# taz.de -- Stadtbahndebatte in Hamburg: Der schnellste Weg zum Klimaziel | |
> Der Hamburger Senat will eine neue U-Bahn bauen, um die Verkehrswende und | |
> den Klimaschutz voranzutreiben. Kritiker finden das zu teuer und | |
> langwierig. | |
Bild: Volles Podium beim taz salon: Moderatorin Kaija Kutter (2.v.l.) mit ihren… | |
Hamburg taz | Der Plan des rot-grünen Hamburger Senats, eine neue | |
U-Bahnlinie zu bauen, um seine Klimaschutzziele zu erreichen, stößt bei | |
Verkehrsplanern und der Linken auf Kritik. Die U-Bahn sei zu teuer, komme | |
zu spät und werde am Bedarf vorbei gebaut, lässt sich die Kritik im taz | |
salon am Dienstagabend zusammenfassen. Titel: „Der schnellste Weg zum | |
Klimaziel“. | |
Der Senat möchte den Anteil von Bus und Bahn an allen Wegen bis 2030 von 22 | |
auf 30 Prozent steigern. „Das wird mit der U5 nicht gelingen“, | |
prognostizierte Heike Sudmann, Bürgerschaftsabgeordnete der Linken. Denn | |
2030 werde die neue Bahnlinie allenfalls auf einem sechs Kilometer langen | |
Teilstück verkehren. | |
[1][Die Linke hatte eine Studie in Auftrag gegeben], die [2][zu dem Schluss | |
kommt, dass eine Straßen- oder Stadtbahn die bessere Alternative wäre] als | |
eine 24 Kilometer lange und wohl mindestens zehn Milliarden Euro teure | |
U-Bahn. „Für drei Milliarden Euro baue ich Ihnen 200 Kilometer Stadtbahn“, | |
sagte [3][Jens Ode, Mitverfasser der Studie]. Der Busplaner Bernd-Dieter | |
Schlange forderte dagegen: „Wir müssen massiv in den Busverkehr | |
investieren.“ | |
Ode verwies darauf, dass der frühere Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) der | |
Stadtbahn eine Absage erteilt habe. „Verkehrspolitik ist in Hamburg leider | |
Parteipolitik“, sagte er und forderte einen runden Tisch für einen | |
Generalverkehrsplan. | |
## Nicht zu Potte gekommen | |
Der SPD-Abgeordnete Ole Thorben Buschhüter verwies darauf, dass frühere | |
Stadtbahnpläne umstritten waren und sich in zwei Wahlen nicht durchsetzen. | |
„Jetzt wieder bei null anzufangen, wäre doch irre“, sagte er. | |
Auch Verkehrssenator Anjes Tjarks (Die Grünen) hatte bei der | |
Landespressekonferenz am Dienstagmittag gebeten, das alte Fass Straßenbahn | |
nicht wieder aufzumachen. „Es geht darum, dass wir tatsächlich in den Bau | |
neuer Schnellbahnverbindungen kommen werden“, sagte er. Hamburg sei dabei | |
in den vergangen 40 Jahren nicht zu Potte gekommen. „Das lag auch daran, | |
dass planreife Projekte kurz vor Toresschluss abmoderiert wurden“, sagte | |
Tjarks. | |
Beim technischen Konzept will die Hochbahn zur Weltspitze aufschließen. | |
Die Bahn soll automatisch fahren und über Bahnsteigtüren verfügen, sodass | |
nur an bestimmten Stellen eingestiegen werden kann. Das soll in | |
Spitzenzeiten einen 90-Sekunden-Takt ermöglichen. In Randzeiten können die | |
Züge künftig verkürzt werden und häufiger fahren. | |
Dem Einwand, dass eine U-Bahn im Betrieb viel mehr Energie verbraucht als | |
eine Straßenbahn, begegnete Hochbahn-Chef Hendrik Falk mit dem Argument, | |
dass auch die U-Bahn mit Ökostrom fahren werde. Für die Größenordnung an | |
Menschen, die die Stadt bewegen wolle, sei „eine U-Bahn genau das | |
Richtige“, sagte Falk. | |
Nach den Plänen der Hochbahn soll die U5 am stärksten frequentierten | |
Abschnitt am Dammtor 100.000 Fahrgäste täglich transportieren. | |
Angeschlossen werden sollen die Großsiedlung Steilshoop, der dicht | |
besiedelte Stadtteil Winterhude, der Bürostandort City Nord und die | |
Universität. | |
Um der Kritik die Spitze zu nehmen, hat der Senat versprochen, | |
[4][wenigstens den im Vergleich zur Straßenbahn aufwendigeren Bau der | |
U-Bahn besonders klimafreundlich zu gestalten] und dabei Maßstäbe zu | |
setzen. Das gilt von der Planung über die Auswahl der Baustoffe und die | |
Logistik bis hin zum Betrieb der Tunnelbohrmaschine mit Ökostrom. | |
„Erstmals bei einem solchen Infrastrukturprojekt sollen nicht nur die vor | |
Ort entstehenden CO2-Emissionen, sondern auch die komplette Lieferkette | |
berücksichtigt werden“, kündigte der Senat an. „So soll die | |
klimaschonendste U-Bahn Deutschlands entstehen.“ Statt 2,7 Millionen Tonnen | |
CO2 soll der Bau höchsten 850.000 Tonnen emittieren – 70 Prozent weniger. | |
Damit trüge er über die bis 2040 gerechnete Bauzeit zu 0,35 Prozent des | |
heutigen Hamburger CO2-Ausstoßes bei. | |
## Weniger Baumasse spart CO2 | |
Bei der Industrie will sich die Hochbahn deshalb um immer CO2-ärmeren Stahl | |
und Zement bemühen. „Wenn niemand diesen Stahl nachfragt, wird er auch | |
nicht produziert“, sagte Hochbahn-Chef Falk. Auf die gesamte Bauzeit | |
gerechnet werde das Projekt dabei nicht teurer, denn je mehr sich der Markt | |
entwickle, desto eher normalisierten sich die Preise. Dazu komme, dass eine | |
klimafreundliche Planung die Baumasse reduziere, ergänzte Klaus Uphoff von | |
der U5-Projektgesellschaft. | |
[5][Am 30. September will die Hochbahn symbolisch mit dem Bau beginnen]. | |
2027 soll der Probebetrieb auf dem ersten Abschnitt beginnen. Der werde | |
aber deutlich länger dauern als üblich, sagte Uphoff, wegen der vielen | |
neuen Technik. | |
Nächster taz salon in Hamburg: „Das Ende des Kapitalismus“ mit Ulrike | |
Herrmann am 25. 10. um 19.30 Uhr, Haus 73 | |
14 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Hamburger-Debatte-um-Nahverkehr/!5858347 | |
[2] https://www.die-linke-hamburg.de/presse/pressemitteilungen/detail/studie-be… | |
[3] /Studienautor-ueber-Hamburger-Nahverkehr/!5876752 | |
[4] /Bau-der-U5-in-Hamburg/!5801419 | |
[5] https://www.hochbahn.de/de/projekte/u-bahn-ausbau/die-u5-fuer-hamburg | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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