# taz.de -- Museum Yves Saint Laurent in Marokko: Lang gehegter Traum | |
> In Marrakesch eröffnet am Donnerstag das Museum Yves Saint Laurent. Zu | |
> sehen sind 50 seiner Kleider – und die unglaublichsten Accessoires. | |
Bild: Außenansicht des Museums Yves Saint Laurent in Marrakesch | |
„Alles beginnt mit der Skizze“, schreibt David Teboul in seinem Prachtband | |
„Yves Saint Laurent, 5, avenue Marceau, 75116 Paris, France“ über den | |
Modemacher und erzählt, dass sich Saint Laurent, um zu zeichnen, in sein | |
Haus in Marrakesch zurückzog, wo er allein war. Legte er den Stift aus der | |
Hand, hatte die Kollektion ihre Form gefunden. Dann kehrte er nach Paris | |
zurück und stürzte sich sofort in die Produktion. | |
Entsprechend diesem Muster sind auch die zwei neuen, Yves Saint Laurent | |
gewidmeten Museen angelegt. Während das Haus in Paris in der Avenue Marceau | |
Nr. 5, das am 3. Oktober eröffnete, den Prozess der Kreation nachzeichnet, | |
steht das in Marrakesch für Rückzug und Inspiration. Hinter dem Jardin | |
Majorelle, am Ende der Rue Yves Saint Laurent gelegen, macht es heute, am | |
19. Oktober, seine Tore auf. | |
Dann tritt das Publikum in einen runden Innenhof, der wie die Außenfassade | |
rosafarbenen Backstein zeigt, mit einem breiten Band reliefartig darüber | |
gesetzter, rot glasierter Ziegel und einem ebenfalls rosafarbenen | |
Granitblock, in den das YSL-Logo eingelassen ist. Das Pariser | |
Architekturbüro Studio KO hat den Bau als eine moderne Hommage an die | |
traditionelle Riad-Architektur Marokkos und im Besonderen an den Marrakesch | |
beherrschenden Rotton angelegt. | |
Das Museum realisiert einen lange gehegten Traum von Saint Laurents | |
Lebenspartner Pierre Bergé, dem in seiner Funktion als Nachlassverwalter | |
nicht nur das erwartbare Museum in Paris am Herzen lag, sondern ebenso | |
sehr, wenn nicht mehr, das in Marrakesch, der Stadt, die er und Yves Saint | |
Laurent schon ganz früh, Mitte der 1960er Jahre, für sich entdeckt hatten. | |
## Hommage in Rot | |
1980 erwarben sie dann ein vergessenes Anwesen vor den Toren der Altstadt. | |
Dort hatte der französische Malers Jacques Majorelle 1924 sein Atelierhaus | |
erbaut und einen prächtigen Garten mit Pflanzen angelegt, die er von seinen | |
Reisen aus aller Welt mitgebracht hatte. Kakteen, Palmen, Bananenstauden, | |
Bambus, Seerosen, Farne, Bougainvilleas. Als der Künstler 1962 starb, | |
verwilderte der Park. Über sechs Jahre dauerte die Restaurierung von | |
Garten und Atelier durch Yves Saint Laurent und Pierre Bergé. | |
Unglücklicherweise starb Bergé am 8. September, also rund einen Monat | |
bevor er selbst hätte den 400 Quadratmeter großen, tiefschwarzen | |
Ausstellungsraum betreten können, in dem nun 50 von Yves Saint Laurent | |
entworfene Kleider ausgestellt sind. Sie werden nur von kleinen Spotlights | |
erhellt und den Videomonitoren, begleitet von Musik und Erzählerstimmen. | |
Auf den Monitoren zu sehen sind Zeichnungen, Fotografien, Dokumentationen | |
der Modenschauen und weitere Dokumentarfilme. | |
Obwohl sie Christophe Martin, der Szenograf des Hauses, nur mit wenig Licht | |
konfrontiert, werden sie in Zukunft aus konservatorischen Gründen | |
regelmäßig ausgetauscht. Was die schöne Folge hat, dass die ständige | |
Sammlung doch immer wieder einen neuen Auftritt hat. Derzeit eröffnet eines | |
der berühmten frühen Mondrian-Kleider den Reigen der Exponate, der zunächst | |
selbst in tiefster Schwärze prunkt, etwa beim berühmten Smoking von 1966 | |
oder dem Pea Coat mit den dicken goldenen Knöpfen, in den man sofort | |
schlüpfen möchte. In der Zeit danach, als Saint Laurent Marrakesch entdeckt | |
hatte, explodiert der Kleiderreigen in den schönsten Farben. | |
## Luxus an Einfallsreichtum | |
In den Kapiteln Geträumtes Afrika, Imaginierte Reise, Garten und Bälle sind | |
herrliche, nie zuvor in der Öffentlichkeit gesehene Kleidungsstücke zu | |
entdecken und in den Vitrinen die unglaublichsten Accessoires. Ganz konträr | |
zu diesem Luxus an Einfallsreichtum, an Materialien, Farben und Formen hat | |
Yves Taralon dann das Studio Café eingerichtet. Mit seinen einfachen Möbeln | |
aus hellem Holz strahlt der Raum, der tatsächlich Yves Saint Laurents | |
Studio zum Vorbild hat, eine geradezu klösterliche Ruhe aus. | |
Weitere Räume sind eine Fotogalerie, in der jedes Jahr ein anderer Fotograf | |
gezeigt wird, der mit Saint Laurent zusammengearbeitet hat. Dazu kommt eine | |
Galerie für Wechselausstellungen. Sie eröffnet Jacques Majorelles, dessen | |
heute weitgehend vergessene Bilder für Marokko-Liebhaber einen wahren | |
Schatz an Farben und Impressionen bereit halten. | |
Sehr zu Unrecht vergessen ist auch Isabelle Hebey (1935–1996), die | |
Innenarchitektin, die 1966 Yves Saint Laurents Rive-Gauche-Boutiquen | |
weltweit mit Lackelementen in jenem berühmten Ochsenblutrot ausstattete, | |
das man vom Parfum Opium kennt und das nun den Buchladen schmückt. | |
Besonders interessant neben der Kleidergalerie sind das Depot mit weiteren | |
Textilien, aber auch Sammlungsbeständen zur Kultur der Berber, das | |
Forschern offen steht. Der Berberkultur gilt auch der Großteil des teils | |
raren Buchbestands der Forschungsbibliothek. Das Pierre-Bergé-Auditorium | |
mit 150 Sitzplätzen bietet dann Raum für Filmvorführungen, Konzerte, aber | |
auch wissenschaftliche Symposien. Mit diesen drei Einrichtungen öffnet sich | |
das Museum der Stadt und sucht den Kontakt zu Universitäten und | |
Kulturinstitutionen Marokkos. | |
19 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Brigitte Werneburg | |
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