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# taz.de -- Hamburger Projekt zur Kostenkalkulation: Der Preis der Klima-Schäd…
> SPD und Grüne in Hamburg wollen bei Investitionen der Stadt die Schäden
> durch CO2-Emissionen mitberechnen. Das Projekt erhält viel positive
> Resonanz.
Bild: Gehen mit viel CO2-Ausstoß einher: Baustellen wie hier an den Hamburger …
Hamburg taz | Ernteverluste, zerstörte Gebäude oder gesundheitliche
Schäden: Die Kosten, die durch den Klimawandel entstehen, sind
volkswirtschaftlich höchst relevant. In den realen Preisen etwa für
Konsumgüter und Baumaterialien spiegeln sie sich jedoch kaum wider. Auch
die öffentliche Hand beachtet bei Investitionen bisher vor allem die
unmittelbare Wirtschaftlichkeit, ohne die Kosten für Umweltschäden in die
direkten Kosten miteinzurechnen.
In Hamburg planen die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen nun in einem
Pilotprojekt erstmals, [1][Emissionskosten] einzupreisen. Dazu wollen sie
jeweils ein städtisches Bauprojekt und ein städtisches Beschaffungsvorhaben
aus dem Liefer- und Dienstleistungsbereich auswählen und zusätzlich zu den
wirtschaftlichen Aspekten einen sogenannten CO2-Schattenpreis von rund 201
Euro pro Tonne CO2 einberechnen. Am 1. Dezember stimmt die Hamburger
Bürgerschaft über den Antrag ab. Wird er angenommen, sollen die gewonnenen
Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt bis Ende 2023 ausgewertet werden.
Wie die Fraktionen in ihrem Antrag schreiben, soll mithilfe dieses fiktiven
CO2-Preises der tatsächliche wirtschaftliche Wert beurteilt werden – also
auch zukünftige Schadenskosten, die durch das CO2 entstehen, im Marktpreis
jedoch noch nicht enthalten sind – zum Beispiel Schäden durch Starkregen
und extreme Dürren. „Vermeintlich billige Preise lügen: Sie spiegeln die
tatsächlichen Folgekosten für Gesellschaft, Umwelt, Gesundheit und das
Klima nicht wider“, erklärt Rosa Domm, klimapolitische Sprecherin der
Grünen Bürgerschaftsfraktion.
Deutschlandweit gibt es bereits eine CO2-Bepreisung. Im Gegensatz zu dem in
Hamburg geplanten Schattenpreis wird diese aber über ein nationales
Emmisionshandelssystem gesteuert. Dabei müssen Unternehmen, die CO2
ausstoßen, Emissionsrechte in Form von Zertifikaten kaufen. Die Preise
dafür bilden sich am Markt aus Angebot und Nachfrage, decken jedoch nicht
zwingend die tatsächlichen Folgekosten von Emissionen ab. Derzeit liegen
die Kosten für die [2][bundesweiten CO2-Zertifikate] bei einem Festpreis
von 25 Euro pro Tonne CO2.
Katja Schumacher vom Öko-Institut begrüßt den Vorstoß der Hamburger
Regierungsfraktionen. Der Antrag sei der Weg der Wahl: „Bisher haben die
Schäden keinen Preis. Dieser Ansatz trägt zum Klimaschutz bei.“ Ähnlich
sieht es der Umweltverband BUND in Hamburg: „Man macht sich was vor, wenn
man die Folgekosten für das Klima nicht berücksichtigt. Daher ist es
grundsätzlich ein sehr spannendes und wichtiges Projekt“, sagt
Pressesprecher Paul Schmid. Es könne wichtige Erkenntnisse darüber liefern,
was es kostet, „was wir dem Klima antun“.
Auch Stephan Jersch, Fachsprecher für Umwelt der Hamburger Linken,
beurteilt den Antrag als Schritt in eine richtige Richtung: „Den
Klimaeffekt in Planungsprojekte einzupreisen, bringt natürlich etwas und
dürfte den Schwerpunkt verschieben. Bei der [3][Planung der U5] hätte
dieser Ansatz sicherlich einen Effekt gehabt.“
Der Ansatz sei aber nicht konsequent, sagt Jersch. So berücksichtigt der
Antrag einen CO2-Preis, der die Schäden für heutige Generationen höher
gewichtet als die langfristigen Schäden für künftige Generationen. „Gerade
auch auf Grundlage des [4][Bundesverfassungsgerichtsurteils] wäre es
folgerichtig, dass man die Kosten für die folgenden Generationen
gleichwertig miteinpreist.“ Statt 201 Euro pro Tonne CO2 ergäben sich dann
[5][laut Umweltbundesamt] 698 Euro.
Vor allem hält Jersch das dahinter liegende grundsätzliche Denken für
falsch: „Das Klima ist unbezahlbar und ein Wert an sich. Das sollte man
nicht abwägen, sondern immer voranstellen.“ Statt eines CO2-Preises
spricht er sich für ein festes Treibhausbudget aus. Das würde ähnlich wie
ein Finanzhaushalt funktionieren: Es gibt eine begrenzte Menge CO2, die in
einem bestimmten Zeitraum ausgestoßen werden darf. Plant man dann etwa ein
Bauprojekt, bucht man das dort anfallende CO2 vom Budget ab.
## Leider nur ein Pilotprojekt
Auf taz-Anfrage betont Friedhelm Keimeyer vom Öko-Insititut, dass
verschiedene Ansätze nicht gegeneinander ausgespielt werden sollten: „Wir
sollten CO2-Budget und Schattenpreis zusammen denken.“ Der Schattenpreis
könne Aspekte berücksichtigten, die durch Ordnungspolitik nicht geregelt
würden.
Auch wenn er wie seine Kollegin Schumacher die grundsätzliche Richtung
befürworte, sei das Vorhaben „zurückhaltend“, ergänzt Keimeyer: „Es ist
schade, dass es nur ein Pilotprojekt ist und man nicht direkt in die
Umsetzung geht.“
Der BUND fordert zudem, das Projekt auf Dauer auszuweiten: „Wenn die
Ergebnisse belastbar und gut sind, ist Hamburg in der Pflicht, sich über
den öffentlichen Bereich hinaus für eine CO2-Schattenbepreisung
einzusetzen. Auch in privaten Projekten müssen die wahren Kosten
berücksichtigt werden.“
1 Dec 2021
## LINKS
[1] /Studie-ueber-Gebaeudesektor/!5816875
[2] /Kosten-von-Klimapolitik/!5792299
[3] /Bau-der-U5-in-Hamburg/!5801419
[4] /Urteil-des-Bundesverfassungsgerichts/!5769091
[5] https://www.umweltbundesamt.de/daten/umwelt-wirtschaft/gesellschaftliche-ko…
## AUTOREN
Tjade Brinkmann
## TAGS
CO2-Emissionen
Hamburg
Schwerpunkt Klimawandel
Bauen
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Gebäudesanierung
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