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# taz.de -- Musée Yves Saint Laurent in Paris: Glücklich ist, wer vergisst
> Im Musée Yves Saint Laurent träumt der Modemacher einmal seinen
> grandiosen Traum von Asien. Draußen beherrschen die Gelbwesten das Bild.
Bild: Ausstellungsansicht im Musée Yves Saint Laurent
Wer sich in diesen, sagen wir „stürmischen“ Tagen in Paris ein bisschen
Ruhe gönnen möchte und gerne einmal vergessen will, wo wir Ende 2018 mit
der Welt stehen, der sollte sich unbedingt in das Musée Yves Saint Laurent
im 16. Arrondissement der Stadt begeben. Und sollte dafür aber auch einen
gewissen Sinn für Anachronismus mitbringen.
Denn während am vergangenen Samstag nur einen knappen Kilometer von der
Avenue Marceau entfernt Tausende Menschen gegen steigende Spritpreise und
ein als schlecht empfundenes Leben demonstrierten, sich am Arc de Triomphe
vergriffen, Schaufenster einschlugen und Autos anzündeten, bewegte man sich
hier, in der ersten temporären Ausstellung des Hauses, in einem Kosmos, der
angesichts der Gewaltausbrüche vor der Tür noch um einiges glänzender
erschien, als er es ohnehin schon ist. Es wirkte wie eine sehr befriedete,
sehr einfache Welt von gestern.
Gezeigt wird hier, in den ehemaligen Arbeitsräumen des französischen
Couturiers Yves Saint Laurent, wie sich dieser Ende der siebziger Jahre,
genauer 1977, also just als die Globalisierung begann und dazu führte, dass
wir uns heute mehr nach Gesinnung als nach Weltregion kleiden, an
traditionellen Gewändern aus Asien versuchte.
## Yves Saint Laurents Idee von Asien
Was wir hier durch bunt leuchtende, mit Blumen bestickte Seidengewänder,
mit Steinen besetzte und wie Goldregen funkelnde Kleider, Brokat-Kimonos
und bauchfreie Saris entdecken, ist das China der Kaiserzeit, Japan und
Indien. Oder besser gesagt: Es ist die Vorstellung, die Yves Saint Laurent,
der gerne sagte, er müsse nur ein Buch öffnen oder sich ein Bild ansehen,
um an einen fernen Ort zu reisen, von diesen Orten hatte.
„L’Asie rêvée“, so heißt die Ausstellung, ist eine Fantasiewelt, eine
Projektion. Man weiß ja um Saint Laurents Liebe zur Exotik: Seine im Jahr
davor entstandene russische Kollektion „Opéra – Les Ballets Russes“ wurde
legendär, in Marokko, das sagte sein Lebenspartner Pierre Bergé oft,
entdeckte der Modemacher die Farbe.
In Asien entdeckt er, zumindest hat man hier diesen Eindruck, eine gewisse
Idee der Frau. Oder besser gesagt eine weitere Facette dessen, was eine
Frau alles sein kann: unerhört glamourös im indischen Teil, unverschämt
elegant im japanischen und irgendwo dazwischen, auf jeden Fall immer
sinnlich, in der chinesischen Kollektion.
## YSL’s bekanntestes und skandalträchtigstes Parfüm
Diese Abteilung, jene, die von der berühmten „Kaiserwitwe“ Cixi, von Vasen
der Ming-Dynastie und der Ästhetik von Wong Kar-Wais „In the Mood for Love“
inspiriert ist, ist am stärksten repräsentiert. Was, abgesehen von der
Schönheit und Eleganz der Kleider und Westen, wahrscheinlich auch damit zu
tun hat, dass aus dieser Inspiration auch „Opium“, YSL’s bekanntestes und
skandalträchtigstes Parfüm, entstand.
Ihm sind in der Ausstellung eine ganze Wand und ein Video gewidmet, da es,
so erklärt da eine Mitarbeiterin, für das Haus einen Wendepunkt markierte:
Sein Name, Opium, und der Slogan „Für jene, die sich Yves Saint Laurent
ganz hingeben“, führte im Winter 1977/78 dazu, dass das Haus und sein
Parfüm regelmäßig in den Schlagzeilen landete, weil es regelrechte
Protestmärsche auslöste.
## „Ban Opium!“
„Ban Opium!“, schrien da Frauen auf den Straßen von Paris und New York und
schenkten Saint Laurent damit eine Gratis-Werbung. Bis heute gilt „Opium“
als eines der erfolgreichsten Parfüms aller Zeiten. Heute schreien die
Menschen auf den Pariser Straßen etwas anderes.
Und wenn man dort, in den plüschigen Räumen des Museums, Pierre Bergé hört,
der damals meinte, dieses Opium müsse man literarisch verstehen, es müsse
Baudelaire und seine „Paradis Artificiels“ evozieren, dann wird einem
plötzlich, fast noch mehr als durch die Kleider bewusst, wie weit wir uns
von dieser Welt, von dieser Idee der Mode als kulturellen Evokationsraum
weg entfernt haben.
4 Dec 2018
## AUTOREN
Annabelle Hirsch
## TAGS
Yves Saint Laurent
Mode
Opium
Mode
Schwerpunkt Emmanuel Macron
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Yves Saint Laurent
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