# taz.de -- Verfassungsschutz gegen Klimaprotest: Ende Gelände wird zum Verdac… | |
> Die Klimaaktivist*innen setzen auf zivilen Ungehorsam und besetzen | |
> Tagebaue. Der Bundesverfassungsschutz stellt sie nun unter Beobachtung. | |
Bild: Protestierende 2021 gegen die Räumung von Lüzerath – auch Ende Gelän… | |
BERLIN taz | Sie besetzten Kohlereviere im [1][Rheinland] oder der | |
[2][Lausitz], waren bei den Protesten gegen die [3][Räumung des Dorfs | |
Lützerath] für einen Tagebau dabei oder jüngst gegen [4][Tesla in | |
Grünheide]: das Bündnis Ende Gelände. Offen tritt die Gruppe für zivilen | |
Ungehorsam ein, um einen konsequenten Klimaschutz einzufordern – und selbst | |
in die Hand zu nehmen. Für das Bundesamt für Verfassungsschutz geht das zu | |
weit: Der Geheimdienst stuft die Gruppe nun als linksextremen Verdachtsfall | |
ein. | |
Das geht aus dem neuen Jahresbericht des Bundesverfassungsschutz vor, der | |
am Dienstag vorgestellt wurde. Bisher hatte das Bundesamt Ende Gelände auf | |
Bundesebene als „linksextrem beeinflusst“ eingestuft – beeinflusst von der | |
bereits länger unter Beobachtung stehenden „Interventionistischen Linken“. | |
Der Berliner Verfassungsschutz hatte die Ortsgruppe von Ende Gelände in der | |
Hauptstadt deshalb [5][bereits vor Jahren als linksextrem eingestuft]. Ende | |
Gelände hatte das kritisiert – und mehrere andere Gruppen hatten sich | |
solidarisiert, darunter der Bund, Campact oder Oxfam. | |
Im aktuellen Jahresbericht des Bundesamts für Verfassungsschutz wird Ende | |
Gelände nun attestiert, sich von der Interventionistischen Linken | |
inzwischen abgekoppelt zu haben: Das Bündnis habe eine eigene Struktur | |
etabliert und sei mit 70 Ortsgruppen inzwischen größer und | |
mobilisierungsfähiger als die IL. Und: Es sei eine „zunehmend eigenständige | |
Verschärfung zu Aktionsformen bis hin zu Sabotage erkennbar“. | |
## Die nächsten Proteste sind schon angekündigt | |
Der Geheimdienst führt dafür auch Grundsatzpapiere der Gruppe an. Darin | |
werde ein „Kampf für einen Systemwandel“ propagiert, um Klimagerechtigkeit | |
zu erreichen. Auch fordere Ende Gelände, die Polizei und andere | |
„Repressionsorgane“ abzuschaffen. Die Gruppe attestiere sich selbst eine | |
„fundamentale Staatskritik“ oder veranstalte „System Change“ Camps. | |
Der Verfassungsschutz kritisiert auch, dass sich Ende Gelände an den | |
[6][Protesten gegen die Räumung von Lüzerath] beteiligte: Dort sei der | |
Versuch unternommen worden, demokratischen Protest zu radikalisieren und | |
„als Bühne für ihre Gewalt zu nutzen“. Bei der Räumung sei die Polizei | |
„massiv“ angegriffen worden, auch mit Steinen und Brandsätzen. | |
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) appellierte am Dienstag, dass | |
Jugendorganisationen von Parteien die Zusammenarbeit mit Ende Gelände | |
beenden sollten – in der Vergangenheit hatten sich auch die Jusos, die | |
Grüne Jugend oder Solid mit dem Bündnis solidarisiert. | |
Thomas Haldenwang, Präsident des Verfassungsschutz, warnte am Dienstag, | |
dass es zuletzt immer wieder Versuche gegeben habe, „militante Komponenten | |
in den Klimaprotest hineinzutragen“. Ein Beispiel sei auch der schwere | |
Brandanschlag auf einen Strommast bei Tesla im Frühjahr. | |
Jule Fink, Sprecherin von Ende Gelände, nannte die | |
Verfassungsschutzeinstufung ihrer Gruppe „absurd und skandalös“. Dies sei | |
„leider das neuste Beispiel einer zunehmenden Kriminalisierung der | |
Klimabewegung“, so Fink zur taz. Ende Gelände sei ein breites Bündnis „aus | |
der Mitte der Gesellschaft“ und verteidige die Werte der Verfassung, indem | |
es sich für die Erhaltung der Lebensgrundlagen und „ein gutes, würdevolles | |
Leben für alle“ einsetze – anders als die Bundesregierung, die konsequenten | |
Klimaschutz vermissen lasse, so Fink. | |
Auch die Aktionsformen verteidigte die Sprecherin: „Ziviler Ungehorsam ist | |
Teil unserer demokratischen Rechte. Mit solchem Protest haben wir die | |
meisten der heutigen Rechte gewonnen.“ Ende Gelände sei damit nicht extrem, | |
„sondern gelebter Verfassungsschutz“. | |
Ende Gelände selbst hatte seine Aktionen auch zuvor stets verteidigt: Man | |
sei der Überzeugung, „Klimaschutz selber in die Hand nehmen zu müssen“ und | |
mit dem zivilen Ungehorsam „ein weithin sichtbares Signal für eine Wende | |
hin zu echtem Klimaschutz zu setzen“. Auf die Einstufung durch den Berliner | |
Verfassungsschutz hatte die Gruppe offensiv geantwortet: „Ja, wir wollen | |
den Kapitalismus beenden. Natürlich wollen wir ein System beenden, das auf | |
Ausbeutung, auf Klimazerstörung und Diskriminierung beruht.“ | |
Und die nächsten Aktionen von Ende Gelände sind schon angekündigt: Ende | |
Juni will sich das Bündnis [7][an den Protesten gegen die AfD in Essen] | |
beteiligen, mit denen der Parteitag verhindert werden soll. Für August ist | |
dann das nächste „System Change Camp“ angekündigt, diesmal in Thüringen. | |
18 Jun 2024 | |
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[5] /Ende-Gelaende-und-der-Verfassungsschutz/!5776149 | |
[6] /Klimaprotest/!5982855 | |
[7] /AfD-Parteitag-in-Essen/!6014549 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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