus | |
wirtschaftlichen Gründen kommen." | |
Stattdessen solle sich die EU darum bemühen, „sichere Landeplätze in | |
Nordafrika zu schaffen, unterstützt durch ein aktives | |
Rückführungsprogramm“. In einer Rede im Unterhaus gab May am Mittag nähere | |
Erläuterungen zu ihren Äußerungen in der Times. Sie wolle eng mit den | |
Vereinten Nationen zusammenarbeiten, um „mehreren Hundert syrischen | |
Flüchtlingen Zuflucht“ zu bieten, aber sie betonte erneut, dass | |
Großbritannien sich vorbehalte, die am meisten gefährdeten Personen | |
auszusuchen und über die Gesamtzahl zu entscheiden. | |
## Rund 500 syrische Flüchtlinge sollen einreisen dürfen | |
Priorität haben Folteropfer, Frauen und Kinder, Opfer sexueller Gewalt | |
sowie Menschen, die medizinische Hilfe benötigen, sagte sie. Familien | |
sollen nicht auseinander gerissen werden, versprach May, und Kinder sollen | |
nicht von ihren Eltern getrennt werden. Zahlen wollte sie nicht nennen, | |
aber das Außenministerium hat durchblicken lassen, dass rund 500 Menschen | |
einreisen dürfen. | |
Selbst das ist für eine Reihe von Tory-Hinterbänklern zu viel. Andrew | |
Bridgen beschuldigte May, ihre „Feigenblattaktion sei reiner | |
Opportunismus“. Yvette Cooper, die innenpolitische Sprecherin der Labour | |
Party, begrüßte Mays Erklärung, kritisierte aber, dass Großbritannien nach | |
wie vor nicht dem Syrien-Hilfsprogramm des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR | |
beigetreten sei, an dem 18 andere Länder teilnehmen. Das britische Programm | |
erfülle den Geist des UNHCR-Programms, entgegnete May, aber es sei | |
technisch kein Teil davon. | |
In der Praxis wird es so aussehen, dass das Flüchtlingshilfswerk Personen | |
für das britische Programm vorschlägt, aber die Entscheidung, wer einreisen | |
darf, bleibt der Regierung in London vorbehalten. Die Flüchtlingshilfe soll | |
von der syrischen Regierung mitfinanziert werden: May will prüfen lassen, | |
ob man die 90 Millionen Pfund syrischer Regierungsgelder, die auf | |
britischen Konten eingefroren sind, dafür verwenden könne. | |
13 May 2015 | |
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[1] http://www.thetimes.co.uk | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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