# taz.de -- Ukraine-Konflikt: Platzeck fordert Nachsicht für Putin | |
> Die EU verhängt neue Sanktionen gegen die Separatisten in der Ostukraine. | |
> Und Ex-SPD-Chef Matthias Platzeck will die Krim als Teil Russlands | |
> anerkennen lassen. | |
Bild: Im Ukraine-Konflikt nicht einer Meinung: Platzeck (l.) und Steinmeier. | |
BERLIN/KIEW/BRÜSSEL dpa | Der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums, | |
Matthias Platzeck (SPD), hat gefordert, die Annexion der Krim durch | |
Russland zu legalisieren. „Die Annexion der Krim muss nachträglich | |
völkerrechtlich geregelt werden, so dass sie für alle hinnehmbar ist“, | |
sagte Brandenburgs früherer Ministerpräsident der Passauer Neuen Presse | |
(Dienstag). | |
„Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Dazu gehören finanzielle | |
Leistungen, eine Wiederholung des Referendums unter Kontrolle der OSZE und | |
Weiteres. Das müssen Kiew und Moskau aushandeln“, sagte Platzeck. Auch die | |
von prorussischen Separatisten kontrollierten Regionen in der Ostukraine | |
würden wohl nicht zum ukrainischen Staat zurückkehren. | |
„Es ist momentan kaum vorstellbar, dass Donezk und Lugansk nach allem, was | |
passiert ist, einfach wieder in den ukrainischen Staatsverband | |
zurückkehren“, sagte der frühere SPD-Vorsitzende. Platzeck fordert den | |
Westen auf, gegenüber Russlands Präsidenten Wladimir Putin nachzugeben. | |
„Der Klügere gibt auch mal nach“, sagte Platzeck demnach | |
„Was käme denn nach Putin, wenn der russische Präsident weg wäre? Sicher | |
kein pro-europäischer Nachfolger, eher ein noch nationalistischerer | |
Präsident. Wenn Russland als zweitgrößte Nuklearmacht der Welt aber | |
politisch instabil würde, hätte das unabsehbare Folgen. Das wäre | |
brandgefährlich!“, sagte Platzeck. Er fordert: „Wir müssen also eine Lös… | |
finden, bei der Putin nicht als Verlierer vom Feld geht.“ | |
## Steinmeier in Russland und der Ukraine | |
Derweil reist Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Dienstag zu | |
einem Kurzbesuch in die Ukraine und nach Russland. In der ukrainischen | |
Hauptstadt Kiew stehen unter anderem Gespräche mit Präsident Petro | |
Poroschenko und Regierungschef Arseni Jazenjuk auf dem Programm. In Moskau | |
ist ein Gespräch mit Außenminister Sergej Lawrow geplant. Steinmeier | |
dämpfte vor seiner Reise Erwartungen an das Treffen mit Lawrow. Für | |
Steinmeier ist es der erste Besuch in der russischen Hauptstadt seit der | |
Annexion der Halbinsel Krim. | |
Die Europäische Union reagiert mit neuen Sanktionen gegen pro-russische | |
Separatisten auf die jüngsten Entwicklungen im Ukraine-Konflikt. Gegen | |
Russland werden jedoch vorerst keine neuen Strafmaßnahmen verhängt. Es | |
müsse darum gehen, Beiträge zu leisten, dass die Situation nicht völlig | |
außer Kontrolle gerate, kommentierte Außenminister Frank-Walter Steinmeier | |
nach Beratungen mit seinen EU-Amtskollegen in Brüssel. | |
Um den Dialog mit Russland weiter zu verbessern, schlägt Steinmeier vor, | |
Vertreter der EU und der Eurasischen Union zusammenzubringen. Das könne ein | |
Ansatz sein, den Gesprächsrahmen mit Russland wieder zu vergrößern, betonte | |
er. Mit der Eurasischen Union wollen frühere Sowjetrepubliken ein | |
Gegengewicht zur EU schaffen, die weit nach Osten hin expandiert ist. | |
