# taz.de -- Webserie über Modemetropole Kinshasa: Eine nicht endende Performan… | |
> Die Serie „Kinshasa Collection“ beleuchtet die Verflechtungen des | |
> Textilhandels zwischen der DR Kongo, China und Europa. | |
Bild: Die jüngeren Sapeurs in Kongo entdecken die japanischen Designer | |
Man kann den Mangel oder das Begehren an den Anfang stellen. Und fragen, | |
wie der Mangel das Begehren strukturiert und auf was das Begehren sich | |
eigentlich bezieht. Man würde womöglich schnell in eine Verfallsgeschichte | |
geraten, denn wo der Mangel konstitutiv ist, kann er nicht aufgelöst | |
werden, und an die Stelle des einen tritt immer wieder ein weiterer Mangel, | |
es ist eine endlose Geschichte. | |
Sprechen wir also nur vom Begehren. Von der Oberfläche, dem Körper, der | |
Performance, nicht von seinem Unbewussten. Nehmen wir die Aussage „Ich ist | |
ein Anderer“ als Postulat, als produktiven Wunsch. Mode spielt mit diesem | |
Begehren. Nirgends wird das sichtbarer als bei den postmodernen Helden in | |
den Straßen von Kinshasa oder Brazzaville: den Sapeurs. | |
Ein Dreiteiler in schrillem Gelb, maßgeschneidert, ein Spazierstock mit | |
Knauf, goldfarben, das Hemd gestärkt, kräftiges Pink, die | |
überdimensionierte Brille eine Versacekopie mit Goldornament, Goldkette, | |
Goldmanschetten, die Schuhe aus Krokodilsleder, die Spitze des Prunk. Dior | |
und Yves Saint Laurent sehen auch in der Highendkopie aus den Fabriken, | |
wo die echten Diors und Yves Saint Laurents produziert werden, wahnsinnig | |
gut aus. Die jüngeren Sapeurs in Kongo entdecken die japanischen Designer: | |
Yohji Yamamoto zwischen Wellblechhütten. Auf den staubigen Straßen wirkt | |
das Schwarz der Kleidung schnell fahl. Endlich schließen sich auch Frauen | |
der Bewegung an. | |
Der Sapeur ist ein Dandy und in seiner Maßlosigkeit ist er die Persiflage | |
des Dandys. Der Sapeur eignet sich die Gesten des Herrn an und setzt die | |
Feier der Ironie über die Banalität der Herrschaft. | |
## Identität als Überlebenslüge | |
Diktator Mobutu Sese Seko will 1971 ein neues Zeitalter der Authentizität | |
und verbietet westliche Kleidung. Die Sapeure setzen die Performance gegen | |
die soziale Klasse und die Maske gegen das identifizierte Ich. Zwei Söhne | |
von Mobutu laufen zu den Sapeurs über. Heute sind sie 30.000. Das Leben mag | |
prekär sein, nichts ist wichtiger als das nächste Flanieren. | |
Eine nicht endende Performance. Jene, die immer schon zu glauben wussten, | |
wo die Subjekte ihren Platz einzunehmen haben, werden den Schein und die | |
Maske des Sapeurs als Lüge enttarnen wollen. Aber liegt nicht etwas | |
Ermächtigendes in der Maske? Der Sapeur entlarvt Identität als | |
Überlebenslüge einer jeden normierenden sozialen Ordnung. Er breitet die | |
Kategorien vor dem Betrachter aus, Klasse, Geschlecht, Race, um sie in | |
einem einfachen Tanz ad absurdum zu führen. | |
[1][Der Web-Episodenfilm „Kinshasa Collection“] erzählt von ihnen und den | |
vielen sich kreuzenden Wegen in der Modemetropole Kinshasa. Doch wie konnte | |
Mode in Kinshasa eigentlich so wichtig werden? Fortsetzung folgt an dieser | |
Stelle. | |
28 Jul 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.xn--kinshasa-collection-c0ad.com | |
## AUTOREN | |
Tania Martini | |
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