| # taz.de -- Verkehrsreformen vorerst gescheitert: Bundesrat bremst Verkehrswend… | |
| > Die Länder stimmen gegen das neue Straßenverkehrsgesetz. Kommunen und | |
| > Verbände hatten auf Radwege und Tempolimits gehofft. | |
| Bild: Mehr Tempo-30-Zonen einzuführen bleibt erstmal schwierig | |
| Berlin taz | Thomas Dienberg ist hörbar enttäuscht. Am Freitag hat der | |
| Bundesrat die Reform des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) überraschend | |
| abgelehnt. „Die Nachricht hat uns ziemlich getroffen“, sagt Dienberg, | |
| Baubürgermeister in Leipzig und Sprecher der Initiative „Lebenswerte Städte | |
| durch angemessene Geschwindigkeiten“. | |
| Mehr als 1.000 Kommunen sind Teil des Bündnisses. Zusammen setzen sie sich | |
| für mehr Spielraum bei der Verkehrswende vor Ort ein – zum Beispiel bei der | |
| Einführung von Tempolimits, neuen Radwegen oder Busspuren. Das neue StVG | |
| sollte die Möglichkeiten für die Städte und Gemeinden erweitern, wenn auch | |
| aus Sicht der Initiative nicht in ausreichendem Maße. Kleine Fortschritte | |
| aber wären nach Dienbergs Ansicht immer noch besser gewesen als gar keine. | |
| „Dass so viele Kommunen ganz offensichtlich weder im Bund noch in den | |
| Ländern genug Gehör für fühlbare Änderungen vor Ort finden, ist eine sehr | |
| bittere Erkenntnis.“ | |
| Dabei warben noch in der Bundesratssitzung am Freitag sowohl Landes- als | |
| auch Bundesvertreter:innen für die neuen Regelungen. Der Bundestag | |
| hatte die [1][StVG-Novelle Mitte Oktober abgesegnet], nun empfahl der | |
| federführende Verkehrsausschuss dem Bundesrat, ihr zuzustimmen. Daniela | |
| Kluckert, die parlamentarische Staatssekretärin des FDP-geführten | |
| Bundesverkehrsministeriums, machte sich für das Gesetz stark. | |
| Trotzdem war es nicht mehrheitsfähig. Mehrere Länder enthielten sich – | |
| darunter Unions-, SPD- und Grün-geführte Landesregierungen. Ein Argument: | |
| Die Sicherheit des Straßenverkehrs dürfe durch neue Kriterien der | |
| Verkehrsplanung; etwa den Klima- und Umweltschutz, nicht aufs Spiel gesetzt | |
| werden. | |
| ## Straßenverkehrsgesetz aus der Kaiserzeit | |
| „Der Vorwurf ist absurd: Die erleichterte [2][Anordnung von Radwegen] oder | |
| Zebrastreifen würde vielerorts helfen, die Straßen für die Menschen | |
| sicherer zu machen“, meint die Grüne Swantje Michaelsen, Mitglied im | |
| Bundesverkehrsausschuss. Das Problem sei vielmehr das aktuelle | |
| Straßenverkehrsgesetz aus der Kaiserzeit, denn „die Flüssigkeit des | |
| Autoverkehrs darf nur eingeschränkt werden, wenn es bereits Verletzte und | |
| Tote gibt“. | |
| Mit der StVG-Novelle sollten Verkehrsprojekte leichter umgesetzt werden | |
| dürfen, wenn sie dem Klima- und Umweltschutz, der Gesundheit oder der | |
| städtebaulichen Entwicklung dienen – bisher waren die Flüssigkeit und | |
| Sicherheit des Autoverkehrs das höchste Ziel. | |
| Das StVG bildet die gesetzliche Grundlage. Die [3][konkreten | |
| Handlungsmöglichkeiten für die Kommunen] schreibt die | |
| Straßenverkehrsordnung (StVO) vor. Auch für sie standen am Freitag | |
| ursprünglich neue Regelungen zur Abstimmung. Noch vor der Sitzung der | |
| Länderkammer hatten sich verschiedene Ausschüsse des Bundesrats für | |
| weiterreichende Änderungen ausgesprochen, um den Städten und Gemeinden mehr | |
| Freiheiten zu lassen. Nach der Ablehnung der StVG-Reform aber flog die StVO | |
| ganz aus der Tagesordnung. | |
| „Das Verhalten der Bundesländer ist rückständig und unverantwortlich“, | |
| kommentiert Frank Masurat, der Bundesvorsitzende des Fahrradclubs ADFC. Er | |
| fürchtet um den Radwegeausbau. „Bund und Länder müssen jetzt im | |
| Vermittlungsausschuss schnell eine Lösung finden, wie die Reform noch | |
| umgesetzt werden kann“, fordert Masurat – im Einklang mit dem Verband für | |
| Fußverkehr und der Initiative für lebenswerte Städte. | |
| 26 Nov 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Nanja Boenisch | |
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