# taz.de -- Verkehrspolitisches Jahrhundertprojekt: Hamburg lockt Klagende | |
> Die Kritik am Bau der neuen U-Bahn-Linie 5 wächst. Doch nun hat die | |
> städtische Hochbahn außergerichtliche Einigungen mit Kläger:innen | |
> erzielt. | |
Bild: Steht eisern hinter der U5: Umweltsenator Anjes Tjarks (Grüne) | |
HAMBURG taz | Nun sind es nur noch sieben Kläger:innen: Nachdem neun | |
betroffene Anwohner:innen Klage gegen den Bau der neuen U-Bahn-Linie 5 | |
in Hamburg eingereicht hatten, hat sich die städtische Hamburger Hochbahn | |
AG mit zwei Kläger:innen außergerichtlich geeinigt – sie ziehen ihre | |
Klage vor dem Hamburger Oberverwaltungsgericht (OVG) zurück. | |
Da sich die Hochbahn auch in Gesprächen mit den restlichen sieben | |
Kläger:innen befindet, ist sie optimistisch, den Gang vors Gericht über | |
die Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens abwenden zu können. Ob das realistisch | |
ist, bleibt angesichts der [1][umfangreichen umweltpolitischen Kritik] an | |
dem Vorhaben aber fraglich. | |
Hamburgs fünfte U-Bahn-Linie soll von den nordöstlichen Stadtteilen | |
Bramfeld und Steilshoop zum Hauptbahnhof im Stadtzentrum und von dort | |
weiter über die Universität und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf | |
bis zum Volksparkstadion im Nordwesten der Stadt führen. Mit diesem | |
Jahrhundertprojekt will der rot-grüne Senat rund 100.000 | |
Einwohner:innen erstmals an das Hamburger Schnellbahnnetz anzuschließen | |
– und so den Autoverkehr verringern. | |
Hinzu sollen sich die Fahrtwege für die Anwohner:innen, die entlang des | |
Streckenverlaufs auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen sind, drastisch | |
verkürzen. Die Zahl der Menschen, die die U5 täglich nutzen werden, | |
schätzen Verkehrsbehörde und Hochbahn auf 270.000. | |
## Die Bauarbeiten haben bereits begonnen | |
Die Planungen dafür laufen bereits seit rund acht Jahren, in den kommenden | |
Jahrzehnten soll das Projekt in mehreren Abschnitten nacheinander umgesetzt | |
werden. So gab es für den ersten Bauabschnitt – von Bramfeld über | |
Steilshoop in die City Nord – Ende September 2021 den | |
Planfeststellungsbeschluss. Die Hochbahn hat nun auch erste Vorarbeiten in | |
Gang gebracht. Dieser Tage wird die Baustellenfläche für die | |
Tunnelbohrmaschine hergestellt. | |
Ende November 2021 hatten Anwohner:innen aus dem Stadtteil Bramfeld vor | |
dem OVG Klage gegen das Bauvorhaben in diesem Abschnitt eingereicht. Die | |
Hamburger Hochbahn bestätigt, dass von den ursprünglich neun Klagen nun | |
noch sieben übrig sind. Darüber hatte zuerst das Hamburger Abendblatt am | |
Montag berichtet. | |
Über den Inhalt der Einigungen will sich die Hochbahn nicht äußern – noch | |
liefen schließlich weitere Gespräche. „Unsere Juristen sind in Gesprächen | |
mit allen Klägern“, sagt Hochbahn-Sprecherin Pia Seidel. Das stimmt die | |
Hochbahn optimistisch, den Klageweg vor das Oberverwaltungsgericht abwenden | |
zu können. Auch in dieser Woche würden wieder Gespräche mit den | |
Kläger:innen geführt werden. „Wir sind zuversichtlich, dass es zu | |
einvernehmlichen Lösungen kommen wird“, sagt Seidel. | |
Allerdings ist das keineswegs gewiss. So geht es im Kreis der Klagen nicht | |
einzig um Aspekte wie den anstehenden Baulärm, durch den die | |
Anwohner:innen belastet werden – um Streitpunkte also, bei denen durch | |
eventuelle Zahlungen oder Zugeständnisse vergleichsweise einfach Einigungen | |
erzielt werden können. | |
## Kritik wegen grauen Emissionen | |
Mindestens eine noch bestehende Klage bezieht sich auf die [2][ökologischen | |
Folgen des Baus]. Grundlage der Kritik ist eine Studie, durchgeführt von | |
Kritikern, die dem Bau der unterirdischen Linie eine katastrophale | |
Klimabilanz attestieren: Die Ingenieure Günter Betz und Stefan Knittel | |
sowie der Volkswirt Thomas Philipp haben die zu erwartenden Emissionen | |
ermittelt, die während dieser Arbeiten entstehen würden. Laut den Autoren | |
sollen das insgesamt rund 10,2 Millionen Tonnen CO2 sein. Wie die Hochbahn | |
diese Kläger:innen zu einer schnellen Einigung bekommen will, ist | |
unklar. | |
Diese Kritik hatte zuletzt Rückenwind erhalten: Auch der aus | |
Wissenschaftler:innen bestehende Klimabeirat der Stadt kritisiert den | |
Bau der neuen U-Bahn-Linie. Bei den Entscheidungen über | |
Infrastrukturprojekte müsse die Bilanzierung von Treibhausgasemissionen | |
während des Baus und des Betriebs stärker als bisher beachtet werden. | |
Explizit bemängelte der Beirat, dass dies beim Bau der Autobahn 26-Ost und | |
beim Bau der U5 nicht geschehen sei. Den Senat fordert er auf, [3][diese | |
Berechnungen nachzuholen.] | |
Die zum Kreis der Kritiker:innen gehörende Initiative „Elbtram | |
Jetzt!“, die statt der U-Bahn eine Straßenbahn fordert, hat deshalb die | |
Hoffnungen noch nicht aufgegeben. „Schließlich wird immer klarer, dass die | |
U5 nicht den versprochenen Beitrag zur Mobilitätswende leistet“, sagt | |
Norbert Holtz von der Initiative. Zwar steht der grüne Verkehrssenator | |
Anjes Tjarks vehement hinter dem Projekt, doch ist nicht der komplette | |
grüne Landesverband glücklich mit dem Bau. „Wir hoffen da noch auf eine | |
grüne Umorientierung“, sagt Holtz. | |
12 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Bau-der-U5-in-Hamburg/!5801419 | |
[2] /Kritik-an-neuer-U-Bahnlinie-in-Hamburg/!5789576 | |
[3] /Hamburger-Projekt-zur-Kostenkalkulation/!5815779 | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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