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# taz.de -- Bedarfshalte in Leipzig: Die Trams fahren durch
> Die neuen Bedarfshalte in Leipziger Trams sind zum Energiesparen gut
> gemeint, aber nicht weit genug gedacht. Sinnvoller wären andere Reformen.
Bild: Vielleicht schon vorbeigerauscht: Die Leipziger Trams halten seit Januar …
Leipzig taz | Leipzig ist Straßenbahnstadt mit Stolz. Letztes Jahr feierte
sie nicht nur das 150-jährige Bestehen, sondern war 2022 auch Gastgeberin
für die [1][Tram-EM], bei der Tramfahrer*innen aus Europa mit Bahnen
Kegel umschubsten. Im Alltag bringt sie Menschen ohne echte Alternative von
A nach B – eine U-Bahn zum Beispiel gibt es in Leipzig nicht.
Seit dem 2. Januar findet die Bahn aber kein Halten mehr. Zumindest nicht,
wenn nicht eine mitfahrende Person Bedarf anmeldet. Mit der Einführung des
Bedarfshalts nehmen die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) den Leuten auch
noch den allerletzten Komfort gegenüber dem Busfahren weg. Die Idee:
Bedarfshalte machen den Fahrplan zuverlässiger, so die LVB.
Mit Wegfall des obligatorischen Haltens an jeder Haltestelle bleiben viele
Fragen. Die Wichtigste: Wem nützt das? Sicherlich nicht den nervösen
Fahrgästen, die statt auf ihr Smartphone auf den kleinen Bildschirm an der
Deckenhalterung der Tram starren. Hier erscheint nämlich ein rotes „Stopp“,
wenn sich jemand erbarmt hat, den Halteknopf zu drücken.
Und nein, der Abbau des automatischen Haltes führt auch nicht zu mehr
Barrierefreiheit, denn die Tasten sind in vollen Bahnen schwer erreichbar.
Und mit der Coronapandemie im Hinterkopf fällt einigen sicherlich schwer,
den von vielen fettigen, bakterienbehafteten Fingern gedrückten Halteknopf
mit Elan zu drücken. Denn fest drücken muss man ihn, damit das mit dem
Halten auch wirklich klappt.
## Auf dem Land okay
Wenn die Bahnen mal leer und mal voller Haltewünsche fahren, dürfte sich
die Taktung des ohnehin nicht immer zuverlässigen Fahrplanes verändern.
Wird dann in Zukunft an den Tafeln „16 Messegelände in etwa 5 bis 12
Minuten“ stehen?
Ein Bedarfshalt, das ist vielleicht etwas für ländliche Gegenden wie
[2][Rachwitz, Schkeuditz, Nempitz oder Tollwitz], aber sollte in der
Innenstadt nicht bei jedem Halt Bedarf bestehen? Wie sieht es außerdem mit
den draußen Wartenden auf? Müssen die sich jetzt halb auf die Fahrbahn
stellen (und winken?), damit die Straßenbahn nicht vorbeirauscht?
Der LVB-Pressesprecher begründet diese Reform übrigens mit der immer
ziehenden Keule des Klimaschutzes, denn die meiste Energie würden die
Bahnen verbrauchen, wenn sie stoppen und anfahren. Wie viel das genau sein
soll, da sind sich die Verkehrsbetriebe nicht so sicher.
Und wenn die Türen öffnen, müsse in kalten Monaten zusätzlich nachgeheizt
werden, erzählte ein weiterer Pressesprecher dem MDR bei Einführung des
Bedarfshalts im Januar. Ein Bedarfshalt sei also eine Energiesparmaßnahme.
## Reform an anderer Stelle
Vielleicht sollte [3][die LVB] an dieser Stelle mal über eine Reform
nachdenken, denn die Heizung ist in den Leipziger Trams gut gemeint
hochgestellt und erinnert im Winter an Saunabesuche. Die Vermutung liegt
nahe, dass die LVB hier reformiert, wo es nichts zu reformieren gibt.
Vielleicht will sie damit auch nur darüber hinwegtäuschen, [4][dass es an
anderer Stelle nicht so glatt läuft]: Beispielsweise musste ein für 2023
geplantes Bauprojekt für einen Ausbau in der Landsberger Straße im
abgehängten Norden der Stadt verschoben werden. Kein Geld da und kein
Bauunternehmen hat den Auftrag angenommen.
Die LVB sollte sich also überlegen, ob sie in nächster Zeit nicht wieder
ein wenig geben anstatt nehmen muss: Neue Linien und ein enger getakteter
Fahrplan wären da schon mal ein Anfang.
2 Mar 2023
## LINKS
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Tram-EM
[2] /Zufriedenheit-in-Sachsen/!5876537
[3] /Kolumne-So-Sachen/!5470755
[4] /Krisengespraech-zum-Regionalverkehr/!5900842
## AUTOREN
Ann-Kathrin Leclère
## TAGS
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