# taz.de -- Urteil des Internationalen Gerichtshofs: Kein Völkermord auf dem B… | |
> Serbien und Kroatien haben sich Anfang der 90er Jahre nicht des | |
> Völkermordes schuldig gemacht. Das entschied der Internationale | |
> Gerichtshof am Dienstag in Den Haag. | |
Bild: Können aufatmen: Vertreter Serbiens in Den Haag. | |
DEN HAAG dpa | Der Internationale Gerichtshof hat Serbien und Kroatien vom | |
Vorwurf des Völkermords im Jugoslawienkrieg freigesprochen. Die Richter | |
wiesen am Dienstag Klagen der beiden Nachbarstaaten gegeneinander ab. Damit | |
wurde der seit 1999 andauernde Rechtsstreit vor dem höchsten UN-Gericht | |
beendet. | |
Die 17 Richter befanden, dass serbische Truppen zu Beginn der Balkankriege | |
in den 1990er Jahren zwar schwere Verbrechen in Kroatien verübt hatten, | |
ebenso wie kroatische Soldaten bei der Rückeroberung der Republik Serbische | |
Krajina aus den Händen serbischer Rebellen – der sogenannten Operation | |
Oluja. Keine der beiden Seiten habe dabei aber Völkermord begangen, hieß es | |
in dem Urteil. | |
Die Entscheidung des UN-Gerichts war nicht unerwartet, weil bisher vor dem | |
ebenfalls in Den Haag ansässigen Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige | |
Jugoslawien noch nie ein Serbe oder ein Kroate wegen Völkermords im | |
Territorium des jeweils anderen Staates angeklagt worden war. | |
Gerichtspräsident Peter Tomka betonte, dass bei den Kämpfen zwischen den | |
beiden damaligen jugoslawischen Republiken aber dennoch viele Verbrechen | |
geschehen seien. Die Tötungen und Massenvertreibungen von damals seien | |
Bestandteile eines Genozids, nach Ansicht der Richter hatten aber weder | |
Serben noch Kroaten die Absicht, gezielt eine Bevölkerungsgruppe | |
auszulöschen. | |
Tomka rief die Regierungen in Belgrad und Zagreb nach dem Urteil zur | |
Versöhnung auf. Sie sollten selbst Entschädigungszahlungen an die Opfer der | |
damaligen Verbrechen zahlen und so zu Frieden und Stabilität in der Region | |
beitragen, sagte er im voll besetzten Friedenspalast, dem Sitz des | |
Internationalen Gerichtshofs in Den Haag. Entscheidungen des UN-Gerichts | |
sind endgültig und rechtlich bindend. | |
## Kein Durchbruch | |
Der serbische Justizminister Nikola Selkovic sagte, die Entscheidung würde | |
letztlich zu besseren bilateralen Beziehungen mit den Nachbarn führen. Sein | |
kroatischer Kollege Orsat Miljenic äußerte sich hingegen skeptisch und | |
forderte Serbien auf, mehr für die Verfolgung von Kriegsverbrechen zu tun. | |
„Ich sehe das nicht als einen Moment des Wandels oder des Umbruchs“, sagte | |
er Reportern am Gericht. „Wir sind Nachbarn und wir müssen in so vielen | |
Bereichen wie möglich zusammenarbeiten.“ | |
2007 war Serbien bereits vom Vorwurf des Völkermords im bosnischen | |
Srebrenica freigesprochen worden. Der Regierung in Belgrad wurde aber | |
gleichzeitig vorgeworfen, den Massenmord an 8.000 muslimischen Männern und | |
Jungen nicht verhindert und so die Völkermord-Konvention verletzt zu haben. | |
3 Feb 2015 | |
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