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# taz.de -- Verfassungsschutz und NSU-Mord: „Bitte nicht vorbeifahren“
> Es gibt neue Indizien für Mitwisserschaft der Verfassungsschützer beim
> NSU-Mord in Kassel. Die Grünen-Spitze drängt auf Aufklärung in Hessen.
Bild: Das Internet-Café in dem Halit Yozgat in Kassel ermordet wurde
BERLIN taz | Neu ist der Verdacht nicht. Er steht im Raum, seit herauskam,
dass der Verfassungsschützer Andreas T. beim Mord an dem 21 Jahre alten
Internetcafé-Besitzer Halit Yozgat in Kassel am Tatort war. Konnte das
wirklich nur ein irrer Zufall gewesen sein?
Die zuständigen Behörden in Hessen haben diese brisante Frage stets klar
bejaht – die Nebenklage wies auf Widersprüche hin. Nun aber sind die
Anwälte der Familie Yozgat auf neue Indizien gestoßen, die auf eine
Verstrickung des hessischen Verfassungsschutzes hindeuten. Einen
entsprechenden Bericht der Welt bestätigte der Nebenklage-Anwalt Alexander
Kienzle der taz.
Demnach fiel den Nebenklagevertretern auf: Die schriftlichen Protokolle der
polizeilichen Telefonüberwachung bei Andreas T. in den Wochen nach dem Mord
waren unvollständig. Vor allem ein Telefonat des Geheimschutzbeauftragten
des hessischen Verfassungsschutzes mit Andreas T. elektrisierte die
Anwälte. In einem Beweisantrag, der der taz vorliegt, zitieren sie das
Gespräch rund vier Wochen nach dem Mord. Darin bereitet der Beamte seinen
Kollegen Andreas T. auf die Vernehmung durch die Polizei vor.
Das Gespräch beginnt mit einer freundlichen Begrüßung, dann belehrt der
Geheimschutzbeauftragte den Kollegen unvermittelt: „Ich sage ja jedem: Wenn
er weiß, dass irgendwo so etwas passiert, bitte nicht vorbeifahren. – Ja,
es ist: Sch … Ja, wie sieht’s bei Ihnen aus, wie fühlen Sie sich?“
Schließlich rät er seinem Mitstreiter noch: „So nah wie möglich an der
Wahrheit bleiben.“
## „Konkrete Kenntnisse von der Tat“
War Verfassungsschützer Andreas T. etwa doch nicht zufällig am Tatort? Die
Nebenklage-Anwälte werten das Telefonat jedenfalls als Indiz dafür, dass
Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes „bereits vor dem Mord an
Halit Yozgat konkrete Kenntnisse von der geplanten Tat, der Tatzeit, dem
Tatort, dem Tatopfer und den Tätern hatten“. Schließlich habe Andreas T.
dem Anrufer nicht widersprochen. Ihre Vermutung: Der hessische
Verfassungsschutz hätte nicht nur den Mord an Yozgat, sondern auch jenen an
der Polizistin Michèle Kiesewetter verhindern können, wenn er alle
Informationen weitergegeben hätte.
Nachdem die hessischen Grünen zunächst nicht einmal für den
NSU-Untersuchungsausschuss im Landtag gestimmt hatten, wächst nun der Druck
aus der eigenen Partei: „Der NSU-Untersuchungsausschuss in Hessen muss
lückenlos aufklären. Ohne Tabus“, forderte Grünen-Chef Cem Özdemir am
Sonntag auf Facebook.
Der grüne Innenpolitiker Konstantin von Notz sprach von einem
„verheerenden“ Bild für den hessischen Verfassungsschutz. „Bei einer
solchen Indizienlage muss alles für eine rückhaltlose Aufklärung getan
werden“, sagte er der taz. Das sei „eine Selbstverständlichkeit“, ganz e…
für welche Koalition – „natürlich auch für Schwarz-Grün“.
22 Feb 2015
## AUTOREN
Astrid Geisler
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
Verfassungsschutz
Halit Yozgat
Hessen
Kassel
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Verfassungsschutz
Wolfgang Stahl
Schwerpunkt Rechter Terror
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Rechtsextremismus
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