## Einreiseverbote und Kontensperrungen | |
Für die Erweiterung der EU-Sanktionsliste soll bis Ende des Monats eine | |
Liste mit Namensvorschlägen erarbeitet werden. Gegen die ausgewählten | |
Personen werden dann Einreiseverbote und Kontensperrungen verhängt. Auf der | |
Sanktionsliste stehen bislang 119 Personen sowie 23 Unternehmen und andere | |
Organisationen und Einrichtungen. Die EU wirft den Separatisten vor, | |
entgegen aller Absprachen im Minsker Friedensabkommen Wahlen in den von | |
ihnen kontrollierten Gebieten organisiert zu haben. Zudem kommt es trotz | |
der vereinbarten Waffenruhe immer wieder zu schweren Gefechten mit | |
ukrainischen Regierungstruppen. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist mit scharfen Warnungen vor einem | |
Flächenbrand auf Konfrontationskurs zum russischen Präsidenten Wladimir | |
Putin gegangen. „Das (Verhalten Russlands) stellt nach den Schrecken zweier | |
Weltkriege und dem Ende des Kalten Krieges die europäische Friedensordnung | |
insgesamt infrage“, sagte sie. Konkret berge Putins Politik auch für | |
Georgien, Moldawien und Serbien besondere Risiken, machte Merkel in Sydney | |
deutlich. | |
Die Krisengespräche am Wochenende beim G20-Gipfel in Brisbane haben den | |
blutigen Konflikt in der Ukraine nicht entschärft. Bei schweren Gefechten | |
zwischen militanten Separatisten und der Armee seien im Raum Donezk | |
Dutzende Menschen ums Leben gekommen, teilte die prowestliche Führung in | |
Kiew am Montag mit. | |
## Auf offene Aggressionen gefasst | |
„Wir müssen auf jede Entwicklung gefasst sein – auch auf eine offene | |
Aggressionen mit Russland“, warnte Andrej Lyssenko vom Sicherheitsrat der | |
früheren Sowjetrepublik. Erneute Kämpfe gab es vor allem rund um den | |
geschlossenen Flughafen der Großstadt Donezk, der von Regierungseinheiten | |
gehalten wird. Den Vereinten Nationen zufolge starben bei dem Konflikt seit | |
April bereits rund 4.000 Menschen, darunter viele Zivilisten. Russland wies | |
erneut mit Nachdruck Vorwürfe zurück, die Aufständischen in der Ukraine | |
auszurüsten. | |
Putin bekräftigte unterdessen, dass russische Soldaten an der umstrittenen | |
Abspaltung der Schwarzmeerhalbinsel Krim von der Ukraine beteiligt waren. | |
„Unsere Streitkräfte haben die ukrainischen Streitkräfte blockiert, die auf | |
der Krim stationiert waren“, sagte Putin im ARD-Interview für die Sendung | |
„Günther Jauch“. Bei einem international kritisierten Referendum im März | |
über einen Krim-Beitritt zu Russland hatten Soldaten die Abstimmung | |
gesichert – „um ein Blutvergießen zu vermeiden“, erklärte Putin. Dies h… | |
er zuvor auch schon im russischen Staatsfernsehen gesagt. | |
Der Westen wirft Moskau vor, mit der Annexion der Krim das Völkerrecht | |
gebrochen zu haben. Die Ukraine fordert die Halbinsel zurück. Putin | |
bekräftigte seinen Standpunkt, Russland habe in keiner Weise gegen das | |
Völkerrecht verstoßen. In dem Referendum hätten die Menschen frei ihre | |
Meinung über ihre Zukunft geäußert – anders als im Kosovo, wo die | |
Unabhängigkeit 2008 nur per Parlamentsbeschluss erklärt wurde, wie Putin | |
argumentierte. Kritiker werfen Russland vor, die Volksabstimmung auf der | |
Krim habe vor Gewehrläufen stattgefunden. | |
18 Nov 2014 | |
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